Knall im AussendepartementTopdiplomat Yves Rossier wirft den Bettel hin
Der Aufruhr im EDA um die diesjährige Botschafter-Rochade endet mit einem Paukenschlag: Der frühere Staatssekretär Yves Rossier hat die Kündigung eingereicht.
Im Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) kommt es zu einem prominenten Abgang. Der frühere Chefdiplomat Yves Rossier hat die Kündigung eingereicht. Der 60-jährige Diplomat zieht damit seine Konsequenzen aus dem Konflikt mit der EDA-Spitze um seinen künftigen Einsatzort.
Das EDA bestätigt auf Anfrage Rossiers Kündigung. Er verlasse das EDA «auf eigenen Wunsch», teilte die Medienstelle mit. Rossier selber war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Rossier war von 2012 bis 2016 Schweizer Chefdiplomat im Range eines Staatssekretärs. In dieser Funktion spielte er auch eine Schlüsselrolle bei den Vorverhandlungen um das Rahmenabkommen mit der EU. 2016 wechselte Rossier dann als Botschafter nach Russland.
Ende 2020 lief seine dortige Amtszeit aber ab und damit begannen die Probleme: Das EDA offerierte Rossier mehrere neue Funktionen, die eher zur B- oder C-Kategorie zählen. Darunter waren offenbar eine Funktion in Genf sowie die Botschafterposten in Südkorea und in der lettischen Hauptstadt Riga. Rossiers eigene Wunschdestinationen – London oder Ankara – besetzte das EDA anderweitig.
Zusätzlich zum Fall Rossier gaben im EDA noch weitere Personalentscheide zu reden und provozierten erheblichen Aufruhr unter den Diplomaten aber auch ausserhalb des Departements (lesen Sie hier und hier mehr darüber). Auch in den aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments musste sich Aussenminister Ignazio Cassis zu seiner Personalpolitik erklären.
Mächtiger Bundesbeamter
In einer kurzen Stellungnahme verdankt das Departement die Dienste seines ehemaligen Chefdiplomaten nun mit folgenden Worten: «Als Staatssekretär und als Schweizer Botschafter in Moskau hat er der schweizerischen Aussenpolitik langjährige Dienste geleistet. Wir danken Herrn Yves Rossier für sein Engagement.»
Rossier, der aus dem Kanton Freiburg stammt, stieg nach dem Jahrtausendwechsel zu einem der bekanntesten und mächtigsten Bundesangestellten überhaupt auf. Im Bundeshaus war er weitherum respektiert als intelligenter Kopf und auch bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Ein Satz, den er 2013 in Bezug auf das Rahmenabkommen sagte, hat bis heute politische Nachwirkungen: «Ja, es sind fremde Richter, es geht auch um fremdes Recht.» Diese Interviewaussage, die Rossier damals gegenüber der «NZZ am Sonntag» machte, zitieren die Gegner des Rahmenabkommens noch heute.
Schon vor seinem Wechsel ins EDA bekleidete Rossier in der Bundesverwaltung hochrangige Positionen. Sein grosser Förderer war Pascal Couchepin: Anfang der Nullerjahre leitete Rossier die Eidgenössische Spielbankenkommission. 2004 machte ihn Couchepin zum Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen; in dieser Funktion war Rossier acht Jahre lang Chef der AHV und der Invalidenversicherung. 2012 nahm ihn Couchepins Nachfolger im Bundesrat, Didier Burkhalter, vom Innen- in das Aussendepartement mit.
Eine Lösung für Fasel
Ausser Rossier gab in den letzten Monaten auch ein zweiter Spitzendiplomat öffentlich zu reden. Alexandre Fasel, ebenfalls ein Freiburger und bis vor kurzem Botschafter in London, war EDA-intern zunächst als neuer Botschafter für Brüssel vorgesehen. Nach dem Amtsantritt der neuen Staatssekretärin Livia Leu wurde ihm aber Rita Adam vorgezogen. Fasel sollte stattdessen nach Kairo versetzt werden.
Obwohl Fasel davon nicht einmal etwas wusste, sagte Aussenminister Cassis in einer Bundesratssitzung fälschlicherweise, Fasel gehe freiwillig nach Kairo (lesen Sie hier mehr dazu). Später erklärte das EDA die Falschaussage damit, dass Cassis von seinen Leuten falsch informiert worden sei.
Anders als im Fall Rossier hat das EDA für Fasel nun aber eine Lösung gefunden, mit der offenbar auch er selber leben kann. Fasel wird zum Sonderbeauftragten für Science Diplomacy – zu Deutsch: Wissenschaftsdiplomatie – mit Sitz in Genf ernannt. Dieser Posten wird neu geschaffen.
Die sogenannte Wissenschaftsdiplomatie ist ein neuer Schwerpunkt in der aussenpolitischen Strategie, die Cassis verfolgt. Laut EDA werden neue Technologien auch für die Aussenpolitik immer wichtiger. Mit dem internationalen Genf verfüge die Schweiz über eine Plattform für den Dialog zwischen Wissenschaft und Diplomatie, so das EDA. Im Auftrag des Bundesrats soll Fasel nun die Rolle von Genf als Hub für die digitale Gouvernanz stärken.
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