Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

US-Abzug aus Afghanistan
Taliban-Elitetruppe rückt an – und inspiziert erbeutete Flugzeuge

Taliban-Spezialeinheiten fahren zum Flughafen von Kabul. (31. August 2021)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Statt Turban tragen sie Helme mit Nachtsichtgeräten, statt traditioneller Gewänder Tarn-Uniformen und kugelsichere Westen, statt Sandalen schwere Kampfstiefel: Die Taliban-Spezialeinheit «Badri 313» hat für die Propaganda der Islamisten seit deren Machtübernahme in Afghanistan einen besonderen Stellenwert. Die gut ausgerüstete Elitetruppe ist nun demonstrativ am Flughafen von Kabul eingerückt – unmittelbar nach dem endgültigen Abzug der US-Truppen.

Schon der Name der Einheit knüpft an islamische Heldengeschichten an: Er spielt auf die Schlacht von Badr im 7. Jahrhundert an, als Prophet Mohammed mit nur 313 Soldaten gegen einen der herrschenden Stämme auf der arabischen Halbinsel gesiegt haben soll. Die Schlacht gilt als Schlüsselmoment der islamischen Frühgeschichte.

Die Spezialeinheit «Badri 313» verfügt nach Einschätzung von Matt Henman, dem Leiter des Bereichs Terrorismus und Aufstände bei der Militärfachzeitschrift «Jane’s», über «wahrscheinlich einige der am besten ausgebildeten und ausgerüsteten Kämpfer» in Afghanistan. Er schätzt ihre Zahl auf ein paar tausend Kämpfer. Henman zufolge ist es «sehr wahrscheinlich, dass sie von Pakistan zumindest eine Grundausbildung bekommen haben».

Mitglieder der Spezialeinheit «Badri 313» sichern den Flughafen in Kabul. (31. August 2021) 

Die Mitglieder von «Badri 313» hätten «ihre Effektivität auf dem Schlachtfeld bewiesen», sagt auch Bill Roggio, Chefredakteur des «Long War Journal», einer US-Zeitschrift, die sich mit dem Krieg gegen den Terror beschäftigt. «Wir haben in der Schlussoffensive seit Mai gesehen, dass die Spezialeinheiten der Taliban eine zentrale Rolle bei der Eroberung Afghanistans gespielt haben», sagt er, schliesst aber eine gewisse Übertreibung in der Taliban-Propaganda nicht aus.

Durch den Sieg über die afghanische Armee sind die Kämpfer nun noch besser ausgerüstet, da sie deren Waffen und Fahrzeuge erbeutet haben, wie auf Bildern im Netz zu sehen ist. Grosse Teile der Ausrüstung stammten ursprünglich aus den USA – und die Einheit hat es sich auch nicht nehmen lassen, die US-Streitkräfte zu verhöhnen: Auf einem Propaganda-Foto sind Kämpfer zu sehen, die eine Taliban-Flagge hissen – ganz im Stil des berühmten Fotos der US-Streitkräfte in der Schlacht von Iwojima in Japan während des Zweiten Weltkriegs.

Mitglieder von «Badri 313» posieren am Flughafen von Kabul für ein Gruppenfoto mit Taliban-Flagge. (31. August 2021)

Über das Militärische hinaus spielt die Einheit allerdings auch eine politische Rolle. Sie ist eng mit dem Haqqani-Netzwerk verbunden, einer berüchtigten Untergruppierung der Taliban. Zwei Vertreter des Netzwerks sind derzeit an den Verhandlungen über die neue Regierung in Kabul beteiligt.

Professionalisierung der Taliban

Die Elitetruppe «Badri 313» stellt laut Roggio «die Kombination aus jahrelanger militärischer Ausbildung durch die Taliban und den Bemühungen des Haqqani-Netzwerks um eine Professionalisierung» der Miliz dar.

Und das mit Erfolg: «Wir haben seit Mitte der 2000er Jahre eine bemerkenswerte Professionalisierung der Taliban erlebt», bestätigt Gilles Dorronsoro, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne. «Der Krieg, den sie führen, ist überhaupt nicht derselbe wie der, den ihre Eltern gegen die Russen geführt haben», sagt er in Anspielung auf den Kampf gegen die sowjetischen Invasoren ab 1979. «Sie haben vor Ort gelernt und sind technisch sehr gut», sagt der Experte.

Talibankämpfer feiern ihren «Sieg» in Kabul in einem erbeuteten Humvee.

Ein Militärexperte, der nicht mit echtem Namen in der Zeitung stehen möchte, aber unter dem Pseudonym «Calibre Obscura» auf Twitter aktiv ist, berichtet der Nachrichtenagentur AFP, dass die Taliban die Spezialeinheit zwischen 2017 und 2020 auch gegen die Jihadistenmiliz Islamischen Staat (IS) eingesetzt hätten. Nun sind die Kämpfer von «Badri 313» zur Sicherung am Flughafen Kabul eingesetzt.

Ausrüstung unbrauchbar gemacht – «bis auf ein paar Feuerwehrautos und Gabelstapler»

Die US-Truppen haben vor ihrem Abzug laut Angaben des Chefs des Zentralkommandos der US-Streitkräfte, General Kenneth McKenzie, ihre zurückgelassene Ausrüstung unbrauchbar gemacht. Dazu zählen dutzende gepanzerte Fahrzeuge, Flugzeuge und das Raketenabwehrsystem C-RAM. 27 Humvees und 70 gepanzerte MRAP-Fahrzeuge. Ebenso sind McKenzie zufolge 73 Flugzeuge, die sich bereits auf dem internationalen Flughafen Hamid Karzai befanden, von den US-Truppen «entmilitarisiert» oder funktionsunfähig gemacht worden.

«Das Einzige, was wir funktionsfähig gelassen haben, sind ein paar Feuerwehrautos und ein paar Gabelstapler, so dass der Flughafen in Zukunft weiter in Betrieb bleiben kann», sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Dienstagmorgen dem Sender CNN. Fluggeräte und Fahrzeuge könnten nicht mehr benutzt werden.

Ein Chinook-Helikopter der USA wird am Kabuler Flughafen zum Abtransport verladen.

Um eine Minute vor Mitternacht Kabuler Zeit am späten Montagabend war das letzte US-Militärflugzeug vom Flughafen Kabul abgehoben. Damit haben die USA ihren Militäreinsatz in Afghanistan nach fast 20 Jahren beendet. Der Abflug der Amerikaner machte Taliban-Kämpfern den Weg auf das Flughafengelände frei, das sie sofort erkundeten.

In einem Video ist zu sehen, wie Männer mehrere Chinook-Helikopter inspizieren. Man sei nicht «übermässig besorgt» über diese Bilder, sagte Kirby. «Wir haben alles getan, was wir konnten, um sicherzustellen, dass diese Ausrüstung in Zukunft nicht mehr von ihnen benutzt werden kann.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Zur «Beute» der Taliban gehörten auch Flugzeuge der afghanischen Luftwaffe, wie Nabih Bulos, Korrespondent für die Los Angeles Times, auf Twitter berichtet. Viele der Flugzeuge und Helikopter scheinen unbrauchbar gemacht worden zu sein, schreibt Bulos.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

//sep/oli