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Meinung

Wirtschaftspolitik Schweiz - USA
Wir Schweizer sollten flexibel und mit Kreativität reagieren

Auslage in einer Uhrenboutique von Breitling mit mehreren luxuriösen Uhren, darunter eine mit grünem Zifferblatt. © Adrian Moser / Tamedia AG
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Ein wenig Polemik gleich am Anfang! Wenn man in Deutschland CDU/CSU und Friedrich Merz wählt, bekommt man eine Politik des linken «Weiter so». Wenn man in den USA Donald Trump wählt, bekommt man, was er angekündigt hat: Zölle, Druck auf die Nato-Staaten, Begrenzung der Migration, das Ende der Wokeness-Kultur usw.

Wirtschaftspolitisch stehen die angekündigten US-Zölle für eine verfehlte Politik, die wahrscheinlich die Inflation in den USA anheizen wird und das Land sowie die ganze Welt sogar in eine Rezession führen könnte. Grundsätzlich ist das Verhalten der Trump-Administration gegenüber engen Freunden wie der Schweiz unverständlich und völlig willkürlich.

Wir sind leider verwundbar – wegen Merkel

Als Patron einer «Swiss Made»-Uhrenfirma kann ich sagen, dass wir in den USA niemandem einen Job wegnehmen. Was die 60’000 Beschäftigten der Schweizer Uhrenindustrie in der Schweiz herstellen, gibt es in dieser Form nirgends auf der Welt.  Wir können auch unsere Industrie nicht einfach ins Ausland transferieren. Dies versuche ich seit geraumer Zeit meinen privaten Kontakten in der Trump-Administration klarzumachen.

Europa und die Schweiz sind leider stark verwundbar und ungenügend vorbereitet, um heute der Machtpolitik der USA, von Russland oder China etwas Signifikantes entgegenzusetzen. Vor allem die vormalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrer 16-jährigen Amtszeit Deutschland und ganz Europa in eine historisch schwache Position gegenüber den grossen Machtblöcken manövriert.

Linke Beleidigungen bringen nichts

Ich plädiere grundsätzlich für ein diplomatisches Vorgehen gegenüber den USA. Die Beleidigungen und Verunglimpfungen aus dem linken Lager an die Adresse der Amerikaner bringen rein gar nichts und schaden nur noch mehr. Die nächsten US-Kongresswahlen sind schon am 3. November 2026, und auch Trump kann sich keinen lang anhaltenden Handelskrieg leisten – denn er würde sofort die Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren. Aber all dies liegt sowieso nicht in unserer Einflusssphäre. 

Konzentrieren wir uns deshalb auf das, was wir selbst in der Hand haben: die Stärkung unseres Landes. Nur aus einer Position der Stärke heraus werden wir uns in der neuen weltpolitischen Konstellation behaupten können. Zuerst müssen wir die Wirtschaft entlasten, also beispielsweise die Mindestbesteuerung der Unternehmen sistieren, und die Bürokratie eindämmen. Zudem müssen wir den Abschluss  weiterer Freihandelsabkommen beschleunigen.

Und natürlich brauchen wir geregelte und gute Beziehungen zu unseren Nachbarn und den bestmöglichen wirtschaftlichen Zugang für unsere Exportindustrie auch in Europa. Was mit den neu ausgehandelten Rahmenverträgen auf uns zukommt und potenziell 2029 eingeführt wird, wissen wir immer noch nicht genau. Genauso wenig wie den Preis, den wir dafür bezahlen müssen. Und bis dahin ist Trump sowieso wieder weg – wenn es allerdings wirklich schlecht kommt, ist Alice Weidel dann Kanzlerin in Deutschland und Marine Le Pen oder Jordan Bardella Präsident in Frankreich. Und dann?

Ein Staatsfonds wäre zu prüfen

Die – oder zumindest eine gewisse – Neutralität und Unabhängigkeit wird für die Schweiz mittel- und auch langfristig weiterhin ihre Vorteile haben. Also streben doch auch wir einen Deal mit Trump an. Ich finde die Idee von Simon Michel, FDP-Nationalrat und CEO von Ypsomed, sehr gut, den USA, ähnlich wie Indien, ein Direktinvestitionsprogramm von 100 Milliarden Franken über mehrere Jahre anzubieten. Dies könnten wir auch über einen Staatsfonds angehen, basierend auf dem Muster von Norwegen oder von Singapur.

Der einzige Rohstoff, den wir in der Schweiz haben, ist der starke Franken. Dieser wird weiterhin stark bleiben, und die Nationalbank wird auch künftig Devisen kaufen müssen, um unsere Währung nicht weiter ansteigen zu lassen. Dies nämlich würde die Exporte verteuern und die Wirtschaft schwächen und unseren Wohlstand mindern.

Im Jahr 2024 belief sich die Bilanzsumme der Nationalbank auf 854 Milliarden Franken, rund 40 Prozent davon hielt sie in US-Dollar, die man über einen Staatsfonds und mit einer vernünftigen Governance besser nutzen könnte. Ein solcher Fonds würde auch zusätzliche Einkünfte zum Beispiel auch für Verteidigung, Forschung, Gesundheit oder Pflege generieren, ohne – je nachdem für welches Konstrukt man sich entscheidet – den Steuerzahler zu belasten.

Auf jeden Fall gibt es genügend Möglichkeiten, unser Land weiter zu stärken und besser aufzustellen. Aber dafür sollten wir moderner, kreativer, flexibler und weniger dogmatisch vorgehen. Dies wird in unsicheren Zeiten immer unabdingbarer.

Ein wenig Zynismus zum Schluss: Vielleicht kommt alles ganz anders, und auch wir in der Schweiz werden bald mit der Null-Zölle-Idee von Elon Musk konfrontiert sein. Warten wir diese Nacht doch ab, was in Washington alles passieren mag.

Georges Kern ist seit 2017 CEO der Uhrenmanufaktur Breitling mit Sitz in Grenchen SO. Bis 2024 war er Mitglied der Grünliberalen.