US-Wahlen im NovemberDonald Trump will jetzt doch keine Verschiebung der Wahl
Der US-Präsident spielte offen mit dem Gedanken, die Präsidentenwahl im November zu verschieben. Dieser Vorschlag stiess selbst in den eigenen Reihen auf Kritik.
US-Präsident Donald Trump rudert nach massiver Kritik an seinem Vorstoss für eine Verschiebung der US-Präsidentenwahl zurück. «Ich will eine Wahl und ein Ergebnis viel, viel mehr als Sie», sagte er am Donnerstag vor Journalisten in Washington. «Ich will keine Verschiebung. Ich will eine Wahl haben.» Trump bekräftigte allerdings seine Vorbehalte: Er wolle nicht, dass drei Monate auf ein Ergebnis gewartet werde, nur um dann festzustellen, dass Stimmzettel fehlen, sagte er mit Blick auf die vielen erwarteten Briefwahlen.
Zuvor hatte Trump offen mit dem Gedanken an eine Verschiebung der Wahl im November gespielt. In einem Tweet schrieb er am Donnerstag mit Blick auf den von ihm befürchteten Wahlbetrug durch eine Zunahme der Briefwahl infolge der Corona-Pandemie: «Die Wahl hinausschieben, bis die Menschen ordentlich, sorgenfrei und sicher wählen können???» (Lesen Sie hier unseren Kommentar: «Trump kann von einer Verschiebung nur träumen»)
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Die Hürden für eine Verschiebung der Präsidentenwahl am 3. November sind allerdings extrem hoch, weil der Termin seit 1845 gesetzlich festgeschrieben ist. Nötig wäre eine Änderung durch den US-Kongress, die noch dazu vor Gerichten angefochten werden könnte. Ausserdem wären auf diesem Weg nur einige Wochen zu gewinnen. Denn der weitere Zeitplan ist in der Verfassung festgeschrieben und damit noch starrer: der Starttermin für den neuen Kongress am 3. Januar und der Amtsantritt des Präsidenten am 20. Januar. Eine Verschiebung erscheint daher höchst unwahrscheinlich.
Wenige Stunden nach seinem Vorstoss für eine Verschiebung der US-Präsidentenwahl legte der Präsident bei seiner Kritik an einer Briefwahl nach. Das Wahlergebnis müsse in der Wahlnacht feststehen, «nicht Tage, Monate oder gar Jahre später», forderte Trump erneut auf Twitter in Anspielung darauf, dass die Auswertung von Stimmen, die per Briefwahl abgegeben werden, länger dauern könnte als die Auszählung der Wahlkabinen-Stimmzettel.
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Der Möglichkeit zur Briefwahl kommt dieses Jahr wegen des Ansteckungsrisikos in Zeiten der Corona-Krise eine besondere Bedeutung zu. Trump hat diese Wahlmethode wiederholt in Zweifel gezogen, so auch am Donnerstag.
Trump hatte seinen ersten Tweet kurz nach der Bekanntgabe historisch schlechter Konjunkturdaten für das zweite Quartal abgesetzt. Infolge der Corona-Krise ist die US-Wirtschaft in einem noch nie da gewesenen Ausmass eingebrochen. Die Pandemie hat Trump seines wichtigsten Arguments für die Wiederwahl beraubt: eine boomende Wirtschaft. Am Vortag hatte es bereits eine andere Hiobsbotschaft gegeben. Seit Beginn der Corona-Pandemie starben im Zusammenhang mit der Krankheit Covid-19 bereits mehr als 150’000 Menschen in den USA.
Trump steht unter Druck der Umfrage-Ergebnisse
In Umfragen liegt Trump derzeit deutlich hinter dem designierten Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten, Joe Biden. Auch wenn man diese Ergebnisse wegen des komplizierten Wahlsystems und zudem drei Monate vor der Wahl mit äusserster Vorsicht geniessen muss: Trump steht unter Druck.
In seinem Tweet wiederholte Trump seine Befürchtung, dass eine starke Zunahme der Briefwahl zur «betrügerischsten Wahl» der Geschichte führen könnte. «Es wird eine grosse Blamage für die USA», schrieb er weiter. Trump hat für seine Befürchtung eines Wahlbetrugs bislang keine nachhaltigen Belege geliefert, äussert aber immer wieder Bedenken. Die meisten Wahlexperten gehen davon aus, dass Briefwahl im Grundsatz sicher ist – auch wenn eine Änderung des Wahlmodus wegen der Pandemie nur wenige Monate vor der Abstimmung eine grosse Herausforderung darstellt.
Die Demokraten wiederum schätzen die Briefwahl als Option, weil damit möglicherweise mehr ihrer Anhänger abstimmen werden und dies zudem in der Pandemie das Gesundheitsrisiko verringern würde. Die Demokraten werfen Trump vor, dass er sich mit seinen düsteren Warnungen eine Rechtfertigung schaffen will, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl am 3. November nicht anzuerkennen. In einem Interview hatte Trump kürzlich offengelassen, ob er eine Wahlniederlage akzeptieren würde.
«Erfundene Propaganda»
Im April hatte Trump Spekulationen seines Rivalen Biden über eine mögliche Verschiebung des Termins noch entschieden zurückgewiesen. «Ich habe nie auch nur daran gedacht, den Wahltermin zu verschieben», sagte Trump damals und sprach von «erfundener Propaganda». Der 3. November – der geplante Wahltermin – sei ein gutes Datum. Biden hatte nach Angaben von Journalisten gesagt, Trump wolle den Wahltermin nach hinten verschieben, weil er denke, dass er nur so gewinnen könnte.
Der ehemalige Pressesprecher des Weissen Hauses unter Ex-Präsident George W. Bush, Ari Fleischer, rief Trump auf, die «schädliche Idee» nicht weiterzuspinnen, und riet ihm, den Tweet zu löschen. «Das ist keine Idee, die irgendjemand, insbesondere POTUS (der Präsident der Vereinigten Staaten), in Umlauf bringen sollte», schrieb Fleischer auf Twitter. «Unsere Demokratie basiert auf Wahlen, bei denen jeder die Regeln kennt und die für alle gelten. Der Wahltag ist und bleibt der 3. November 2020.»
Ein Ablenkungsmanöver?
Der demokratische Senator Tom Udall sah in Trumps Tweet ein Ablenkungsmanöver. Trump könne die Wahl nicht verzögern, schrieb er auf Twitter. «Wir sollten uns nicht von seiner #COVID19-Inkompetenz ablenken lassen. Aber die Tatsache, dass er dies auch nur andeutet, ist ein ernsthafter, schauriger Angriff auf den demokratischen Prozess. Alle Mitglieder des Kongresses – und der Regierung – sollten ihre Stimme erheben.»
Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU erklärte, man befinde sich in Amerika. «Wir sind eine Demokratie, keine Diktatur.» Das Wahldatum sei festgelegt. «Nichts, was Präsident Trump sagt, tut oder twittert kann diese Tatsache ändern.»
Widerspruch in den eigenen Reihen
Mit seinem Vorstoss stösst Trump auf Widerspruch in den eigenen Reihen. Der Wahltermin am 3. November sei «in Stein gemeisselt», sagte der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, am Donnerstag dem Sender WKNY zufolge. Auch während früherer Krisen hätten in den USA Wahlen stattgefunden.
«Wir dürfen die Wahl nicht verschieben», sagte Senator Ted Cruz – wie Trump Mitglied der Republikanischen Partei. Der Vorsitzende des Justizsausschusses im US-Senat, Lindsey Graham, äusserte sich ebenfalls kritisch. «Ich denke nicht, dass eine mögliche Verschiebung der Wahl eine gute Idee wäre.»
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SDA/REUTERS
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