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Kon­junk­tur­pro­gramm für Thailand
Umstrittenes Geld­geschenk für alle

Ein Geschenk, über das viele die Nase rümpfen: Thailändische Baht.
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Wer sagt schon Nein zu geschenktem Geld? Nun, in Thailand wird zumindest darüber diskutiert, wie das Geschenk, das der immer noch recht neue Premierminister Srettha Thavisin (61) seinen Landsleuten machen will, eigentlich finanziert werden soll. Thavisin und seine Koalitionsregierung, die im September unter zweifelhaften Bedingungen an die Macht kamen, wollen 50 der mehr als 70 Millionen Thailänderinnen und Thailändern je 10’000 Baht, umgerechnet etwa 247 Franken, schenken, in Form einer «Digital Wallet».

Thavisin will damit die kränkelnde Wirtschaft des Landes ankurbeln, die in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt um weniger als zwei Prozent gewachsen ist und damit weit hinter den südostasiatischen Nachbarländern Indonesien und Vietnam liegt. Doch Wirtschaft und Konsum lahmen, auch weil der Tourismus, der vor der Pandemie für etwa ein Fünftel des Bruttoinlandprodukts sorgte, sich noch nicht erholt hat.

Die Strände sind zwar wieder voll, und die Besucherzahlen sollen in diesem Jahr 25 Millionen erreichen. Das sind aber immer noch deutlich weniger als die knapp 40 Millionen, die Thailand vor der Pandemie jährlich besucht haben.

Das Wirtschaftsmagazin «Nikkei Asia» schrieb in der vergangenen Woche: «Das Land erinnert an die asiatische Währungskrise der späten 1990er-Jahre.» Auch diese Krise hatte ihren Ursprung 1997 in Thailand und wurde durch Spekulanten ausgelöst, die wegen der geringen Devisenreserven des Landes gegen den Baht wetteten. Sie führte zu einem regionalen Zusammenbruch des Finanzsystems, der auch Malaysia, Indonesien, die Philippinen und Südkorea erfasste.

Tourists walk the beach of Maya Bay, Phi Phi Leh island in Krabi province, Thailand, Thursday, May 31, 2018. The popular tourist destination of Maya Bay in the Andaman Sea will close to tourists for four months from Friday to give its coral reefs and sea life a chance to recover from an onslaught that began nearly two decades ago. (AP Photo/Sakchai Lalit)

Am 10. November gab Thavisin zudem bekannt, dass er die 500 Milliarden Baht, die sein gesamtes Paket kosten soll (etwa 12,5 Milliarden Franken), auf Pump verteilen will. In Ländern, in denen es an Liquidität fehlt, können Zentralbanken die Geldmenge erhöhen, oder die Regierung leiht sich im Ausland Geld – so wie in Thailand geschehen. Weil Anleger an der Börse dann aber eine unsolide Haushaltsführung fürchteten, fielen sowohl die Anleihen als auch die Landeswährung. Dafür erholten sich die Aktien thailändischer Einzelhandels- und Einrichtungsunternehmen, die Menschen könnten dann schliesslich mehr ausgeben.

«Es ist nur ein erstes Konjunkturprogramm, und ich möchte noch einmal betonen, dass dies keine populistische Politik ist, die der Wirtschaft und dem Wohlergehen der Menschen schaden wird», erklärte der Premierminister nach Kritik im Parlament.

Srettha Thavisin ist ein relativer Neuling in der Politik, zuvor war er Immobilienentwickler. Zu seinem Amt kam er, nachdem die eigentlich siegreiche, progressive Partei Move-Forward vom alten wirtschaftlichen und militärischen Establishment im Land an der Machtergreifung gehindert wurde.

Seine Partei, die Pheu Thai, die nur Zweite bei den Wahlen wurde, soll nach wie vor in der Hand des Milliardärs Thaksin Shinawatra sein, der von 2001 bis 2006 Premierminister war, nach einem Militärcoup ins Exil floh und erst mit der Wahl Thavisins zurückkehrte.

Pheu Thai political party's Srettha Thavisin reacts as he attends a press conference after Thailand's parliament voted in favor of his prime ministerial candidacy, at the party headquarters in Bangkok, Thailand, Tuesday, August 22, 2023. (AP Photo/Wason Wanichakorn)

Thaksin prägte mit seinen populistischen Wirtschaftsinitiativen etwas, das in Thailand bis heute «Thaksinomics» genannt wird. Dazu gehörte ein Programm, das jedem Dorf des Landes eine Million Baht zukommen liess. Es kann also darüber spekuliert werden, wie viel Entscheidungsfreiheit Srettha Thavisin tatsächlich hat.

Thavisin vergleicht Thailands Wirtschaft mit einem «kranken Menschen», der geheilt werden muss. Tatsächlich ist aber genau das Establishment, das ihn ins Amt gehoben hat, dasselbe, das Investitionen verhindert. Die Reichen wollen lieber ihre Pfründe schützen. Srettha Thavisin bemüht sich, die protektionistische Wirtschaft Thailands mit neuen Impulsen zu beleben. «Thailand ist offen für Geschäfte mit allen Ländern», sagte er nach einem Treffen mit Elon Musk im September.

Eine Tesla-Fabrik macht sich immer gut, wenn man innovativ wirken will, auch wenn sie am Ende nur wenige Arbeitsplätze schafft.

Der Premierminister arbeitet auch an der Wiederaufnahme von Handelsgesprächen mit der Europäischen Union. Gleichzeitig will er das betrogene Wahlvolk beschwichtigen und sich innenpolitisch beliebt machen. So forderte er das bei den vergangenen Wahlen deutlich abgestrafte Militär dazu auf, seine Beschaffungspläne zu verschieben, um Haushaltsmittel für «dringende Bemühungen zur Unterstützung der Bevölkerung» freizugeben. Sein Premierministergehalt spendet er für wohltätige Zwecke. Er will auch die Strom- und Treibstoffpreise senken und ein dreijähriges Schuldenmoratorium für Landwirte durchbringen.

«Wie Steroide statt Medikamente»

Seine Vorschläge werden allerdings von Politikern aus dem gesamten politischen Spektrum kritisiert. Einfach, weil es an konkreten Plänen für nationale Entwicklungsziele fehle. Sirikanya Tansakul, stellvertretender Vorsitzender der eigentlich siegreichen Move-Forward-Partei, die immer noch die Mehrheit im Parlament stellt, verglich diese Politik mit der Anwendung von Steroiden anstelle von Medikamenten zur «Heilung» der wirtschaftlichen Probleme.

Bei all dem darf man nicht vergessen, dass die 10’000 Baht ein Wahlversprechen von Pheu Thai waren. Wenn die Wählerinnen und Wähler das mehrheitlich gewollt hätten, wäre nicht die Move Forward zur stärksten Kraft geworden. Die hatte im Wahlkampf vor allem mit echten Reformvorhaben gepunktet, während Srettha Thavisin alte, populistische Thaksin-Ideen aufzuwärmen scheint. Sirikanya warnte auch davor, dass die jüngst wachsende Abhängigkeit des Landes von ausländischen Geldern ein Echo der früheren Krise sei. Die Auslandsverschuldung Thailands ist im dritten Quartal dieses Jahres auf 190 Milliarden US-Dollar gestiegen, was einem Anstieg von 13 Prozent seit Beginn der Pandemie entspricht.

Der Wirtschaftswissenschaftler Chartchai Parasuk wiederum erklärte in einem Interview mit «Nikkei Asia», dass es besser sei, statt der 10’000 Baht mehr Anreize für ausländische Touristen zu schaffen, indem man deren Besuche subventioniert.

«Die Regierung könnte 5000 Baht für fünftägige Aufenthalte und 8000 Baht für achttägige Aufenthalte anbieten», rechnete Chartchai vor. «Wenn jeder Tourist Thailand für mehr als acht Tage besucht, würde dies 400 Milliarden Baht kosten – aber drei Billionen Baht an Tourismuseinnahmen generieren.» Hört sich eigentlich nach einem guten Plan an.