USA gegen Dänemark«Wir werden Grönland bekommen. Hundert Prozent.» Aber wozu bloss?
Donald Trump hat es auf die Insel im Norden abgesehen. Doch fragt sich, was er eigentlich von ihr will, was ihm bestehende Verträge nicht ohnehin schon erlauben.

US-Präsident Donald Trump betonte am Samstag in einem Interview auf NBC News, er habe «auf jeden Fall» echte Gespräche über die Annexion Grönlands geführt: «Wir werden Grönland bekommen. Hundert Prozent.» Trump sagte, dass es eine «gute Möglichkeit gibt, dass wir das ohne militärische Gewalt tun können», fügte aber hinzu, «dass ich nichts vom Tisch nehme».
Trump sagte all das keine 24 Stunden nach dem Besuch seines Vize J. D. Vance auf der US-Militärbasis Pituffik im äussersten Norden von Grönland. Vance hatte dort betont, man werde nicht mithilfe militärischer Gewalt übernehmen, sondern indem man die Grönländer davon überzeuge, dass die USA ein verlässlicherer Partner seien als Dänemark. Grönland sei «weniger sicher als vor 30 bis 40 Jahren», polterte Vance: «Unsere Botschaft an Dänemark ist ganz einfach: Sie haben für die Menschen in Grönland keine gute Arbeit geleistet.»
Dänemark kontert
Die Botschaft, die der dänische Aussenminister Lars Lokke Rasmussen nur wenige Stunden später an Vance richtete, war dann auch ganz einfach: «So spricht man nicht mit engen Verbündeten.» Womit er genauso recht hatte wie mit seiner Feststellung, die Amerikaner könnten im Rahmen der bestehenden Verträge ihre Militärpräsenz jederzeit erhöhen, wenn sie das wollten.
Ja, Pituffik ist ein wichtiger militärischer Aussenposten der Amerikaner. Ja, es ist beunruhigend, dass die Russen ihren Luftwaffenstützpunkt im nicht so fernen Archipel Franz-Josef-Land ausgebaut haben. Ja, es stimmt, es stehen keine dänischen Düsenjäger in Grönland bereit, um Pituffik im Falle eines Angriffs zu schützen. Aber das war all die Jahrzehnte auch nie die Abmachung. Die Dänen haben Grönland militärisch seit dem Verteidigungsabkommen von 1951 den USA quasi überlassen, sie gaben ihnen sogar heimlich die Erlaubnis, dort Atomraketen zu deponieren, obwohl sich Dänemark 1957 zur atomwaffenfreien Zone erklärt hatte.
Pituffik wurde verkleinert
Zum Zeitpunkt des Abkommens betrieben die Amerikaner auf Grönland 17 Stützpunkte, die sie nach und nach dichtgemacht haben. Auch ihre zentrale Pituffik Base (früher Thule Base) haben sie von sich aus kontinuierlich verkleinert: In den Fünfziger- und Sechzigerjahren waren dort zwei Staffeln von F-8-Kampfjets und rund 10’000 Mann stationiert. Heute sind etwas mehr als 600 Männer und Frauen übrig, inklusive der Supermarktangestellten und der Krankenhausmitarbeiter.
Vance hat sich während seiner vierstündigen Stippvisite mit keinem einzigen Bewohner der Insel unterhalten. Hätte er mal machen sollen. Vielleicht hätte er so von der letzten Umfrage erfahren, wie viele Grönländer mit «Ja» antworteten auf die Frage, ob Grönland Teil der USA werden solle: Es sind sechs Prozent.
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