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Diskrepanz bei Suchtprävention
Swisslos sperrt nur 34 Spielsüchtige – bei den Casinos sind es Tausende

Haben das Schweizer Zahlenlotto und Euromillions ein geringeres Suchtpotenzial als Casino-Automaten?
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Online-Casinos sind in der Schweiz erst seit rund drei Jahren erlaubt. Inzwischen bietet rund die Hälfte der 21 Casinos ihre Spiele online an, darunter jene von Basel, Bern und Baden. Vor allem junge Männer versuchen ihr Glück oft mit Geldspielen am Handy. Längst nicht alle haben ihr Spielverhalten im Griff.

Die Stiftung «Sucht Schweiz» sagt, 192’000 Spieler und Spielerinnen in der Schweiz zeigten ein «exzessives Spielverhalten». Nicht alle von ihnen sind spielsüchtig – spielen also pathologisch und zwanghaft. Bei denjenigen, die eine Sucht entwickelt haben, kommen aber oft hohe Schulden hinzu.

Casinos sprechen deshalb regelmässig Spielsperren aus, gestützt auf das Geldspielgesetz. Sie blockieren online jährlich Tausende. Die Zahlen von 2022 sind noch nicht verfügbar, doch 2021 haben die Schweizer Casinos gut 12’000 Personen den Zugang zu Geldspielen verwehrt – den meisten davon online. 2020 waren es rund 10’000. Vor der Einführung der Onlinespiele war die Zahl deutlich kleiner: Da wurden jährlich zwischen 2000 und 3500 Spielsperren verhängt. 

Doch die Casinos sind nicht die einzigen zugelassenen Schweizer Anbieter von Onlinespielen. Auch bei Swisslos und der Loterie Romande nimmt die Nachfrage nach Spielen im Internet zu. Umso erstaunlicher ist es, dass Swisslos letztes Jahr nur gerade gegen 34 Personen Spielsperren ausgesprochen hat.

«Die allermeisten Spiele von Swisslos weisen ein erheblich geringeres Suchtpotenzial auf als die Automatenspiele der Casinos.»

Roger Fasnacht, Direktor von Swisslos

Besonders beliebt sind bei Swisslos neu die Sportwetten. Das Risiko, damit spielsüchtig zu werden, ist beachtlich. Sogar während eines Fussballspiels können weiterhin Tipps abgegeben werden – etwa dazu, welche Mannschaft zu welchem Zeitpunkt das nächste Tor schiesst. Eine Studie, die von der Eidgenössischen Spielbankenkommission in Auftrag gegeben wurde, zeigt, dass Live-Sportwetten ein ähnlich hohes Suchtpotenzial aufweisen wie die Automatenspiele der Casinos.

Hat Swisslos die gesetzlich vorgeschriebene Suchtprävention nicht im Griff?

Roger Fasnacht, der Direktor von Swisslos, weist diesen Vorwurf von sich: «Die allermeisten Spiele von Swisslos weisen ein erheblich geringeres Suchtpotenzial auf als die Automatenspiele der Casinos.»

Viele der gesperrten Spielerinnen und Spieler gingen einfach im nahen Ausland wieder ins Casino. Spielautomaten im Casino Schaanwald in Liechtenstein. 

Wie hoch die Gefahr, süchtig zu werden, für Spielerinnen und Spieler ist, bestimmt die Aufsichtsbehörde für jedes Swisslos-Spiel einzeln. Dazu gibt es Messinstrumente, die das Gefahrenpotenzial ermitteln. Schnelle Spiele, bei welchen ein grosser Teil der Spieleinsätze als Gewinne wieder ausgeschüttet werden, bergen für Spielerinnen und Spieler, die zum Suchtverhalten neigen, eine höhere Gefahr. Casino-Automatenspiele brächten eine solche gefährliche Kombination, sagt Fasnacht. Die meisten Spiele von Swisslos hätten hingegen deutlich weniger Suchtpotenzial. Daher gebe es auch weniger Spielende, die gesperrt werden müssten.

Der Swisslos-Chef setzt zudem stärker auf andere Präventionsmassnahmen als die Casinos.

Roger Fasnacht ist seit 2006 der Direktor von Swisslos. Gemäss interkantonaler Vereinbarung ist Swisslos verpflichtet, den Kantonen eine Spielsuchtabgabe zur Bekämpfung der Spielsucht auszuzahlen. Diese beträgt jährlich 0,5 Prozent der im jeweiligen Kantonsgebiet erzielten Bruttospielerträge.

Swisslos setze deshalb stark auf freiwillige Selbstbeschränkungen. Wie viel Geld ein Spieler monatlich einsetzt, können die Betreiber von Onlinespielen einfach feststellen. Swisslos beschäftigt gemäss Fasnacht zwei Psychologinnen, die den Kontakt zu auffälligen Spielerinnen und Spielern suchen. Sie würden ihnen etwa eine freiwillige Beschränkung vorschlagen und Kontakte zu Hilfsangeboten vermitteln. Manche Spieler müssten auch vorübergehend aussteigen.

«Viele der gesperrten Spielerinnen und Spieler machen dann einfach mit illegalen Onlinespielen weiter oder gehen in Casinos im benachbarten Ausland.»

Roger Fasnacht, Direktor von Swisslos

Letztes Jahr haben sich laut Fasnacht 2881 Personen selbst vorübergehend vom Online-Spiel bei Swisslos ausgeschlossen. Nützen die freiwilligen Massnahmen nichts, prüft Swisslos eine Spielsperre. Jede einzelne muss dabei über den Tisch des Direktors von Swisslos. Er sagt, es sei falsch, davon auszugehen, dass alle gesperrten Personen spielsüchtig seien. «In sehr vielen Fällen erfolgt die Sperre, wenn sich Spieler nach einem auffälligen Spielverhalten weigern, ihre finanziellen Verhältnisse offenzulegen.» Dann sei der Verband gesetzlich verpflichtet, die Spieler zu sperren.

Fasnacht bezweifelt zudem den Nutzen von Spielsperren: «Viele der gesperrten Spielerinnen und Spieler machen danach einfach mit illegalen Onlinespielen weiter oder gehen in Casinos im benachbarten Ausland»,  sagt Fasnacht. Man überlasse damit diese Spielenden einfach ihrem Schicksal.

Marc Friedrich, der Geschäftsführer des Schweizer Casinoverbands, sagt demgegenüber, die Casinos würden Informationen über Angebote zur Unterstützung und Behandlung von gefährdeten Personen zur Verfügung stellen. Sie informierten zudem auch über Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen. Und, so Friedrich: «Verschiedene Casinos leisten einen finanziellen Beitrag an Behandlungskosten.» Allerdings würden nur sehr wenige Personen diese Angebote annehmen.

Es scheint, als hätten Suchtpräventionsorganisationen, Casino-Betreiber, Lotterieanbieter und die kontrollierende Eidgenössische Spielbankenkommissionen bisher noch keine ideale Lösung zur Bekämpfung des Problems Spielsucht gefunden.