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Meinung

Analyse zu Liz Cheneys Rauswurf
Trumps Gift wirkt

Die einzige Republikanerin von Rang, die Trumps Lüge eine «Lüge» nennt: Liz Cheney. Sie muss jetzt die Fraktionsführung im Repräsentantenhaus verlassen.
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Muss es die Welt interessieren, ob die Nummer drei in der Fraktionsführung der Republikaner im Repräsentantenhaus Liz Cheney oder Elise Stefanik heisst? In normalen Zeiten sicher nicht. Aber die Zeiten sind nicht normal, nicht in den USA und schon gar nicht bei den Republikanern. Dass die republikanischen Abgeordneten beschlossen haben, Cheney ihr Führungsamt wegzunehmen, um es der besagten Stefanik zu geben, ist ein dramatischer Einschnitt für die Partei, vielleicht sogar für die Demokratie in Amerika.

Zuerst zu den Republikanern: Es ist legitim, dass eine Parlamentsfraktion sich ihr Führungspersonal aussucht. Wichtig ist allerdings, auf welcher Grundlage diese Auswahl getroffen wird. Mit welcher Ideologie, mit welcher Politik macht eine Fraktion oder eine Partei sich gemein, wenn sie Person X oder Person Y aus einem Führungsamt hinauswirft oder in ein Führungsamt hineinwählt?

Die einzige Prominente, die Trump widerspricht

Im Fall Cheney ist die Antwort sehr einfach: Die Republikaner erheben dadurch Donald Trumps «Big Lie» zum neuen Dogma der Partei – die grosse, gefährliche, zerstörerische Lüge des geschlagenen Präsidenten, ihm sei der Sieg bei der Wahl im vergangenen November gestohlen worden. Liz Cheney wurde nicht geschasst, weil ihre Ansichten über Steuern oder Abtreibung von der Parteilinie abweichen. Im Gegenteil: Sie ist, anders als Stefanik, eine orthodoxe Konservative. Rausgeworfen wurde Cheney, weil sie die einzige Republikanerin von Rang ist, die sich traut, Trumps Lüge öffentlich und laut zu widersprechen.

Cheney sagt stattdessen die Wahrheit: Trump hat die Wahl verloren. Er hat versucht, sich mit illegalen Mitteln an der Macht zu halten, und er hat am 6. Januar seine Anhängerinnen und Anhänger dazu aufgehetzt, das Kapitol in Washington zu stürmen – ein beispielloser Angriff eines amerikanischen Präsidenten auf die amerikanische Demokratie. Elise Stefanik sagt all das nicht. Dafür wird sie belohnt.

Nun könnte man das als innerparteiliches Gezerre der Republikaner abtun. Sollen sie sich doch an Donald Trump und seine Lüge klammern, dann werden sie eben mit ihm untergehen.

Kann die Demokratie in den USA überleben?

Doch so einfach ist es nicht. In der Praxis wird die Demokratie in den USA von zwei Parteien getragen, den Demokraten und den Republikanern. Trumps Lüge jedoch, an die alle Republikaner jetzt glauben und die sie alle nachplappern müssen, trifft direkt ins Herz der Demokratie. Sie beschädigt die Legitimität jenes Verfahrens, durch das in einer Demokratie politische Macht friedlich verteilt wird und ohne das es keine Demokratie gibt – Wahlen.

Die Frage, vor der Amerika steht, geht deswegen weit über Personalien hinaus. Sie lautet: Wenn in einer Demokratie eine von zwei Parteien den demokratischen Konsens aufkündigt, wenn sie die geltenden Regeln ablehnt, weil sie nicht gewinnt, wenn sie sich an diese Regeln hält – kann dann die Demokratie überleben?

Im Moment kennt niemand die Antwort auf diese Frage. Und allein das ist schon ein Beleg dafür, dass die USA in einer tiefen Krise stecken. Trump wurde abgewählt, aber das Gift, das er verspritzt hat, bleibt. Es frisst sich weiter durch die Gesellschaft und die politischen Institutionen in Amerika. Die Wähler und die Wahrheit können es aufhalten. Aber es gibt keine Garantie, dass das gelingt.