Entscheid zu Covid-TestsBerset rechnet mit «intensiver Diskussion» im Bundesrat
Die Gratis-Tests haben eine Gnadenfrist erhalten. Doch die Parteien sind mehrheitlich unzufrieden mit dieser Lösung. In wenigen Tagen kommt der Bundesrat erneut zusammen, um den definitiven Entscheid zu fällen.
Als der Bundesrat im August beschloss, die Gratistests abzuschaffen, stiess der Plan auf breite Zustimmung. Diese schwand nach der Ausdehnung der Zertifikatspflicht. Für Ungeimpfte werde es zu teuer, wenn der Bund nicht mehr für die Testkosten aufkomme, hiess es nun. Die Gesundheitskommission des Nationalrats hat den Bundesrat diese Woche aufgefordert, auf seinen Entscheid vom August zurückzukommen: Die Tests sollen gratis bleiben.
Der Bundesrat geht jedoch vorerst nicht darauf ein. Er schlägt lediglich eine längere Frist für Personen vor, die auf die zweite Impfdosis warten: Wer bereits einmal geimpft ist, soll sich bis Ende November gratis testen lassen können, um ein Covid-Zertifikat zu erhalten. Alle anderen sollen die Tests für ein Zertifikat ab dem 10. Oktober selber bezahlen müssen.
Ursprünglich wollte der Bundesrat die Kostenpflicht bereits am 1. Oktober einführen. Nun will er aber erneut eine Konsultation durchführen und hat deshalb die Gratisphase um zehn Tage verlängert. Definitiv entscheiden will er am 1. Oktober. Je nach Resultat der Konsultation könnte der Bund auch noch etwas länger für die Kosten aufkommen, sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Freitag vor den Medien.
Nicht auf Kosten der Allgemeinheit
Fest steht, dass der Bundesrat bei seiner Einschätzung vom August bleibt: Aus seiner Sicht ist es nicht Aufgabe der Allgemeinheit, die Testkosten für Personen zu finanzieren, die sich nicht impfen lassen. Letzte Woche seien 600’000 Tests für Covid-Zertifikate durchgeführt worden, gab Berset zu bedenken. In der kälteren Jahreszeit dürfte die Zahl auf eine Million Tests pro Woche steigen, was Kosten von rund 47 Millionen Franken entspreche.
Allein die Kosten für die Verlängerung der Frist um zehn Tage und die Übernahme der Kosten für einfach geimpfte Personen bis Ende November schätzt der Bund auf 280 Millionen Franken.
Der Bundesrat argumentiert aber nicht nur mit den Kosten. Das Ziel ist weiterhin, die Impfquote zu erhöhen. «Die Impfung ist der Weg aus der Krise», sagte Berset. Das zeige sich immer deutlicher. Wegen der tiefen Impfquote stehe die Schweiz vor einem schwierigen Winter. Die Zahl der Infektionen und Spitaleinweisungen habe in den letzten Wochen zwar abgenommen, sei aber nach wie vor hoch – mehr als doppelt so hoch wie vor einem Jahr. «Und wir haben alle noch im Kopf, was dann passiert ist.»
Laut bundesratsnahen Personen gab es im Gremium nur einen Antrag für ein anderes Vorgehen: SVP-Bundesrat Ueli Maurer, der im August die Abschaffung der Gratistests gefordert hatte, schlug vor, diese so lange beizubehalten, bis die ausgedehnte Zertifikatspflicht aufgehoben wird. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen.
Berset rechnet allerdings damit, dass es nächste Woche nochmals eine «intensive Diskussion» gibt im Bundesrat. Beim definitiven Entscheid will der Bundesrat die Haltung der Nationalratskommission berücksichtigen – wie jene der Kantone, Parteien und Verbände. Die Kantone hatten sich im August mit grosser Mehrheit für kostenpflichtige Tests ausgesprochen.
Ende der Zertifikatspflicht in Sicht?
Die Parteien sind mehrheitlich unzufrieden mit dem Kompromissvorschlag des Bundesrates. Die Grünen fordern weiterhin Gratistests für alle, und auch der SP, der Mitte und der SVP geht der Kompromiss zu wenig weit. Die SP möchte vor allem für Junge bis 25 Gratistests. Die Mitte begrüsst zwar, dass der Bund die Testkosten länger übernehmen will, würde es aber bevorzugen, wenn die Tests auch danach in einem gewissen Umfang gratis blieben.
Der FDP dagegen geht der Kompromiss zu weit. Sie wünscht kostenpflichtige Tests für alle symptomatischen Personen bereits ab Anfang Oktober. Zumindest müsse der Bundesrat dafür sorgen, dass ab Ende November die Testkosten nicht mehr von der Gesellschaft getragen werden müssten, schreibt die Partei. Zufrieden zeigen sich einzig die Grünliberalen: Der Bundesrat habe ihre Forderung umgesetzt, schreiben sie.
Die SVP wiederum fordert vor allem die Aufhebung der Zertifikatspflicht. Mit der Frage, welche Kriterien dafür erfüllt sein müssten, hat sich der Bundesrat am Freitag nicht befasst. Das Ziel bleibe es, die Zertifikatspflicht so rasch wie möglich aufzuheben, sagte Alain Berset. Wichtige Faktoren seien der Immunitätsstatus der Bevölkerung und die Belastung der Spitäler. Bei einer guten Entwicklung sei eine Aufhebung Ende Oktober nicht ausgeschlossen.
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