Vor Inauguration in den USAEU reagiert mit Schockstarre auf Drohungen von Trump
Donald Trump fordert massiv höhere Militärausgaben der Nato-Partner und erhebt Anspruch auf Grönland. Die europäischen Staaten zeigen sich ratlos.
- Donald Trump fordert höhere Rüstungsausgaben von Europas Nato-Partnern.
- Elon Musk beeinflusst die europäische Politik durch persönliche Angriffe.
- Die EU prüft soziale Medien auf Wahlbeeinflussungen und rechtsextreme Tendenzen.
- Der Ukraine-Gipfel im Ramstein-Format diskutiert Unterstützung ohne neue Zusagen.
Was, wenn Donald Trump mit Druck oder Gewalt Grönland übernimmt? Es gebe viele Drohungen, die sich nicht materialisiert hätten, sagt Paula Pinho, Sprecherin von EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen. Man wolle nicht auf jede hypothetische Frage antworten. Allerdings sind es bis zu Trumps Rückkehr ins Weisse Haus nur noch knapp zwei Wochen, und die Drohungen stehen im Raum. Doch Europa reagiert mit Schockstarre auf die Zumutungen des designierten US-Präsidenten und seiner Gefolgsleute.
Man freue sich darauf, mit der künftigen US-Regierung an einer starken transatlantischen Agenda zu arbeiten, sagt Pinho: «Unsere Priorität ist, mit Blick auf gemeinsame strategische Ziele möglichst viele Wege der Zusammenarbeit vorzubereiten.»
Als Teamplayer ist Donald Trump allerdings nicht bekannt. Sondern eher dafür, seine Interessen durchzusetzen. Nur so viel lässt man sich in Brüssel entlocken: Die Souveränität von Staaten müsse geachtet werden. Und ja, die Beistandspflicht der EU würde gelten, sollte Dänemark als Schutzmacht Grönlands um Hilfe rufen.
Paris warnt vor Rückkehr zum Recht des Stärkeren
Klartext redet immerhin der französische Aussenminister Jean-Noel Barrot: Die EU werde es nicht zulassen, dass andere Staaten die gemeinsamen Grenzen infrage stellten. Barrot warnt vor der Rückkehr in eine Ära, in der nur das Recht des Stärkeren zähle. Doch den Europäern fehlen die Instrumente und vor allem die Kraft, den Drohungen Trumps etwas entgegenzusetzen. Emmanuel Macrons Führung in Paris ist angeschlagen, und auch in Berlin sind die künftigen Mehrheitsverhältnisse vor der Bundestagswahl am 23. Februar unklar.
Das zeigt sich auch im Umgang mit Trump-Berater und X-Besitzer Elon Musk, der die AfD zur Wahl empfiehlt und Politiker von Olaf Scholz bis zum britischen Premier Keir Starmer beschimpft. Wenn die EU-Kommission nicht in der Lage sei, Europa vor Wahlbeeinflussungen zu schützen, müsse sie die Mitgliedstaaten ermächtigen, es selber zu tun, sagte Aussenminister Barrot. Tatsächlich hat die EU erst 2022 ihre neuen Regeln für soziale Medien wie den Kurznachrichtendienst X, Facebook von Meta oder die chinesische Plattform Tiktok in Kraft gesetzt. Man war stolz, hier Avantgarde zu sein.
Instrumente greifen nicht
Allerdings haben sich die neuen Instrumente mit Bussgeldern von bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes von Facebook und Co. bisher als weitgehend wirkungslos erwiesen. Seit einem Jahr prüft die EU-Kommission, ob Plattformen wie X mit ihren Algorithmen Wahlen beeinflussen und vor allem rechtsextremen Parteien Auftrieb geben. Es brauche Zeit, die Daten zu analysieren, sagt eine Sprecherin der EU-Kommission. Brüssel hatte schon einige Zeit gebraucht, um überhaupt genügend Experten zu finden, die sich mit Algorithmen auskennen.
Neben Olaf Scholz waren in den letzten Tagen auch der britische Premier Starmer und Norwegens Regierungschef Jonas Gahr Støre Ziel von persönlichen Angriffen durch Elon Musk. «Vor zehn Jahren hätte sich niemand vorstellen können, dass der Eigentümer eines der grössten Netzwerke sich für reaktionäre Bewegungen starkmacht und direkt auf Wahlen Einfluss zu nehmen versucht», sagte Macron am Montag. Dieser Umgang sei zwischen Demokratien und Verbündeten nicht angebracht, protestiert auch Norwegens Regierungschef.
Trump will höhere Rüstungsausgaben
Neu aufgelegt hat Donald Trump auch seine Forderung an die europäischen Nato-Partner. Viele Mitglieder der Allianz investierten zu wenig. Deutschland und andere könnten es sich leisten, mehr zu zahlen. Nicht 2 Prozent, wie bisher vereinbart, sondern 5 Prozent der Wirtschaftsleistung müssten die Mitglieder des Bündnisses laut Trump für Verteidigung ausgeben. Und damit wohl amerikanische Rüstungsgüter kaufen.
In Deutschland hat der Vizekanzler und Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck mit der Wahlkampfforderung nach 3,5 Prozent gerade viel Kritik von der politischen Konkurrenz geerntet. Nach Donald Trumps Vorstellungen müsste Deutschland seinen Verteidigungshaushalt praktisch auf 210 Milliarden Euro verdreifachen. Angesichts leerer Kassen und hoher Schulden könnten auch andere europäische Verbündeten diese massive Steigerung nicht schultern.
Während seiner ersten Amtszeit hatte Donald Trump bei einem Gipfel in Brüssel im Streit ums Geld mit dem Austritt aus dem Bündnis gedroht. Eine Neuauflage droht spätestens im Juni, wenn die Staats- und Regierungschefs der Nato-Verbündeten in Den Haag zusammenkommen.
Im Schatten des Comeback von Donald Trump kommen am Donnerstag auf dem US-Stützpunkt Ramstein bei Wiesbaden auch die Unterstützer der Ukraine zusammen. Für den US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und den deutschen Amtskollegen Boris Pistorius dürfte es das letzte Treffen in diesem Format sein.
Das erste Mal reist die neue EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas an. Es werde darum gehen, das Momentum der Unterstützung für die Ukraine beizubehalten. Allerdings ist nicht absehbar, dass die Verbündeten mit neuen Hilfszusagen anreisen werden. Je stärker die Ukraine militärisch sei, desto besser werde die Position am Verhandlungstisch sein, heisst es. Aber mehr als Durchhalteparolen kann die Ukraine in Ramstein nicht erwarten.
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