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Prozess gegen Sterbehilfe-Gründerin
Tessinerin wegen Beihilfe zum Suizid zu bedingter Geldstrafe verurteilt

Hands of a senior woman and her daughter holding each other's hands together.
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Das Kantonsstrafgericht Lugano hat am Mittwoch eine Tessinerin wegen Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die pensionierte Krankenschwester sieben Personen in den Freitod begleitete.

Das Gericht verurteilte die Frau zu einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen à je 40 Franken. Zudem muss die Frau eine Busse in der Höhe von 500 Franken bezahlen. Die pensionierte Krankenschwester habe aus egoistischen Motiven gehandelt, hielt der vorsitzende Richter bei der Urteilseröffnung fest.

Sie habe Personen aus dem nahen Italien in den Tod begleitet. Weil im südlichen Nachbarland der Schweiz die Gesetzgebung restriktiver sei, habe die Beschuldigte die «ökonomische Gelegenheit» für sich genutzt. Als selbständige Krankenschwester und Masseurin habe sie aber bereits gut verdient, nämlich rund 10’000 Franken pro Monat.

Die Frau sei pensioniert und gehe ihrer früheren Tätigkeit nicht mehr nach, begründete der Richter die bedingte Geldstrafe anstelle der bedingten sechsmonatigen Freiheitsstrafe, welche die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Ausserdem leide sie an einer psychischen Störung, die wohl stärker ausgeprägt sei, als das ärztliche Gutachten vermuten lasse.

Sieben assistierte Suizide in kurzer Zeit

Bei der Befragung der Frau vor Gericht hatte der vorsitzende Richter betont, dass diese im Rahmen des Vereins «Carpe Diem» innert sehr kurzer Zeit mehrere Personen in den Freitod begleitet habe. Den Verein hatte die Frau zum Zweck der Sterbebegleitung gegründet.

Laut Anklageschrift verhalf die pensionierte Krankenschwester zwischen Ende Oktober 2016 und Anfang Februar 2017 sieben Personen zum Suizid. Eine achte Person habe sie gratis in den Freitod begleitet, hielt der vorsitzende Richter fest.

Weitere drei Personen hätten sich bei ihr zum begleiteten Freitod informiert, und obwohl die Frau diese potentiellen «Klienten» nie gesehen habe, habe sie ihnen je 1000 Franken verrechnet. Auf die Frage, wieso sie dies getan habe, antwortete die bald 67-Jährige, sie hätte damit Spesen gedeckt. Ausserdem habe sie bereits die Medikamente bestellt, welche ein Arzt verschrieben hatte.

Zudem verrechnete die Frau für ihre Tätigkeit keine einheitlichen Beiträge, sondern verlangte bei jedem Klienten einen anderen Preis, wie der vorsitzende Richter ausführte. Laut Anklageschrift verdiente die Frau bei «Carpe Diem» an den sieben Klienten je zwischen 2500 und 8300 Franken netto.

«Skrupellos gehandelt»

Die Staatsanwältin argumentierte in ihrem Plädoyer, die Frau habe «skrupellos» gehandelt, das Motiv des egoistischen Handelns sah sie als erfüllt an. Sie habe gut verdient und hätte die Sterbebegleitungen auch gratis durchführen können, argumentierte sie. Laut Artikel 115 des Strafgesetzbuches macht sich strafbar, wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmord verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet.

Der Anwalt der Frau gab hingegen zu bedenken, dass Sterbehilfeorganisationen wie «Exit» und «Dignitas» zwischen 7000 und 11’000 Franken pro durchgeführten Suizid verlangten. Wie viel davon als reiner «Verdienst» übrig bleibe, wisse man nicht. Insofern seien die Beträge, welche seine Klientin verlangt habe, vergleichbar mit jenen anderer Sterbehilfeorganisationen.

SDA/oli