Partners in CrimeTrump und Adams: Eine alte New Yorker Freundschaft
Der künftige Präsident und New Yorks demokratischer Bürgermeister, Eric Adams, treten auf wie gute Kumpel. Was es damit auf sich hat.
Wenn sich der Lippenleser nicht irrt, dann hat Donald Trump «Oh, Eric» gesagt, als er den Bürgermeister von New York erblickte. Jedenfalls scheint sich Trump über die kurze Begegnung mit Eric Adams gefreut zu haben. Es geschah am vergangenen Wochenende im Madison Square Garden, direkt neben dem Käfig, in dem sich einige der bekanntesten Wrestler der Ultimate Fighting Championship (UFC) verprügelten.
Leider konnte der «zertifizierte Lippenleser», den die Boulevardpresse verpflichtet hatte, die Unterhaltung nicht vollständig für die Nachwelt überliefern. «Nicht wirklich. Danke für all die …», das war alles, was der zertifizierte Experte noch von Trumps Lippen lesen konnte.
«Wir haben Freundlichkeiten ausgetauscht»
Was könnte das gewesen sein? Danke für all die Unterstützung? Oder vielleicht sogar: Danke für den guten Deal? Letztlich wissen es nur diese beiden Herren. Unter der Woche wurde Eric Adams in einer Pressekonferenz zu dem Vorfall befragt. «Wir haben Freundlichkeiten ausgetauscht», sagte er, das meiste von dem, was Trump sagte, habe er nicht verstanden, weil es in der Halle so laut gewesen sei. Und dann ergänzte er noch: «Aber es war etwas in der Art: Du bist der grösste Bürgermeister, den diese Stadt jemals hatte.»
Trump und Adams, da scheinen sich zwei gefunden zu haben. Die Annäherung zwischen den beiden läuft schon etwas länger. Und womöglich ist Eric Adams einer der wenigen Spitzenpolitiker der Demokraten, der sich über den Wahlsieg von Donald Trump freut.
Adams wegen Bestechlichkeit und Betrug angeklagt
Ende September wurde Adams von der New Yorker Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Bestechlichkeit und Betrug angeklagt. Adams, der sämtliche Vorwürfe bestreitet, soll sich unter anderem über Jahre hinweg Businessclass-Flüge sowie Übernachtungen in Luxushotels von der türkischen Regierung bezahlt haben lassen. Im Gegenzug hätte die Stadt auf sein Kommando hin offenbar die Bauvorschriften für das neue türkische Konsulatsgebäude am East River gesenkt. Der Prozessbeginn ist für April 2025 angesetzt, Adams hat erklärt, dass er unter keinen Umständen bereit sei, zurückzutreten.
Am Anfang dachten einige, Kamala Harris bekomme ein Problem in ihrem Wahlkampf, als die Anklage gegen ihren Parteifreund Adams publik wurde. Aber erstens hatte Harris auch so genug Probleme, und zweitens hatte der Angeklagte Adams vom ersten Tag an einen mächtigen Unterstützer: Donald Trump.
Dessen erstes Statement zu dem Fall hörte sich so an: Als er vor gut einem Jahr gesehen habe, wie Adams die Biden-Regierung wegen der hohen Zahl von Migranten in New York kritisierte, da habe er, Trump, gewusst: «In spätestens einem Jahr werden sie ihn anklagen. Und ich habe recht behalten.» Neulich soll Trump bei einem Charity-Dinner zu Adams gesagt haben: «Wir werden verfolgt, Eric. Ich werde verfolgt und du wirst es auch.»
Partner in Crime
Trump hat im Zusammenhang mit seinen eigenen Prozessen ja immer von einer politischen Hexenjagd gesprochen. Und der erste ehemalige US-Präsident, der strafrechtlich angeklagt wurde, sieht in dem ersten amtierenden New Yorker Bürgermeister, dem das auch passiert, offenbar so etwas wie einen Partner in Crime.
Umgekehrt fällt auf, wie verhältnismässig freundlich sich Adams stets äussert, wenn von Trump die Rede ist. Nach der Wahl hat Adams Trump dann nicht nur pflichtschuldig zur Rückkehr ins Weisse Haus gratuliert, sondern ihn auch persönlich angerufen. Diese Nettigkeiten sind offensichtlich auch dem Empfänger nicht entgangen. Trump kann sehr ausfällig werden, wenn er über New York spricht, eine «Stadt im Verfall» hat er sie neulich genannt. Er hat das aber vor allem dem früheren Bürgermeister Bill de Blasio sowie der Bundesregierung in Washington zugeschoben. Den aktuellen Bürgermeister nannte Trump dagegen «the very nice Adams».
Adams kann ruhiger schlafen
In einer Talkshow des Senders ABC wurde Adams eine naheliegende Frage gestellt: Ob er vielleicht deshalb so nett zu Trump sei, weil er sich von ihm im Falle einer Verurteilung eine Begnadigung erhoffe. Adams sagte, er habe sich nichts vorzuwerfen. Dann folgten weitere 60 Sekunden, in denen er nichts anderes tat, als der Frage weiträumig auszuweichen.
Die Politikwissenschaftlerin Christina Greer sagte der «New York Times» in ihrer Nachwahlbetrachtung: «Wenn ich Eric Adams wäre, würde ich jetzt ein bisschen ruhiger schlafen.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.