Analyse zu Trumps DiplomatieTrump hat die US-Aussenpolitk in ein Trümmerfeld verwandelt
Dem Präsidenten fehlt es an elementarem Grundwissen, seine Telefonate mit ausländischen Regierenden sind eine Katastrophe.
Gleich zu Anfang gab es ein Tabu: Nach Qualifikation, Kompetenz und mentaler Befindlichkeit des amerikanischen Präsidenten zu fragen, war unerlaubt. Für seine Fans waren Zweifel an Donald Trumps geistiger Verfassung eine Unverschämtheit und lediglich Ausdruck ideologisch motivierter Ablehnung.
Aber schon im Januar 2017 war erkennbar, dass Trump seinem Amt nicht gewachsen war. Wer genau hingeschaut hatte, wusste bereits, was Trumps Ex-Sicherheitsberater John Bolton vergangene Woche zu Protokoll gab: Der Präsident, sagte Bolton, sei «untauglich für das Amt, es fehlt ihm die Kompetenz, um seine Arbeit zu erledigen».
Dreieinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt verschliesst sich Trump, der sich laut Bolton erkundigte, ob Finnland zu Russland gehöre, nach wie vor dem Rat und Wissen von Experten und Nachrichtendiensten. Weil er kaum etwas liest, nicht einmal das geheimdienstliche Briefing am Morgen, hat der Präsident oft keine Ahnung.
Der selbst ernannte Experte
Von der angeblichen Erkenntnis seiner Geheimdienste, Moskau habe afghanischen Aufständischen Kopfgeld bezahlt für die Tötung von US-Soldaten, habe er nichts gewusst, sagt Trump. «Weder der Präsident noch der Vizepräsident sind von dem vermeintlichen russischen Kopfgeld unterrichtet worden», behauptete Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany. Vielleicht hat es der nationale Sicherheitsapparat aufgegeben, dem Präsidenten schlechte Nachrichten zu übermitteln.
Zumal Trump sich für ein Genie hält, das alles weiss. So erklärte er sich beim Besuch des Centers for Disease Control and Prevention im März in Atlanta kurzerhand zum Experten für Virologie und überhaupt alles Naturwissenschaftliche. Anstatt Präsident hätte er auch Wissenschaftler werden können, prahlte der Präsident.
Keine Ahnung von Geschichte
Geradeso hanebüchen geht es offenbar bei Trumps Telefonaten mit ausländischen Regierungschefs zu. In einem bemerkenswerten Beitrag für CNN beschreibt Star-Journalist Carl Bernstein unter Berufung auf zahlreiche Quellen in Trumps unmittelbarer Nähe, darunter wohl ehemalige Sicherheitsberater und Stabschefs, die Telefonate des Präsidenten als politische Katastrophen.
Da Trump keine Ahnung von Geschichte habe und Zusammenhänge nicht verstehe, seien die Unterhaltungen geprägt von «wütenden Ausbrüchen gegen Allierte» wie etwa Kanzlerin Angela Merkel sowie «kriecherischer Bewunderung autoritärer Figuren» wie Wladimir Putin. Es fehle an «Vorbereitung», oft litten die Telefonate unter den «Wahnvorstellungen» des Präsidenten. Vor allem der türkische Präsident Erdogan nütze Trumps Unkenntnis des Nahen Ostens aus, so Bernsteins Quellen.
Mehrere Informanten, die bei den Telefonaten mithörten, verglichen Donald Trumps Konversationen mit ausländischen Gesprächspartnern mit seinen katastrophalen Coronavirus-Pressekonferenzen: Sie seien «ein Strom von Bewusstsein, ohne Fakten, voller Fantasien und verrückter Erklärungen, die aus seinem hohlen Bauch rühren und auf Mutmassungen sowie den Meinungen von Fox-News-Moderatoren und Falschinformationen aus sozialen Medien basieren».
Bush lernte wenigstens dazu
Besonders besorgniserregend sind offenbar die Telefonate mit Wladimir Putin: Trump erheische stets dessen Bewunderung, der Russe manipuliere den Amerikaner nach Strich und Faden. Der Präsident spiele «Dame» gegen einen «Schachgrossmeister», erklärte ein Zeuge der Telefonate.
Dabei ist Donald Trump keineswegs der erste Präsident, dem es an Wissen fehlt: Auch George W. Bush trat sein Amt schlecht vorbereitet an, vor allem die Aussenpolitik war ihm ein Buch mit sieben Siegeln. Aber sogar Bush lernte dazu, was von Donald Trump nicht gesagt werden kann. Seine Ignoranz, seine Sucht nach Anerkennung durch Autokraten und seine Ausbrüche gegenüber US-Alliierten haben ein aussenpolitisches Trümmerfeld geschaffen, dessen Beseitigung viel Zeit und Aufwand erfordern wird.
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