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Überlastete Schweizer Strafbehörden
Justizdirektoren wollen Klar­heit über Pendenzen­berge bei Staatsanwälten

Justitia:
Justiz vor dem Kollaps
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Wie weiter? Diese Frage stellte sich heute die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) in Bern. Das wohl wichtigste Gremium der Schweizer Justiz reagiert damit auf eine Berichterstattung des Recherchedesks von Tamedia. Dieser hat im vergangenen Jahr aufgedeckt, wie stark überlastet die kantonalen Staatsanwaltschaften sind. Über 100’000 offene Fälle haben sich in den letzten Jahren angestaut.

Nun hat die KKJPD ein Projekt bewilligt, um in der ganzen Schweiz Daten zur Problematik zu sammeln und Vorschläge zu deren Lösung vorzubringen. «Dieses Projekt stellt die politische Antwort der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen zur häufig vorgetragenen Problematik dar, dass die Schweizer Justiz vor einem Kollaps stehe», heisst es am Freitag in einer Medienmitteilung.

Staatsanwälte mit «kaum zu bewältigender Falllast»

Der Grund für die Überlastung liege unter anderem in der neuen Strafprozessordnung, die seit zwölf Jahren in Kraft ist. Sie habe die Verfahren verkompliziert. «Dies führte über die Jahre bei allen Behörden zu einer stetig anwachsenden und kaum mehr zu bewältigenden Falllast.»

Der Berner Generalstaatsanwalt Michel-André Fels wird das Projekt fachlich begleiten. Die Situation sei besorgniserregend, denn in den letzten Jahren hätten die Strafbehörden immer nur punktuell mehr Personal erhalten, sagt Fels auf Anfrage. Zum Beispiel, um Cybercrime zu bekämpfen. «Doch den Veränderungen in der Gesellschaft, der steigenden Bevölkerungszahl und neuen Kriminalitätsformen, die zu mehr Delinquenz führen, ist nicht Rechnung getragen worden», so der Präsident der Schweizerischen Staatsanwaltschaftskonferenz. «Das muss sich unbedingt ändern.»

Mildere Strafen für Straftäter

Zudem hätten die neue Strafprozessordnung und zahlreiche Revisionen des Strafrechts zu einem starken Ausbau der Verfahrensrechte geführt. Das bedeute für die Strafverfolger und Strafverfolgerinnen, aber auch für die Gerichte einen bedeutend grösseren Aufwand. Die Fälle seien heute durch all diese Entwicklungen vielschichtiger und aufwendiger, sagt Fels.

Mit gravierenden Folgen. Die Strafbehörden müssten ständig dafür sorgen, dass die notwendigen Prozesshandlungen in noch vertretbarer Zeit erfolgten und die Verjährung nicht zum Thema werde, erklärt Fels. Zudem führten überlange Verfahren wegen Verletzung des Beschleunigungsgebots zum Teil zu milderen Strafen. «Das Bundesgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass der Mangel an Personal dabei keine Rolle spielen darf.»