EM als WirtschaftsfaktorWieso plötzlich diverse Firmen mit Frauenfussball werben wollen
Die UBS macht ein millionenschweres Budget für das Frauenturnier locker. Und auch andere grosse Firmen wollen sich im Umfeld der Heim-Europameisterschaft in Szene setzen.

- Die UBS unterstützt Frauenfussball mit einer millionenschweren Kampagne zur Heim-EM.
- Grosse Konzerne wie Pepsi, Lidl oder Swisscom planen umfangreiche Werbeaktionen.
- Der Vorverkauf läuft besser als bei der EM in England.
- Die Sponsoringbeiträge erreichen bereits jetzt 41 Millionen Franken.
Die Frauen-WM in Australien vor zwei Jahren liess viele Schweizer Firmen kalt. Digitec Galaxus oder Ochsner Sport, die jeweils im Umfeld der Männerfussballturniere grosse Werbeoffensiven starten, verzichteten auf Werbung. Für die bevorstehende Heim-EM im Frauenfussball jedoch, die in weniger als 100 Tagen mit dem Eröffnungsspiel in Basel startet, planen sowohl Digitec Galaxus als auch Ochsner Sport entsprechende Kampagnen.
Darüber hinaus werden andere grosse Firmen wie Pepsi, Lidl, Swisscom, Axa und Miele rund um das Turnier eigens entwickelte, grosse Werbeaktionen durchführen.
Die UBS, seit dem Ende der Credit Suisse Hauptsponsorin des Schweizer Nationalteams, wirbt sogar im gleich grossen Rahmen wie bei den Männern. Bei entsprechenden Herrenturnieren inszenierte sich die Grossbank jeweils breit in millionenteuren Werbeaktionen.
«Wir differenzieren nicht zwischen dem Männer- und dem Frauen-Nationalteam», sagt eine UBS-Sprecherin. Wie gross das Budget genau ist, will die UBS nicht sagen.
Die Grossbank hat bereits zur Frauen-WM 2023 eine grosse Kampagne gefahren, und bei der Frauen-EM 2022 entschied sie, die Erfolgsprämien des Frauen-Natiteams permanent auf das Niveau der Herren anzuheben.
Volle Stadien und 500 Millionen TV-Zuschauer
All diese Firmen rechnen damit, dass die EM auf grosses Interesse stossen wird, tatsächlich wurden bislang bereits 500’000 Tickets verkauft. Das seien deutlich mehr als bei der vergangenen EM in England zum gleichen Zeitpunkt, sagt Turnierdirektorin Doris Keller. Ihr Ziel ist es, die Stadien schon vor dem Start ausgebucht zu haben.
Daneben verfolgen laufend mehr Fans die Frauenturniere am TV oder übers Smartphone. Die EM 2022 in England erreichte 365 Millionen Personen. Man wolle diesen Sommer weltweit mehr als 500 Millionen Menschen erreichen, sagt ein Sprecher des europäischen Fussballverbandes Uefa.
Auch die Einnahmen steigen von Austragung zu Austragung an. Bei der EM in England haben Sponsorenbeiträge 17 Millionen Euro ausgemacht. Für die heurige EM seien die Beiträge jetzt schon bei 41 Millionen Franken, sagt Keller. «Firmen wollen explizit für Frauenfussball werben.» Es zahle sich aus, dass die Uefa nun möglich mache, dass die Sponsoren nicht mehr automatisch sowohl für das Herren- als auch für das Damenturnier werben müssten, sondern sich für das eine oder das andere entscheiden könnten.
113 Millionen Franken Einnahmen bei Frauenfussball-EM
Das Publikum, und damit die Zielgruppe für die Sponsoren, sei im Frauenfussball deutlich diverser als bei den Herren, und vor allem sei es weiblicher. In die Stadien kämen «eher Familien und keine Hooligans», sagt Keller.
Für die insgesamt 31 Spiele rechnet sie mit Einnahmen von 113 Millionen Franken. Trotz Sponsoringgeldern, die rund ein Drittel ausmachen, werde am Ende ein Defizit von 25 bis 30 Millionen resultieren. Dieses trage, so Turnierdirektorin Keller, die Uefa, die die Aktivitäten im Frauenfussball als eine Investition sieht, die sich in Zukunft dereinst auszahlen soll.

Das Parlament hat im Dezember nach mehrfachem Hin und Her 15 statt nur 4 Millionen Franken gesprochen. Das Geld vom Bund fliesse nicht in das Turnierbudget, sondern zu je etwa einem Drittel zu Schweiz Tourismus für eine Kampagne, in die Legacyprojekte des Schweizerischen Fussballverbandes und in die Integration der ÖV-Anreise in das Matchticket, erklärt Doris Keller.
Beim Merchandising verringert sich die Differenz zu den Herren. So gibt es für die Frauen-EM mit dem Bernhardinerwelpen Maddli ein eigenes Maskottchen und ein Sticker-Sammelalbum, das die Firma Topps in einigen Wochen auf den Markt bringen wird. Der offizielle EM-Ball von Adidas kostet, wie bei den Männern, rund 170 Franken, und von den Trikots sind schon länger Damenmodelle erhältlich, die ähnlich teuer sind wie diejenigen der Männer.

Es werde jedoch eine etwas grössere Auswahl an Merchandising-Artikeln für Kinder geben, sagt ein Uefa-Sprecher.
Kein Wunder. Unter den Hunderttausenden, die bereits Tickets gekauft hätten, seien, so Turnierdirektorin Keller, zwei Drittel Fans aus der Schweiz. Daneben Engländer, Deutsche sowie Franzosen, und eben: viele Familien. Sie scheinen bei Werbeauftraggebern derzeit eine besonders umschwärmte Gruppe zu sein.
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