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Meinung

Kaltërina Latifi kritisiert hohe Studiengebühren
Ohne Geld kein Geist

Wer in England studieren will, muss heute etwas mehr als 9000 Pfund pro Jahr hinblättern. Nicht-Briten bezahlen je Studienrichtung und angestrebten Abschluss bis zum Dreifachen. Man verdeutliche sich das einmal: Selbst in der ansonsten nicht günstigen Schweiz belaufen sich die Studiengebühren gegenwärtig auf «wohlfeile» 750 Franken pro Semester (im Schnitt).

Aber zurück zu England: Zu den Studiengebühren kommen Kosten für den Lebensunterhalt hinzu, die gerade in Städten wie London, Oxford und Cambridge – wo sich die umschwärmten Eliteunis befinden – nahezu unbezahlbar geworden sind. Es sei denn, man stammt aus einer sehr wohlhabenden Familie, dann ist weder das eine noch das andere ein nennenswertes Hindernis. Und wer keine reichen Eltern hat? Der nimmt ein Studentendarlehen auf, das er, sobald er sein Studium beendet und zu arbeiten begonnen hat, wieder abtragen muss. Also kein Grund zur Sorge.

Laut «Guardian» befand sich die studentische Durchschnittsverschuldung nach dem Abschluss eines Bachelors im Jahre 2020 bei 45’000 Pfund (der Höchstbetrag bei einer einzelnen Person belief sich sogar auf 189’700 Pfund). Das Higher Education Policy Institute warnt davor, dass solche hohen Schuldsummen junge Menschen «auslaugen» und unter anderem beim Karrierestart nach abgeschlossenem Studium benachteiligen.

Die Aussicht auf ein Leben mit Schuldenlasten macht vielen Angst, gerade angesichts hoher Kreditzinsen. Wer Schulden hat, neigt – eher als jemand ohne Schulden – dazu, nach dem Uniabschluss den nächstbesten, in der Regel schlecht bezahlten Job anzunehmen, um nur ja nicht noch tiefer in die roten Zahlen zu geraten. Zwangsläufig kommt hinzu, dass sich wegen der finanziellen Belastung viele nicht trauen, einen Master anzuschliessen, geschweige denn ein Doktoratsstudium.

Als philanthropisch eingestellter Mensch mit etwas gesundem Verstand würde man hier wohl einhaken wollen: Ist das nicht ungerecht? Wie ich während meiner ersten Zeit in London, wo ich seit 2016 in unregelmässigen Abständen wohne und arbeite, zu hören bekommen habe: Mitnichten! Ja, ganz im Gegenteil, erklärte man mir dort, die unter Tony Blair eingeführten und während der Amtszeit von David Cameron verdreifachten «tuition fees» (Studiengebühren) förderten sogar die Gleichberechtigung. Denn seit ihrer Einführung habe sich die Zahl der Menschen aus sozial schwächeren Familien an den englischen Universitäten erhöht.

Die Zahlen scheinen dies tatsächlich zu bestätigen. Dass wir es hier aber mit einer löblichen Ursächlichkeit zu tun haben, wage ich dennoch zu bezweifeln. Denn man könnte umgekehrt behaupten: Trotz der horrenden Studiengebühren wollen immer mehr Kinder armer Familien studieren. Keine Hürde ist ihnen zu gross, keine Verschuldung zu hoch, um aus sozial schwachen Verhältnissen auszubrechen und auf ein besseres Leben zu setzen!

Und was macht die Politik? Sie schaut dieser verhängnisvollen Spirale nach Art des Nachtwächterstaates aus dem 19. Jahrhundert zu. Das alte Laissez-faire-Prinzip kommt wieder zu problematischen Ehren, denn Universitätspolitik in Britannien richtet sich längst nur noch nach Angebot und Nachfrage – und gehorcht in Wirklichkeit einzig und allein den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft ohne soziale Verantwortung.