Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Aufarbeitung der Ibiza-Affäre
Strache zeigt keine Reue

«Die medialen Anschuldigungen sind falsch»: Österreichs ehemaliger Vizekanzler Heinz-Christian Strache sieht sich als Opfer.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es sind erst ein paar Minuten vergangen, als sich Heinz-Christian Strache im «Lokal 7» der Wiener Hofburg erstmals auf die Menschenrechtskonvention bezieht. Er habe das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf Akteneinsicht, betont der frühere Vizekanzler Österreichs und langjährige FPÖ-Chef. Seit Jahren habe es einen Plan gegeben, ihn «zu vernichten», sagt Strache. Deshalb werde er von seinem Recht auf Auskunftsverweigerung Gebrauch machen, wenn es um Vorwürfe gehen sollte, zu denen es laufende Verfahren gebe und er noch keine Möglichkeit der Akteneinsicht bekomme habe.

Es ist der erste Tag von voraussichtlich vielen Tagen im Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre im österreichischen Parlament. Und auch wenn die Abgeordneten im Ausschuss das Ibiza-Video selbst noch nicht auswerten konnten – das soll erst in einigen Wochen nach Freigabe durch die Justiz passieren –, haben sie für den Auftakt die «Hauptdarsteller» des Videos geladen: Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus.

Symptom eines versumpften Systems

Die von der «Süddeutscher Zeitung» und dem «Spiegel» veröffentlichten Szenen aus dem Ibiza-Video hatten in Österreich im Mai 2019 eine schwere Regierungskrise ausgelöst. Strache zeigte sich darin in Gesprächen mit einer vermeintlichen Oligarchen-Nichte offen für Korruption. Eingefädelt hatte das Treffen sein damaliger Parteikollege und Intimus Gudenus. Nach der Veröffentlichung traten beide von allen Ämtern zurück. Die damalige Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbrach.

Im Fokus des Untersuchungsausschusses stehen nicht nur Strache und Gudenus, es soll vielmehr auch allgemein um Postengeschacher und Käuflichkeit in der ÖVP-FPÖ-Koalition zwischen Dezember 2017 und Mai 2019 gehen – darum, ob Ibiza nur das Symptom eines versumpften Systems war. In den nächsten Wochen sind daher viele weitere prominente Auskunftspersonen geladen, darunter auch Kanzler Sebastian Kurz.

Es geht um Untreue, Betrug und Bestechlichkeit

Am späten Nachmittag nimmt der frühere FPÖ-Chef hinter Corona-bedingtem Plexiglas im Ausschusssaal Platz. Die Abgeordneten mühen sich, das Netz an Affären, das längst nicht mehr nur Ibiza betrifft, zu entwirren und den früheren Spitzenpolitiker immer wieder zur Auskunft zu bewegen. Denn die Liste an Vorwürfen ist lang, die Justiz ermittelt gegen Strache unter anderem wegen des Verdachts der Untreue, Betrugs und Bestechlichkeit.

Auf Ibiza hat der damalige FPÖ-Chef die willkürliche Vergabe von Staatsaufträgen, künstlich überhöhte Summen bei Staatsaufträgen und Konstrukte für illegale Parteispenden in Aussicht gestellt. Inzwischen gibt es auch Hinweise auf solche Spenden, auf Mandatskäufe und überzogene Spesenrechnungen zulasten seiner Partei. Strache soll in seiner Regierungszeit eine Gesetzesänderung für einen Bekannten forciert haben, den Betreiber einer Wiener Privatklinik. Die Staatsanwaltschaft muss nun klären, ob es tatsächlich eine Gegenleistung in Form von Flügen im Privatjet für Strache gab, wie österreichische Medien berichten.

Aufnahmen angeblich «nicht authentisch»

Strache selbst bestreitet alle alten und neuen Vorwürfe. Und das macht er auch vor dem Untersuchungsausschuss. Der Rechtspopulist betont wieder und wieder seine mehrfach geprobte Verteidigungsstrategie: Die veröffentlichten Szenen seien aus dem Zusammenhang gerissen und manipulativ. Die Aufnahmen von ihm seien «nicht authentisch», auch wenn Strache durchaus zugesteht, dass es kein «philosophischer Abend» gewesen sei. Zu den anderen Verfahren könne er nichts sagen, da die Ermittlungen noch laufen, nur so viel: «Die medialen Anschuldigungen sind falsch.»

Die Abgeordneten können dem wenig entgegensetzen, sie verweisen auf das noch nicht vorgelegte Video, weshalb man Straches Aussagen nicht überprüfen könne. Hier zeigt sich auch die grundsätzliche Problematik dieses Auftakts: Obwohl die österreichischen Behörden Mitte Mai überraschend die Beschlagnahmung des Videomaterials verkündet hatten, ist es bisher noch nicht zur Übergabe an den Untersuchungsausschuss gekommen. Das soll erst in den kommenden Wochen passieren, wenn Ermittler und Justiz die Aufnahmen ausgewertet haben.

Auch Strache will Video nicht freigeben

Strache selbst hat, nachdem er mehrfach die Herausgabe des Videos gefordert hatte, nun die Veröffentlichung in voller Länge abgelehnt, weil er darin «hässliche, ungeprüfte, gräusliche Gerüchte» über andere Leute erzählt habe. Gut möglich, dass sich Strache nach Übergabe des Videos an den Ausschuss erneut als Zeuge vorladen lassen muss. Dann sollte der Verweis auf das nicht vorliegende Video zumindest kein Thema mehr sein.