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SVP-Motion scheitert
Nationalrat stimmt für Verbleib in Menschen­rechts­konvention

Bundesrat Beat Jans spricht bei den Debatten ueber die Ausserordentliche Session "EMRK", waehrend der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 24. September 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid für den Verbleib in der Menschenrechtskonvention mit 121 zu 65 Stimmen bei einer Enthaltung. Nur eine Ja-Stimme kam von ausserhalb der SVP-Fraktion.

Hintergrund der Sonderdebatte war das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall der Klimaseniorinnen vom vergangenen Frühjahr. Der Strassburger Gerichtshof hielt darin fest, dass die Schweiz ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen beim Klimaschutz nicht nachgekommen sei.

SVP kritisiert Gericht in Strassburg

Konkret forderte die SVP die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auf den nächstmöglichen Termin. «Wenn man anfängt, Gerichte über politische Maximen befinden zu lassen, hebelt man die Demokratie aus», schrieb sie in der Begründung der Motion.

Die Strassburger Richter leiteten laufend neue Ansprüche aus der Menschenrechtskonvention ab, statt sich auf den Schutz der Bürger vor Übergriffen des Staates zu konzentrieren. Damit schaffe das Gericht Verpflichtungen, zu denen sich die Vertragsstaaten nicht bekannt hätten, und verletze deren Souveränität.

Mit ähnlichen Argumenten hatten in der Sommersession beide Räte das Klima-Urteil in Erklärungen kritisiert. Eine Kündigung ging einer Mehrheit im Nationalrat jedoch zu weit.

Michael Graber (SVP) stellte die Verdienste der Konvention in der Vergangenheit nicht infrage. Er warf den Strassburger Richtern jedoch vor, heute Politik zu machen. Das Klima-Urteil sei eine Verhöhnung jener, die tatsächlich von Folter betroffen seien. «Unsere Demokratie basiert nicht auf den Launen von fremden Richtern.» Zudem seien die Grundrechte bereits in der Bundesverfassung garantiert.

Kritik von Amnesty

Die anderen Fraktionen gaben keine Voten ab. Trotzdem entwickelte sich so etwas wie eine Debatte. Ratsmitlieder stellten eine ganze Reihen von Zwischenfragen an Graber und an Justizminister Beat Jans.

Christian Dandrès (SP/GE) wies Graber darauf hin, dass sich bisher nur ein Land freiwillig aus der Konvention zurückgezogen habe. Griechenland war 1969 – in der Zeit der Militärdiktatur – aus dem Europarat ausgetreten.

Schon im Vorfeld der Debatte hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Kritik geübt. Die Schweiz sende damit ein gefährliches Signal an Staaten wie Russland, die Türkei oder Ungarn, die den gemeinsamen Menschenrechtsschutz bereits frontal angriffen.

Der Bundesrat erinnerte daran, dass verschiedene einst kontroverse Urteile des Strassburger Gerichtshofs in den letzten fünf Jahrzehnten heute unbestrittenen rechtsstaatlichen Verbesserungen zum Durchbruch verholfen und den Schutz der Grundfreiheiten in der Schweiz gestärkt hätten. Die Schweiz sei zudem vom Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg nicht oft verurteilt worden.

Die Landesregierung betonte, sie nehme die Kritik an der Rechtsprechung des Gerichtshofs ernst. Auf internationaler Ebene hätte die Kündigung der Menschenrechtskonvention jedoch gravierende Nachteile für die politische Glaubwürdigkeit und den Ruf der Schweiz, warnte sie. Denn eine Kündigung würde zum Ausscheiden der Schweiz aus dem Europarat und zu einer aussenpolitischen Isolierung der Schweiz führen.

«Auf der Stufe von Russland»

«Die Schweiz würde sich quasi auf die Stufe von Russland und Belarus stellen», sagte Justizminister Beat Jans. Die demokratischen Länder verteidigten die EMRK. Die Möglichkeit, Urteile nach Strassburg weiterzuziehen, stärke das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat.

Schon im August hatte der Bundesrat festgehalten, dass die Rechtsprechung nicht zu einer Ausweitung des Geltungsbereichs der EMRK führen dürfe. Namentlich eine Erweiterung des Verbandsbeschwerderechts auf Klimafragen lehnte er in der Stellungnahme ab.

Vom Tisch ist die Forderung der SVP nach einer Kündigung der EMRK nicht. Im Ständerat ist am Mittwoch eine gleichlautende Motion des Thurgauer Ständerats Jakob Stark traktandiert. In Rahmen einer Sonderdebatte wird die kleine Kammer auch über weitere Vorstösse zum Thema zu befinden haben. Eine Motion aus den Reihen der FDP will, dass sich der Gerichtshof auf seine Kernaufgabe besinnt. Der Bundesrat empfiehlt jenen Vorstoss zur Annahme und hat sich bereiterklärt, gemeinsam mit anderen Staaten auf dieses Ziel hinzuwirken. Die SP wiederum will mit einem Postulat Abklärungen zu den Folgen des Klima-Urteils für die Schweiz.

SDA/aeg