Hürde für Bidens KlimaagendaSupreme Court schränkt Kampf gegen Klimawandel ein
Das höchste US-Gericht hat die Fähigkeit der Regierung geschwächt, ihre Umweltpolitik voranzutreiben. Die nationale Umweltschutzbehörde habe kein Recht, Kohlekraftwerke zu Emissionssenkungen zu verpflichten.
Der Oberste Gerichtshof der USA hat die klimapolitischen Pläne von US-Präsident Joe Biden durchkreuzt. Die Richter schränkten am Donnerstag mit einem Urteil zu den Befugnissen der Umweltschutzagentur EPA den Handlungsspielraum der Regierung im Kampf gegen den Klimawandel drastisch ein. Das Weisse Haus sprach von einer «verheerenden» und «rückwärtsgewandten» Entscheidung.
Konkret entschieden die Richter, dass die EPA keine generellen Grenzwerte für den CO2-Ausstoss von Kohlekraftwerken hätte festlegen dürfen. Die Agentur hatte dies ab 2015 auf Geheiss des ehemaligen Präsidenten Barack Obama getan, der wie Biden den Demokraten angehört.
Das neunköpfige Richtergremium kam zwar grundsätzlich zu dem Schluss, dass die Festlegung von Obergrenzen für CO2-Emissionen zur Abkehr von der Kohleverstromung «eine vernünftige Lösung» für den Kampf gegen die Erderwärmung sein könnte. Aber es sei nicht plausibel, dass der Kongress der Umweltbehörde eine solche Befugnis erteilt habe. «Eine Entscheidung von solcher Tragweite und Konsequenz obliegt dem Kongress selbst oder einer Behörde, die auf der Grundlage einer klaren Anweisung dieses repräsentativen Organs handelt.»
Die Kohleindustrie hatte sich jahrelang gegen die Auflagen gewehrt. Auch die konservativen Republikaner, die staatliche Regulierung der Industrie grundsätzlich skeptisch sehen, warfen der EPA vor, ihre Kompetenzen zu überschreiten. Der republikanische Präsident Donald Trump hatte versucht, die EPA schwächen.
Biden hingegen wollte den von Obama eingeschlagenen Kurs fortsetzen und für die Reduzierung des CO2-Ausstosses im Land auch in anderen Bereichen die EPA einsetzen. Beobachter fürchten nun zudem, dass sich das Urteil auf weitere staatliche Regulierungsbehörden, etwa die Agentur für Arbeitssicherheit, auswirken und die Macht der Industrie in vielen Sektoren erheblich stärken könnte.
Liberale unterliegen konservativen Richtern
Die Entscheidung am Donnerstag wurde mit einer Mehrheit von sechs der neun Obersten Richter getroffen. Die drei Gegenstimmen kamen aus dem liberalen Lager, das seit Trumps Amtszeit im Obersten Gerichtshof in der Minderheit ist.
«Unser Planet steht in Flammen und dieser extremistische Oberste Gerichtshof zerstört die Fähigkeit der Regierung, sich zu wehren»
Die drei als liberal geltenden Richterinnen und Richter stimmten gegen die konservative Mehrheit. «Das Gericht ernennt sich selbst – und nicht den Kongress oder die zuständige Behörde – zum Entscheidungsträger in der Klimapolitik. Ich kann mir nicht viele Dinge vorstellen, die angsteinflössender sind», schrieb Richterin Elena Kagan.
Der Gerichtshof «gefährdet unsere Fähigkeit, die Luft sauber zu halten und den Klimawandel zu bekämpfen», erklärte ein Sprecher des Weissen Hauses. Die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez sprach von einer «katastrophalen» Entscheidung. «Unser Planet steht in Flammen und dieser extremistische Oberste Gerichtshof zerstört die Fähigkeit der Regierung, sich zu wehren», erklärte die Senatorin Elizabeth Warren.
Der aktuelle Fall vor dem Supreme Court sei das «Ergebnis einer koordinierten, mehrjährigen Strategie» von republikanischen Generalstaatsanwälten, konservativen Rechtsaktivisten und deren Geldgebern, die Fähigkeit der Exekutive zum Kampf gegen die Aufheizung des Planeten zu schwächen, hatte die «New York Times» bereits zuvor geschrieben. Die Kläger, von denen einige Verbindungen zur Öl- und Kohleindustrie haben, wollten den sogenannten Verwaltungsstaat eindämmen.
Mit dem Rechtsspruch geht beim Obersten Gericht eine denkwürdige Sitzungsperiode zu Ende. Der Supreme Court, in dem sich durch die Ernennung von drei Richtern durch Präsident Trump die Mehrheitsverhältnisse stark zugunsten der Konservativen verschoben haben, hatte in den vergangenen Wochen mehrere umstrittene Entscheidungen gefällt. So stärkten die Richter etwa das Recht auf Tragen einer Waffe und kippten das landesweite Recht auf Abtreibung.
Auch ab Herbst werden wieder weitreichende Entscheidungen erwartet. Das Gericht prüft etwa eine Klage zum Wahlrecht, bei der es um die Frage geht, ob Bundesstaaten Regeln aufstellen dürfen, die Gerichte zuvor bereits als verfassungswidrig eingestuft haben. Das betrifft vor allen Dingen das sogenannte Gerrymandering – also die politische Praxis der beiden dominanten Parteien, die Grenzen von Wahlbezirken zum eigenen Vorteil zu manipulieren.
SDA/AFP/aru
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