Schweizer Städte auf Social MediaThun ist cooler als Zürich
Die Stadt Thun geht viral. Wie macht sie das? Was bringt es? Und was machen andere Städte falsch? Antworten von Social-Media-Experte Michèl Kessler.
Eigentlich ist es ja so: Wir Menschen besuchen Städte, nicht umgekehrt.
Thun ist die Ausnahme. Thun kommt zu uns nach Hause. Plötzlich ist es da. Plopp: Thun. Thun. Thun. «Thun verfolgt mi», schreibt eine Userin auf Tiktok zum Beispiel unter diesem Reel:
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Thun gelingt, was wohl alle auf Social Media wollen: Es geht viral. Und zwar mit den offiziellen Behörden-Accounts. Bemerkenswert für eine Kleinstadt mit rund 42’000 Einwohnerinnen. Aber ist das nur witzig, oder bringt das auch was?
«Über Instagram bekommt man mit, was läuft»
«Das ist eine riesen Opportunity», sagt Michèl Kessler. Der 26-Jährige ist Head of Creative bei der Kreativagentur Zeam und hat schon zahlreiche Onlinekampagnen umgesetzt. Er sagt, heute würden Social-Media-Plattformen generationenübergreifend als Suchmaschinen genutzt. Mit guten Social-Media-Auftritten würden Städte Touristen anlocken. «Wenn man in die Ferien geht, schaut man vorher auf Instagram, Tiktok oder Youtube.»
Aber auch die eigene Bevölkerung erreiche eine Stadt gut über die sozialen Medien. «Newsletter lesen heute die wenigsten noch aktiv», so Kessler. «Was am Samstagabend in der eigenen Stadt läuft, bekommt man über Instagram mit.»
Auch dem Social-Media-Experten ist schon aufgefallen, dass Thun immer wieder in seinem Feed landet – und das, obwohl er in Zürich wohnt. Wie macht Thun das? Und was geht bei Zürich, Bern und Co.?
Wir sind mit Michèl Kessler durch die Social-Media-Schweiz gesurft:
Thun
Was sofort auffällt: Die Stadt ist eine der wenigen, die auf Tiktok unterwegs sind. Zwar folgen Thun auf der Plattform nur 5126 Accounts, dafür erreichen einzelne Beiträge immer wieder Zehntausende Leute, manchmal sogar Hunderttausende. «Die Followerzahlen zeigen nur, wie erfolgreich ein Account in der Vergangenheit war», sagt Kessler. Heute seien vor allem Views und Engagement Erfolgsmesser.
Was die viralen Reels aus Thun gemein haben: Sie sind absurd. Und sie folgen Social-Media-Trends. Sogar das Capybara hat einen Auftritt:
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«Wir versuchen im richtigen Moment auf Trends aufzuspringen», sagt Kommunikationsleiter Silvan Gertsch auf Anfrage. Verantwortlich für den Thuner Erfolg seien ein Social-Media-Manager und ein Praktikant. «Beide sind jung, kreativ und extrem Social-Media-affin», sagt Gertsch. So erreiche die Stadt nun monatlich jeweils 500’000 Personen.
«Wir brauchen die kreativen Beiträge, um Reichweite zu generieren, damit unsere Info-Posts dann auch bei vielen Menschen ankommen», sagt Gertsch. Laut Social-Media-Experte Michèl Kessler genau die richtige Strategie.
Das Konzept scheint aufzugehen. Laut Umfrage seien über 20 Prozent der Gäste in Thuner Hotels und an Veranstaltungen über Social Media auf die Region aufmerksam geworden, so Gertsch.
Fazit des Experten: «Thun macht alles richtig. Es ist unterhaltsam, nahe an der Community und trotzdem informativ.»
Aufwand: ca. 80 Stellenprozent.
Zürich
Zürich präsentiert sich so, wie man es von einem Behördenaccount vielleicht eher erwarten würde. Die Stadt setzt nicht auf Unterhaltung, sondern auf Professionalität und Information:
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Das scheint sich allerdings zu rächen. Ein Vergleich: Thun hat auf Instagram regelmässig über 20’000 Views, bei Zürich sind es im Schnitt vielleicht etwa 7000. Und das, obwohl Zürich rund zehnmal mehr Einwohnerinnen hat. Und: Zürich folgen auf Instagram 22’000 Menschen, Thun 17’400.
Fazit des Experten: «Viele verschiedene Menschen und relevante Themen werden in Szene gesetzt. Nur schade, dass das letzte Reel schon neun Wochen alt ist.»
Aufwand: ca. 50 Stellenprozent.
Bern
Bern kommt ein bisschen legerer daher als Zürich. Irgendwie kommt da schon Stimmung auf:
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Zwar gehts auch bei Bern vor allem um Information, trotzdem scheinen die Bernerinnen mehr Leute zu erreichen als die Zürcher. Im Schnitt wohl rund 12’000.
Fazit des Experten: «Das Instagram-Profil spiegelt die Schönheit der Stadt wider, aber leider auch das Klischee von den langsamen Bernern. Kein Tiktok-Kanal und eher klassische Beiträge – man fühlt sich fast ein wenig entschleunigt.»
Aufwand: ca. 75 Stellenprozent.
St. Gallen
Überraschung! St. Gallen ist der zweite Social-Media-Pro unter den Schweizer Städten. Dafür muss man nicht lange Zahlen vergleichen (obwohl man dabei zum gleichen Ergebnis kommen würde). Auf den ersten Blick ist klar: St. Gallen kann Social Media:
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Die Stadt ist seit einem Jahr auch auf Tiktok: «Wir wollen auf den Kanälen sein, wo die Leute sind», heisst es auf Anfrage. Ziel sei es, so auch die Jungen zu erreichen.
Fazit des Experten: «Hier ist jemand am Werk, der Social Media versteht. Eine perfekte Mischung aus Information, Unterhaltung und Memes.»
Aufwand: ca. 80 Stellenprozent.
Basel
Thematisch gehts auf dem Instagram-Account von Basel vor allem um Politik:
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Das ist zwar informativ, aber halt auch nicht so witzig. So erreicht Basel immerhin etwa so viele Menschen wie Zürich, aber geht halt auch nicht viral.
Fazit des Experten: «Das Posting-Tempo ist vorbildlich. Allerdings sind die Beiträge so informativ, dass man glatt vergessen könnte, dass Social Media auch unterhalten kann.»
Aufwand: ca. 140 Stellenprozent bei der Staatskanzlei und weitere Ressourcen bei einzelnen Ämtern. Im Gegensatz zu den anderen Städten deckt Basel damit aber auch die kantonale Kommunikation ab.
Der Bund
Zum Schluss ein Blick auf die Schweiz als Ganzes. Denn die Wichtigkeit von Social Media hat auch der Bund erkannt. Ein Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats empfahl dem Bund 2019, das Potenzial der sozialen Medien für sich zu prüfen. Auch um mehr Junge zu erreichen. Daraus entstand die «Strategie soziale Medien» – und 2022 der offizielle Insta-Account des Bundes:
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Schon schön, so ein Bundesratsreisli. Die meisten Posts des Bundes drehen sich aber um Politik. «Übertrieben viel Unterhaltung wäre hier auch fehl am Platz», sagt Michèl Kessler. Denn der Bund habe natürlich eine andere Aufgabe als die Städte.
Fazit des Experten: «Politische Infos heruntergebrochen: Der Insta-Account kommt so daher, wie man ihn erwartet. Klar, es ginge noch Social-Media-affiner, andererseits macht der Bund bezüglich Social Media echt Fortschritte.»
Aufwand: Die genauen Zahlen sind nicht bekannt. Im Rahmen der «Strategie soziale Medien» schuf der Bund 2021 aber zehn neue Social-Media-Stellen.
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