Handelskrieg der USASchweizer Konzernchef wettert gegen Trumps Strafzölle
Richard Saynor von Sandoz rechnet mit deutlichen Mehrkosten aufgrund der erhöhten Zölle. Er will diese an US-Patienten weitergeben.

- Sandoz-Chef Richard Saynor kritisiert Trumps Strafzölle auf Medikamenteneinfuhren.
- Mehrkosten könnten 2025 bis zu 35 Millionen Dollar für Sandoz betragen.
- Saynor fordert eine Marktstrukturreform in den USA als Bedingung für Investitionen.
Richard Saynor ist ein Mensch offener Worte. Der Chef von Sandoz ist der erste Chef eines Schweizer Konzerns, der gegen die Strafzölle von US-Präsident Donald Trump ausruft. «Ich denke nicht, dass dies eine Strategie ist, um Investments in den USA zu fördern», sagte er mit hörbarer Wut an der Bilanzmedienkonferenz des Basler Generikakonzerns.
«Wer dafür bezahlen wird, sind letztlich die Patientinnen und Patienten in den USA», kritisierte Saynor. Er rechnete vor, wie stark die US-Strafzölle die Hersteller von günstigen, patentfreien Medikamenten belasten werden, und warnte: «Wir werden den Aufpreis weitergeben.»
Die aktuellen Strafzölle auf Einfuhren aus Kanada und China bedeuten für Sandoz 2025 geschätzte Mehrkosten von 25 bis 35 Millionen Dollar – dies bei einem US-Umsatz von jährlich rund 2 Milliarden Dollar. Die Rohstoffe für die Medikamentenherstellung kommen meist aus China, weshalb Sandoz auch ohne eigene Produktion in China die US-Zölle treffen.
Der Sandoz-Chef kann es sich erlauben, die neue US-Regierung zu kritisieren. Vom im vergangenen Jahr erzielten Umsatz von 10,4 Milliarden Dollar machte er lediglich 20 Prozent in den USA. Für die weit grösseren Basler Pharmakonzerne Roche und Novartis ist der US-Markt der wichtigste. Entsprechend halten sie sich mit Kritik an Trump zurück.
Sandoz produziert nicht in den USA
Sandoz will volle Klarheit schaffen und rechnet auch die Folgen möglicher Strafzölle der USA gegen Europa in Höhe von 25 Prozent vor: Sie würden für den Konzern im laufenden Jahr Kosten zwischen 25 und 60 Millionen Dollar bedeuten. Vergeltungsstrafzölle der EU wiederum könnten 10 bis 25 Millionen Dollar Mehrkosten auf die Zuliefererkette von Sandoz ausmachen. Die hohe Schätzungsspanne kommt durch die bestehende Unklarheit zustande, ob die Zölle auf Fabrikpreise oder Transferpreise der Medikamente erhoben werden. Sandoz produziert nicht in den USA, weswegen den Konzern die Strafzölle auf breiter Front treffen.
Die von Novartis 2023 abgespaltene Sandoz forscht nicht selbst nach neuen Medikamenten, sondern stellt gängige Antibiotika oder patentfreie Therapien gegen multiple Sklerose her. Sie ist weltweit führend bei der Nachentwicklung von Biotechmedikamenten und hat von ihnen bereits 28 auf dem Markt – darunter ein Nachbau des Entzündungshemmers Humira, der vor seinem kürzlichen Patentablauf mit jährlich 20 Milliarden Dollar das umsatzstärkste Medikament der Welt war. Nun wird dieser Erlös nach und nach unter den Nachahmerherstellern aufgeteilt, wobei Sandoz einen grossen Teil davon einheimst.
Die grosse Welle von Patentabläufen steht bei den neuartigen Biotechtherapien gegen Krebs und andere schwere Krankheiten jedoch erst bevor und Sandoz hofft, hier weiter zulegen zu können. Schätzungen zufolge bietet Sandoz mit ihren Medikamenten den Staaten einen wirtschaftlichen Mehrwert durch eine gesündere Bevölkerung im Wert von rund 400 Milliarden Dollar, wie Richard Saynor anführt. Er scherzt: «Dies entspricht fast dem Vermögen von Elon Musk.»
Sandoz ist auf den europäischen Markt ausgerichtet
Ausgerichtet ist Sandoz auf den europäischen Markt. Dies ist für einen Pharmakonzern ungewöhnlich, hat aber einen Grund: «Das Patentrecht in den USA treibt mich in den Wahnsinn», sagt Saynor. Im Vergleich zu Europa bestehe dort ein viel breiterer und verlängerbarer Patentschutz.
Der Chef lässt sich von der Trump-Regierung nicht einschüchtern. Er dreht den Spiess sogar um und stellte eigene Forderungen: «Wir werden nicht investieren, bis die Struktur des US-Medikamentenmarktes sich wesentlich verändert.» Die Pharmaindustrie gebe dort «massive Rabatte» auf ihre Medikamente. Die Patienten zahlten jedoch einen «massiven Aufpreis», weil Zwischenhändler eine Marge einbehalten würden.
Die sogenannten Pharmacy Benefit Managers, die zwischen Herstellern, Versicherern und Apotheken vermitteln, sind in den USA als Preistreiber bekannt. Nicht nur Sandoz, sondern die gesamte Pharmaindustrie hofft, dass die neue Regierung, statt Strafzölle zu verhängen, dieses Problem in den Fokus nimmt.
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