Weniger Mitleid für MännerStellt euch nicht so an!
Im Namen eines höheren Gutes Nachteile in Kauf nehmen? Das ist nur okay, wenn es Männer trifft – finden vor allem Frauen.
Männer weinen heimlich, hat Herbert Grönemeyer mal gesungen. Das mag so sein, und vermutlich bleibt das aus einem schlichten Grund auch weiter so: Stimmen Männer öffentliche Klagen darüber an, dass sie es auch ein bisschen schwer haben, stossen sie im günstigsten Fall auf Desinteresse. Jetzt stellt euch nicht so an, heisst es dann oft sinngemäss in sozialen Medien.
In diesem Sinne lässt sich auch eine Studie interpretieren, die gerade Psychologen um Maja Graso der Universität Groningen in der Fachzeitschrift «Archives of Sexual Behavior» publiziert haben. Ziehen Massnahmen, von denen am Ende alle oder wenigstens viele profitieren, Kollateralschäden nach sich, gilt dies vor allem dann als akzeptabel, wenn diese Nachteile Männer treffen. Und vor allem sind es offenbar Frauen, die so denken.
Männer sollen leiden
Die Psychologen um Graso legten ihren insgesamt mehr als 600 Probanden kurze Schilderungen sozialer Interventionen vor, die diese bewerten sollten. Dabei ging es zum Beispiel darum, das Arbeitsklima in einem grossen Betrieb zu verbessern, Menschen mit chronischen Schmerzen zu helfen oder schwache Schüler zu unterstützen. Stets zogen die Massnahmen allerdings Kosten nach sich, so wie es auch im echten Leben ist: Nichts ist umsonst, und wenn der Preis nur in verstärkter Anstrengung besteht. Die Studienteilnehmer mussten schliesslich angeben, wie akzeptabel die geschilderten Massnahmen seien.
Die männlichen Probanden machten ihr Urteil im Durchschnitt nicht davon abhängig, ob die Kollateralschäden Männer oder Frauen trafen. Sie fanden in der Regel beides akzeptabel, wenn dafür ein höheres Gut beziehungsweise ein wünschenswertes Ziel erreicht würde.
Das Urteil der Frauen fiel anders aus: Sie fanden es im Durchschnitt deutlich weniger akzeptabel, wenn Frauen die Kosten oder Kollateralschäden zu tragen hatten. «Männer zeigten keinen derartigen Gender-Bias», schreiben die Autoren um Graso. Nur in einer Variante der Experimente waren sich Frauen und Männer weitgehend einig: Ging es um Kinderbetreuung oder die Pflege von Alten oder anderen vulnerablen Personen, galt es allen im Durchschnitt als weniger akzeptabel, wenn Frauen die Kosten dafür zu tragen hatten, dass sich etwas zum Positiven ändert.
Wenig Mitleid für Männer
Frauen und Kinder zuerst: Das gilt also wohl nicht nur im Fall von Schiffsunglücken. Generell, so die Forscher um Graso, hätten Männer mit wenig Mitleid zu rechnen. In Studien zum berühmten Trolley-Problem – um mehrere Menschen zu retten, muss aktiv eine einzelne Person geopfert werden – zeigen Probanden weniger Skrupel, einen Mann als eine Frau dem Tod zu überlassen. Andere Studien zeigen, dass Männer im Vergleich zu Frauen härtere Strafen für die gleichen Vergehen bekommen und es in Notlagen auch weniger wahrscheinlich ist, dass ihnen geholfen wird. Das alles lege nahe, dass Kollateralschäden auch dann eher als akzeptabel gelten, wenn Männer diese zu tragen haben, so das Team um Graso.
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