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Meinung

Analyse zu Trumps Krisenmanagement
Trump sorgt täglich für neues Chaos

Am Donnerstag gab der Präsident klein bei: Die Entscheidung über ein Ende des Lockdown liege bei den Gouverneuren.
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Die US-Arbeitslosenzahlen sind verheerend, es wächst der Druck, den Corona-Lockdown zu beenden. In Ohio protestierten Trump-Anhänger gegen einen republikanischen Gouverneur, in Michigan und Virginia gegen demokratische Gouverneure. Schluss mit den Einschränkungen im täglichen Leben, lautete ihre Forderung.

Beim Präsidenten stösst das auf Zustimmung: Donald Trump will unbedingt eine Lockerung, möglichst schnell soll die Wirtschaft angesichts des nahenden Wahlkampfs wieder angekurbelt werden. Die möglichen Konsequenzen einer vorzeitigen Öffnung aber sind absehbar: «Wir müssen wieder aufmachen, und wenn wir das tun, wird sich das Virus schneller verbreiten», gestand der republikanische Senator John Kennedy (Louisiana) am Mittwoch freimütig ein.

«Es ist eine Kakophonie, kein Orchester, denn es fehlt der Dirigent.»

Derek Angus von der Universität Pittsburgh

Andere sind vorsichtiger: Zusammen mit den Gouverneuren benachbarter Staaten verlängerte New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo am Donnerstag den Lockdown um einen weiteren Monat bis Mitte Mai. Seine Begründung? Es fehle noch immer an Tests und am Tracing von Infizierten, und dafür «brauchen wir die Hilfe des Bundes». Dass eine schnelle Lockerung der derzeitigen Einschränkungen ohne ein umfassendes Testprogramm ein gefährlicher Blindflug wäre, glauben nicht nur viele Gouverneure. Auch Topmanager und Wallstreet-Financiers warnten den Präsidenten vor einer voreiligen Rückkehr zur Normalität.

Zumal die Regierung Trump in den Monaten seit Ausbruch der Pandemie keine überzeugende Vorstellung gegeben hat: Es haperte bei der Entwicklung von Tests, nicht einmal die Entwicklung von Therapien gegen den Erreger wurde koordiniert. «Es ist eine Kakophonie, kein Orchester, denn es fehlt der Dirigent», sagte Derek Angus von der Universität Pittsburgh, wo mehrere Therapien gegen Covid-19 getestet werden, der «Washington Post».

Der Präsident sieht die Nation nichtsdestotrotz global an der Spitze. «Wir haben die Tests, sie sind schön», sagte er diese Woche. Niemand auf der Welt teste mehr. Und weiter: «Wir haben die besten Tests der Welt.» Eine schrittweise Lockerung der Corona-Auflagen erfordert das Vertrauen von Unternehmen, Geschäftsleuten und Bürgern in die Fähigkeiten der Regierung, das irrlichternde Krisenmanagement Trumps und seiner Berater flösst hingegen kaum Zuversicht ein.

Trumps mediale Show gilt als bestes Entertainment

So berief das Weisse Haus eine neue Taskforce, die sich mit der Aufhebung des Lockdown befassen soll, ohne manche Teilnehmer zuvor von ihrer Berufung in das Gremium unterrichtet zu haben. Unvermutet fanden sie sich auf der Liste von Trumps «Industriegruppen zur grossen Belebung der Wirtschaft».

Ground Zero der Washingtoner Chaos-Maschine sind die nahezu täglichen überlangen Pressekonferenzen im Weissen Haus, bei denen sich der Hausherr bombastisch in Szene setzt und Wahlkampf betreibt. Mal legt er sich mit fragenden Journalisten an, mal überschüttet er sich mit Eigenlob: Trumps mediale Show gilt inmitten grimmiger Nachrichten als bestes Entertainment in der Hauptstadt. Die Pressekonferenzen zehrten «wirklich an der Substanz», bekannte Trumps Corona-Berater Anthony Fauci, der oft neben dem Hauptdarsteller auf dem Podium steht.

In dieser Woche ging es bei diesen Veranstaltungen besonders hoch her: Erst attestierte sich der Präsident politische Allmacht (er habe «absolute Autorität», den Lockdown zu beenden), dann behauptete er, den Kongress nach Belieben nach Hause schicken zu können. Beides entspringt Trumps Fantasie, nichts daran stimmt. Am Donnerstag gab der Präsident dann klein bei: Die Entscheidung über ein Ende des Lockdown liege bei den Gouverneuren. Zwar legte das Weisse Haus gestern einen Dreistufenplan zur Normalisierung des öffentlichen Lebens vor, seine Umsetzung liegt jedoch im Ermessen der Gouverneure.

Neue Wege zur medialen Selbstverwertung

Obwohl auch republikanische Parteifreunde die Pressekonferenzen als politisch bedenklich einstufen und Trump mehr mediale Abstinenz empfehlen, möchte der Präsident am liebsten noch öfter in die Wohnzimmer der Amerikaner eindringen, diesmal via Radio. Wie sein Vorgänger Franklin Roosevelt während der Grossen Depression wollte er sich täglich der Sorgen und Nöte der Nation annehmen. Der Plan scheiterte, weil Trump damit der zweistündigen Sendung des rechten Radio-Talkers Rush Limbaugh in die Quere gekommen wäre.

Das wird den Präsidenten kaum davon abhalten, neue Wege zur medialen Selbstverwertung zu suchen, vor allem jetzt, da er auf die Aufhebung des Lockdown drängt. Seine enge Beraterin Kellyanne Conway gab unterdessen den Blick auf furchterregende Ignoranz frei: Die WHO habe bei der Kontrolle des Coronavirus versagt, schliesslich «ist das Covid-19, nicht Covid-1, Leute», schimpfte sie bei Fox News. Anscheinend glaubt Conway, Covid-1 bis -18 seien der neuen Version vorausgegangen, die WHO hätte mithin vorbereitet sein müssen.