Bluttat an Prager UniversitätAlle Opfer identifiziert, Polizei bringt Schützen mit Mord an Mann und Baby in Verbindung
Nach den tödlichen Schüssen an der Karls-Universität untersuchen Ermittler den Bezug zu einem rätselhaften Doppelmord. Noch unklar ist das Motiv des 24-Jährigen.
Nach dem Schusswaffenangriff in der Prager Karls-Universität haben die Behörden die Opferzahl korrigiert und alle Toten identifiziert: «Derzeit sind 14 Opfer aus den Reihen der Studenten und weiterer Personen bestätigt, und der Täter starb – also insgesamt 15 Tote», sagte der Leiter der Prager Polizei, Petr Matejcek. Zuvor war zwischenzeitlich auch von 13 Opfern die Rede gewesen. Ausländer sind nun offenbar doch nicht darunter. Auch dazu gab es widersprüchliche Meldungen der Behörden. Laut dem Leiter der Prager Polizei, Petr Matejcek, habe sich der 24-jährige Mann wahrscheinlich selbst erschossen. Er soll selbst Student der Universität gewesen sein.
Nach den letzten Angaben wurden 25 Personen verletzt, davon zehn schwer. Manche erlitten Durchschüsse im Kopf- oder Brustbereich oder an den Extremitäten und mussten sofort operiert werden. Alle waren in einem stabilisierten Zustand. Auch zwei Bürger aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und ein Niederländer seien unter den Verletzten, hiess es.
Über ein mögliches Motiv des Schützen herrschte noch Unklarheit. Vor der Bluttat soll der 24-Jährige bereits seinen Vater in dessen Haus in der Gemeinde Hostoun westlich von Prag ermordet haben. Der mutmassliche Täter steht auch unter Verdacht für einen Doppelmord vor einer Woche verantwortlich zu sein. Ein Vater und dessen Tochter im frühen Säuglingsalter waren scheinbar grundlos in einem Waldstück am Prager Stadtrand erschossen worden. Der Fall hatte in Tschechien für Entsetzen gesorgt. Klarheit sollen nun ballistische Untersuchungen bringen.
«Auf einmal hörten wir ein merkwürdiges Knallen»
Augenzeugen der Uni-Attacke berichteten von dramatischen Szenen. «Wir hatten Unterricht, und auf einmal hörten wir ein merkwürdiges Knallen», berichtete eine Überlebende im Krankenhaus dem Rundfunk. Dann habe plötzlich jemand durch die Tür geschossen. Erst hätten die Studenten den Eingang mit Bänken verbarrikadiert. Als der Schütze zurückgekommen sei, seien sie aus dem Fenster geklettert, über den Dachsims balanciert und auf einen darunterliegenden Balkon gesprungen, um sich zu retten. Einsatzvideos der Polizei zeigten eine chaotische Situation und Menschen in Panik.
Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund der Uni-Attacke gibt es bislang keine. Innenminister Vit Rakusan kündigte dennoch eine Verschärfung der Sicherheitsmassnahmen im Land aus präventiven Gründen an. Dazu zähle eine stärkere Präsenz von Polizisten mit Maschinenpistolen an ausgewählten Orten. Rakusan sagte im Rundfunk, der Schütze habe seine Waffen legal besessen und sei nicht vorbestraft.
Immer mehr Bewaffnete im Land
Immer mehr Menschen in Tschechien bewaffnen sich. Im vorigen Jahr verfügten 314’039 Bürger über einen Waffenschein. Die Zahl der legal registrierten Schusswaffen stieg um mehr als 53’000 auf fast eine Million, genau 989’348. Das Recht, das eigene Leben oder das eines anderen Menschen mit Waffengewalt zu verteidigen, wurde vor zwei Jahren sogar in die Charta der Grundrechte und -freiheiten aufgenommen, die Verfassungsrang hat.
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Regierung ruft Staatstrauer aus
Trotzdem sagte eine Krankenhaus-Sprecherin stellvertretend für viele. «Es ist ein Schock – niemand von uns hätte damit gerechnet, dass so etwas passieren kann», Die Regierung rief für diesen Samstag eine eintägige Staatstrauer aus. Fahnen sollen auf halbmast wehen, die Lichterketten am Weihnachtsbaum auf dem Prager Altstädter Ring sollen erlöschen. Geplant ist auch ein Trauergottesdienst im Prager Veitsdom.
SDA/anf
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