Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Unterdrückung in Turkmenistan
Regierung zwingt junge Männer, sich den Bart zu rasieren

Der turkmenische Präsident Serdar Berdimuchammedow möchte, dass die jungen Männer in seinem Land genauso rasiert sind wie er. Auf dem Foto ist er Gast einer Militärparade in Moskau am 9. Mai 2023.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die turkmenische Regierung zwingt junge Männer, sich den Bart zu rasieren. So verweigerten Beamte am 17. Mai einem 30-jährigen Mann den Zugang zu seinem Flug, weil er einen Bart trug, wie Radio Free Europe berichtet. Sie konfiszierten seinen Pass und gaben diesen erst zurück, als er sich rasiert hatte. Angeblich sei dies nötig gewesen, damit er «gleich aussieht wie auf dem Passfoto». Auch zahlreiche weitere Männer in der Hauptstadt Aschchabad hätten sich unter Androhung von Haft rasieren müssen. Ausserdem mussten sie unterschreiben, dass sie sich auch in Zukunft keinen Bart mehr wachsen lassen würden. 

Das von den USA finanzierte Radio Free Europe / Radio Liberty (RFE/RL) ist das einzige Medium, das in Turkmenistan empfangen werden kann und nicht von der turkmenischen Regierung kontrolliert wird. Das Land ist laut Reportern ohne Grenzen ein «schwarzes Loch, aus dem nur ganz wenige Informationen und Nachrichten herauskommen». Es belegt Platz Nummer 176 von 180 auf dem Ranking der Medienfreiheit.

Bartverbot gilt seit 2004 

Seit 2004 gibt es im Land Regeln, die das Tragen von Bart und langen Haaren für Männer unter 40 Jahren verbieten. Der damalige Präsident Saparmurad Nijasow ordnete dies in einer Fernsehansprache an, ohne eine Begründung anzugeben. Beobachter vermuteten, dass dahinter antiislamische Überzeugungen lagen sowie der Wunsch, die Jugend konform zu halten. Auch wurde das Gesetz nie schriftlich festgehalten. 

Seither wird die Regel mal mehr, mal weniger streng umgesetzt. So berichtete 2005 zum Beispiel das Institute for War and Peace Reporting von jungen Studenten und Angestellten, denen mit Schulverweis und Kündigungen gedroht worden war, sollten sie sich nicht rasieren.

Auch 2021 schrieb RFE/RL von zahlreichen schikanierten bärtigen Männern. Sie mussten sich rasieren, Bussen bezahlen und wurden teils auch gezwungen, Alkohol zu trinken. So sollten sie beweisen, dass sie keine «religiösen Extremisten» seien. 

«Was ist wichtiger, Allah oder der Präsident?»

Das Bartverbot wird insbesondere gegen gläubige Muslime angewendet und soll diese wohl unter Kontrolle halten, wie Menschenrechtsorganisationen schreiben. Die Polizei bestellte auch schon Moscheebesucher auf die Wache, um sie zu fragen, wer wichtiger sei, «Allah oder der Präsident», wie die NGO Forum 18 schreibt. Der Islam ist die mit Abstand am weitesten verbreitete Religion in Turkmenistan, offiziell gilt Religionsfreiheit. 

Turkmenistan ist jedoch eines der repressivsten Länder der Welt. Menschenrechtsverletzungen sind laut Amnesty International an der Tagesordnung. Gleichzeitig verfügt das Land über die viertgrössten Erdgasreserven der Welt. Die ehemalige Sowjetrepublik hatte seit 1992 nur drei Präsidenten, die alle autokratisch regierten. Dabei fielen sie oft mit absurden Gesetzen auf, über die auch westliche Medien berichteten. Besonders der erste Präsident Nijasow frönte dabei einem Kult um seine Person. 

Ein frisch vermähltes Paar posiert vor einer riesigen goldenen Statue des ehemaligen Präsidenten Saparmurad Nijasow in der turkmenischen Hauptstadt Aschchabad. 

Er liess riesige goldene Statuen von sich selbst im ganzen Land aufstellen, benannte die Tage und Monate nach sich selbst und seinen Familienmitgliedern und erklärte sein selbst geschriebenes Buch zur Pflichtlektüre. Dessen Inhalt wurde auch bei der Fahrprüfung abgefragt.

Sein Nachfolger Gurbanguli Berdimuchammedow, der Vater des aktuellen Präsidenten, verbot unter anderem Klimaanlagen an Gebäuden und schwarze Autos – angeblich aus optischen Gründen. 

Auch dessen Sohn Serdar Berdimuchammedow setzt nun die Verbotskultur fort. Dabei hatte er bei seiner Wahl im März 2022 noch eine Öffnung des stark abgeschotteten Landes versprochen. Bereits wenige Wochen nach seiner Wahl verbot er jedoch Frauen das Tragen von falschen Wimpern und engen Kleidern. Auch Brustimplantate und aufgespritzte Lippen sind nun verboten.