Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Subventionen mit wenig Wirkung
Stromproduzenten erhalten Milliarden für wenig Strom

Der Engstligenbach, bevor er vom Kraftwerk der Bergbahnen zur Erzeugung von Strom genutzt wird. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Vor dreieinhalb Jahren wurde das neue Energiegesetz an der Urne angenommen. Seit Anfang 2018 bezahlen Stromkonsumenten 2,3 Rappen pro Kilowattstunde in einen Fonds ein, der zur Förderung von erneuerbaren Energien eingesetzt wird, knapp viermal mehr als vorher. Doch das Geld landet zu einem guten Teil bei kleinen Wasserkraftwerken, die nur wenig Strom produzieren und damit wenig zur Energiestrategie beitragen.

Dies geht aus den neusten Zahlen hervor, welche die Solar-Agentur aus Anlass der Verleihung des Solarpreises veröffentlicht hat. Die Subvention wurde 2009 eingeführt. Aufgrund von öffentlich zugänglichen Zahlen des Bundesrates rechnet die Solar-Agentur mit Subventionen von insgesamt drei Milliarden Franken bis 2035.

Viel Geld für wenig Potenzial

Der damit geförderte Ausbau der inländischen Stromproduktion beträgt laut Bundesrat 1,5 Terawattstunden pro Jahr. Dies ist nur ein Bruchteil des Potenzials, das der Bundesrat bei der Sonnenenergie ausgemacht hat. Mit Solarzellen könnten 67 Terawattstunden pro Jahr produziert werden, und dies zu deutlich tieferen Kosten. Noch grösser ist das Potenzial, mit Wärmedämmung Strom zu sparen. Dort rechnet der Bundesrat gar mit 90 Terawattstunden pro Jahr.

Die Solar-Agentur rechnet aufgrund dieser Zahlen vor, dass man mit dem gleichen Steuergeld mehr als sechsmal so viel Strom produzieren könnte, wenn man damit Solardächer statt Kleinwasserkraftwerke baue. Doch Solaranlagen auf bestehenden Gebäuden werden heute gemäss Gesetz nur zu maximal dreissig Prozent subventioniert, grosse Wasserkraftwerke nur zu maximal sechzig Prozent.

«Eigentlich ist es ein Betrug an den Stromkonsumenten.»

Reto Wehrli, Präsident Greina-Stiftung

Ganz anders bei den kleinen Wasserkraftwerken: Die Solar-Agentur hat Beweise gesammelt, dass die Kleinwasserkraftwerke sogar mehr Subventionen erhalten, als der Strom eigentlich kostet. Sie hat Zahlen von elf Kleinwasserkraftwerken, die alle zwei- bis viermal so viel Subventionen erhalten, als die Kraftwerke gekostet haben. «Für die Kraftwerksbesitzer ist das ein todsicheres Geschäft», sagt der Präsident der Greina-Stiftung und ehemalige CVP-Nationalrat Reto Wehrli, der den Solarpreis unterstützt. Die Renditen betragen bis zu zehn Prozent pro Jahr. «Eigentlich ist es ein Betrug an den Stromkonsumenten.» Diese bezahlten eine Förderabgabe im Glauben, etwas für die erneuerbare Stromproduktion zu tun, und dann werde es nicht dort eingesetzt, wo es am meisten bringe.

Viermal mehr

Ein Beispiel: Die Bergbahnen Engstligenalp bei Adelboden erneuerten vor zehn Jahren ein kleines Wasserkraftwerk. Gemäss dem technischen Bericht der Anlage kostet die Kilowattstunde Strom aus dem Werk 16,3 Rappen inklusive Wasserzins. Die Subvention beträgt hingegen 19,5 Rappen pro Kilowattstunde. Die Subvention über 25 Jahre beträgt fast das Vierfache der Investitionskosten.

Insgesamt enthält der Bericht elf ähnliche Kraftwerksprojekte. Zahlreiche stehen im Wallis, aber auch in der Waadt, in Solothurn oder im Kanton St. Gallen gibt es Kraftwerke. Schweizweit sind laut Pronovo, der Vollzugstelle des Bundes für die Förderung erneuerbarer Energien, 647 derartige Anlagen in Betrieb, weitere 91 haben einen positiven Entscheid für ihre Subventionen erhalten, und 236 stehen auf der Warteliste, total also fast 1000 Anlagen. Da die technischen Berichte nicht für alle Anlagen öffentlich zugänglich sind, lässt sich nicht sagen, wie viele tatsächlich zu viel Subventionen erhalten. «Aber wir haben noch kein Projekt gefunden, das weniger Subventionen erhält, als für den Bau investiert wurden», sagt Reto Wehrli.

Das Bundesamt für Energie (BFE) will die Berechnung der Solar-Agentur zwar nicht bestätigen, aber auch nicht ablehnen. Das BFE betont, dass die Zahlungen je nach Produktion schwanken würden. Neue Kleinkraftwerke kämen nicht hinzu, schreibt das Bundesamt. Laut Bundesrat laufen die bestehenden Subventionen jedoch noch durchschnittlich 17 Jahre weiter. Der Verband der Kleinwasserkraft schreibt, die Berechnung sei «ungefähr richtig». Bei den Beispielen handle es sich allerdings um Ausnahmefälle.

«Der Bund subventioniert mit dem Geld aus der Förderabgabe die Zerstörung der Natur.»

Dani Heusser, WWF

Die Kraftwerke haben auch Folgen für die Natur. Viele von ihnen liegen in einer vom Bund ausgeschiedenen schützenswerten Landschaft. Daniel Heusser begleitet für den WWF die Bauprojekte. Ein Kraftwerk bedeutet, dass teilweise über neunzig Prozent des Wassers vom normalen Bachbett abgezweigt wird. «Manchmal gelingt es uns, einen guten Ausgleich für die Naturzerstörung auszuhandeln», sagt er. «Doch meistens beeinträchtigen die Projekte wertvolle Naturlandschaften und Lebensräume für seltene Arten massiv.» Während in einem naturbelassenen Bach im Lötschental 57 Insektenarten gefunden wurden, gab es auf der Fafleralp im gleichen Tal, wo ein Kraftwerk steht, fast keine mehr. «Der Bund subventioniert mit dem Geld aus der Förderabgabe die Zerstörung der Natur», sagt Heusser, «statt das Potenzial der Sonnenenergie zu nutzen.»