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US-Phänomen Pickleball
Dieser Sport wird bald auch die Schweiz begeistern

People practice pickleball on the courts of CityPickle at Central Park's Wollman Rink, Saturday, Aug. 24, 2024, in New York. (AP Photo/Eduardo Munoz Alvarez)
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Die Dunkelheit legt sich an diesem Samstagabend kurz vor 20 Uhr über den Central Park. Das Folk-Rock-Duo Simon & Garfunkel sang in seiner Hymne über New York einst, abends solle man hier nicht mehr herumspazieren. Der Park hat sich in der Tat fast geleert.

Einzelne Joggerinnen und Jogger absolvieren noch ihre letzten Kilometer, die Polizei markiert Präsenz. Tangotänzerinnen und -tänzer, die sich schon seit Jahren immer samstags im Park treffen, trotzen der Aufbruchstimmung. Und die legendäre Wollman-Eisbahn ist immer noch hell erleuchtet: Auf 14 blauen Courts wird eifrig eine Art Mini-Tennis gespielt.

Bereits gegen 40 Millionen Spieler

Pickleball heisst der Sport, und inzwischen betreiben ihn in den USA bereits gegen 40 Millionen Menschen. Seine Vorteile: Alle, die schon einmal ein Racket geschwungen haben – ob im Tennis, Tischtennis, Badminton oder Squash –, lernen das Spiel schnell. Und es hat eine soziale Komponente, wenn man Doppel spielt.

Die Spielerinnen und Spieler sind an diesem Samstagabend bunt gemischt, auch altersmässig. Weil der Court nur gut halb so gross ist wie ein Tennisplatz, muss man kein Laufwunder sein, um ihn abzudecken. Die Plastikbällchen mit Löchern, die aussehen wie Unihockey-Bälle, fliegen munter hin und her.

People practice pickleball on the courts of CityPickle at Central Park's Wollman Rink, Saturday, Aug. 24, 2024, in New York. (AP Photo/Eduardo Munoz Alvarez)

«Noch fünf Minuten», tönt es bei der Wollman-Eisbahn aus den Lautsprechern. Um 20 Uhr wird gewechselt. Dave von City Pickle, das sieben Standorte an der Ostküste betreibt, steht an der Eingangstür zum Shop und blickt auf die Courts. «Das ist nun unser zweites Jahr, und es läuft fabelhaft», sagt er. «Wir sind fast immer ausgebucht.»

Bälle und die Rackets, die etwas grösser sind als Tischtennisschläger, werden zur Verfügung gestellt. Und was kostet der Spass? «Von Montag bis Donnerstag eine Stunde 80 Dollar, von Freitag bis Sonntag 120 Dollar», sagt Dave und fügt entschuldigend an: «Es ist halt New York.»

Djokovic macht sich Sorgen

Würden hier auf der Eisbahn im Sommer Tenniscourts errichtet, könnte man vielleicht sechs reinquetschen. Pickleballfelder von 13,4 mal 6,1 Meter bringt man hier mehr als doppelt so viele unter. So ist der Sport äusserst lukrativ für die Betreiber, weshalb in den USA inzwischen vielerorts auf Tenniscourts Pickleball-Felder errichtet werden.

«Tennis ist die Königin der Racketsportarten», sagte Novak Djokovic in Wimbledon und warnte: «Aber wenn wir nichts unternehmen, ist es bedroht. Wir müssen aufpassen, dass in den Staaten nicht alle Courts in Pickleball-Plätze umgewandelt werden, weil das ökonomischer ist.» 

Ironischerweise nahm Djokovic vor dem US Open an einer Pickleball-Exhibition in Manhattan teil. Hier kann sich eben niemand dem Sport entziehen. Frühere Tennisprofis wie Jack Sock und Sam Querrey spielen inzwischen auf der Profitour mit und geben dem Sport ein prominentes Gesicht. Die 17-jährige Anna Leigh Waters ist die Nummer 1 bei den Frauen und verdient Millionen.

Doch dass Pickleball die grosse Schwester Tennis als Publikumssportart verdrängt, ist unwahrscheinlich. Dazu sind die Ballwechsel, wenngleich rasant, auf dem kleinen Feld etwas zu eintönig.

Netzangriffe sind nicht erlaubt

Weil das Netz nur 92 Zentimeter hoch ist, wird von unten aufgeschlagen, und in einer Zone von zwei Metern ab dem Netz darf man keine Volleys spielen. Die Zone wird Küche genannt. Das heisst, dass sich die attraktivsten Ballwechsel entspinnen, wenn die Spielerinnen und Spieler knapp an dieser Linie stehen und sich in rasantem Tempo Volleys hin- und herspielen. Da ist eine schnelle Reaktion gefragt. Bei Hobbyspielern sieht das dann natürlich alles etwas gemächlicher aus.

In der Schweiz verbreitete sich in den letzten Jahren Padel, das eine Mischung aus Tennis und Squash ist und in Courts mit Wänden gespielt wird. Ein Pickleballcourt ist etwas kleiner und kostengünstiger zu erstellen. Man kann ihn sogar auf dem Pausenplatz mit Kreide aufzeichnen und in der Mitte ein Netz aufstellen. Es wird interessant zu beobachten sein, wie sich Padel und Pickleball in der Schweiz konkurrenzieren werden.

Ein Effretiker will Pickleball verbreiten

Hierzulande steckt das Mini-Tennis noch in den Kinderschuhen. Aktuell gibt es 56 Spielorte in der Schweiz, wobei die wenigsten reine Pickleball-Courts sind. Wie im Central Park werden nun aber zusehends Eisrinks im Sommer als Pickleball-Plätze genutzt – so auch im Sportpark Deutweg in Winterthur.

Der Effretiker Dominik Kuhn (31) stiess auf Pickleball, als er in Texas studierte. Nun hat er es sich zur Mission gemacht, die Mini-Variante des Tennis in der Schweiz zu verbreiten. Kuhn gründete Pickleball-Corner und sieht sich als Anlaufstelle für alles rund um den Sport. Zudem vertreibt er auch das Material.

Ab und zu wird er von Touristen kontaktiert, wo man hier Pickleball spielen könne. Ein Bandmitglied des US-Rappers Macklemore spielte kürzlich mit ihm und Kollegen Pickleball, ehe es am Abend am Openair Zürich auftrat. Der Sport verbinde, sagt Kuhn. In einem Whatsapp-Chat ist er mit zahlreichen Spielerinnen und Spielern vernetzt, sodass man sich spontan zu einer Partie treffen kann. Es gibt auch einen Schweizer Pickleball-Verband, Ende Oktober finden in Winterthur die Schweizer Meisterschaften statt.

«Pickleball hat auch in der Schweiz ein riesiges Potenzial», ist Kuhn überzeugt. «Es fehlen noch die nötigen Spielmöglichkeiten. Aber die Einfachheit ist der grosse Trumpf. In den meisten Turnhallen hat es ein Badmintonfeld, das die gleichen Masse aufweist. Und die Umfunktionierung von Eisfeldern im Sommer hat ja bereits begonnen.» Kuhn war beeindruckt, wie rasant sich Pickleball in den USA entwickelte, und besuchte auch Profiturniere. «Die Amerikaner verstehen natürlich auch etwas davon, etwas gross aufzuziehen», sagt er.

An diesem Samstagabend ist auf der Wollman-Eisbahn um 21 Uhr Schluss mit Pickleball. Das Flutlicht wird ausgeschaltet, die Spielerinnen und Spieler bringen ihre Schläger zurück und machen sich verschwitzt davon in die Nacht.