Der populäre US-Moderator versucht ein ComebackTucker Carlsons neue Show ist Putin-freundlich – mit rassistischem Twist
Nach dem überraschenden Rauswurf bei Fox News fand der Moderator bei Elon Musk ein neues Zuhause für seine Sendung. Wir haben die erste Twitter-Folge angeschaut.
55,1 Millionen Mal wurde der Clip schon angezeigt, seit er am 6. Juni gepostet wurde, und über eine halbe Million Mal gelikt: die erste Folge von Tucker Carlsons neuer, gross angekündigter Show. Ende April hatte der amerikanische Sender Fox News seinen populärsten Show-Host und Kommentator, dessen Sendung «Tucker Carlson Tonight» regelmässig über drei Millionen Zuschauende erreichte, überraschend gefeuert – aus bis heute nicht ganz geklärten Gründen: War es, weil Fox der Wahlmaschinen-Firma Dominion schliesslich 787,5 Millionen Dollar wegen Rufschädigung zahlen musste, war es wegen der frauenfeindlichen Sprüche, wegen Tuckers Kritik am Kader oder doch wegen seiner religiösen Rhetorik, die Besitzer Rupert Murdoch dem Vernehmen nach nicht ausstehen kann?
Im Mai hatte Carlson bekannt gegeben, dass er mit einem neuen Format zu Elon Musks Twitter wechseln würde. Ob dies rechtens ist, bleibt offen: Carlsons Vertrag mit Fox geht bis 2025 und schliesst, so heisst es, eine Klausel mit ein, die ihm solche konkurrenzierenden Auftritte verbietet. Allerdings soll sein Rechtsanwalt den Vertrag und diese Klausel für nichtig erklärt haben. Jetzt ist er jedenfalls da, Carlsons zehnminütiger, technisch simpel gehaltener Auftakt auf Twitter in seiner Show «Tucker on Twitter».
Das Leitmotiv: «Lügenpresse!»
Er startet mit der Staudammkatastrophe in der Ukraine, schlägt in einem Nebensatz die Krim Russland zu und analysiert, die Sprengung des Damms schade Russland mehr als der Ukraine. Darum sei es wahrscheinlich, dass die Ukrainer ihn gesprengt hätten. Die Mainstream-Medien hätten die Tatsachen sofort wieder auf Putin-feindliche Weise verdreht. Im gleichen Kontext beschreibt er den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski als «rattenhaft», «verschwitzt», als «Comedian, der zum Oligarchen wurde», als «zwielichtig», «totäugig» und als «Christenverfolger».
Im Nebenbei klatscht Carlson zudem missliebige Republikaner ab, um dann eine Kurve zum angesagten Trans-Bashing zu nehmen. Das Leitmotiv bei all den Themen, die der 54-Jährige anreisst, ist «Lügenpresse!», anders gesagt: die Verunsicherung der Mainstream-Medien-Konsumentinnen und -Konsumenten und der Verweis auf die ungeschönten Wahrheiten, die man dagegen bei ihm erfahre.
Zu diesen zählen auch scheinbar tiefgründige Fragen – etwa danach, wer 2020 die «Black Lives Matter»-Aufstände organisiert habe. Oder: «Was ist an 9/11 wirklich genau passiert? Wie ist Jeffrey Epstein gestorben? Und JFK?» Tucker Carlson taucht also in Turbogeschwindigkeit tief ab ins Verschwörungsmythologische.
Wieso tut Carlson, der 190 Millionen Dollar geerbt hat, das alles? Plant er eine politische Karriere? – Durchaus möglich.
So tief, dass seine nicht ganz unberechtigte UFO-Frage wie eine weitere Absurdität erscheint. Während nämlich der seriöse britische «Guardian» (nebst etlichen anderen Medien) von einem gleichfalls ernst zu nehmenden Whistleblower aus dem Geheimdienst berichtet, der behauptet, die USA besässen Beweise für extraterrestrische Intelligenzen in Form von UFO-Teilen, haben die «New York Times» und die «Washington Post» dazu bis jetzt vornehm geschwiegen.
Laut Carlson wird die Aufregung über Rassismus als Manöver eingesetzt, um – so seine, gelinde gesagt, problematische Aussage – «von den Dingen abzulenken, die wirklich relevant sind». Wegen Strategien wie der aufgebauschten Rassismusdiskussion habe er zu Twitter gewechselt, wo es, wie man ihm versichert habe, keine Tabus gebe. Falls sich dies als falsch erweise, ziehe man weiter.
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Weitergezogen ist Tucker Carlson – der übrigens auch Schweizer Vorfahren hat und zeitweise am Genfer Collège du Léman zur Schule ging – immer wieder. Von 2000 bis 2005 war er bei CNN, dann bis 2008 bei MSNBC, 2009 wurde er politischer Kommentator bei Fox News, rutschte nach rechts, verschärfte zunehmend seinen Ton. Was er nun hier zeigt, ist quasi «klassischer Tucker». Und manche fragen sich: Wieso verschreibt sich jemand, der von seinen Eltern laut «Forbes» 190 Millionen Dollar geerbt hat (und bei Fox News jährlich rund 20 Millionen Dollar verdiente), so besessen einer solchen medialen Agitation? Plant er eine politische Karriere? – Durchaus möglich.
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