Pressefreiheit in GriechenlandStatt korrupter Politiker muss die Journalistin vor den Richter
Gianna Papadakou recherchiert zu den schlampigen Ermittlungen in der Novartis-Affäre. Nun muss sie sich deswegen vor der Justiz verantworten.
Sie hat schon viele Skandale erlebt und wurde auch schon vor den Richter gezerrt. Die Journalistin Gianna Papadakou vom Athener Sender Alpha TV gehört seit Jahren zu den härtesten Journalistinnen Griechenlands. Doch nun erreichen die Angriffe gegen sie eine neue Dimension: Sie soll für ihre Recherchen verurteilt werden.
Papadakou berichtet regelmässig über den Novartis-Skandal. Der Fall liegt bereits mehrere Jahre zurück. Dem Pharmakonzern wurde vorgeworfen, zwischen 2006 und 2015 Mitarbeiter staatlicher Spitäler in Griechenland bestochen zu haben, damit diese auf Medikamente des Schweizer Konzerns setzen. Die US-Behörden kamen der Sache auf die Schliche und forderten von Novartis eine Geldstrafe von 345 Millionen Dollar ein. Die USA verfolgen Vergehen von Firmen im Ausland.
Doch in Griechenland passierte nichts. Dafür kann der Schweizer Konzern wenig, hat er laut eigenen Angaben doch stets mit den Ermittlern kooperiert. Die Recherchen von Papadakou und anderen Journalisten deuten aber darauf hin, dass wichtige Entscheidungsträger in der griechischen Politik das Verfahren sabotieren, um hochrangige Beamte zu schützen.
So zeigten die Journalisten auf, dass die Ermittlungen im Novartis-Fall der zuständigen Staatsanwältin mit einer fadenscheinigen Begründung entzogen wurden. Doch nicht nur das, es wurde gleich auch noch ein Verfahren gegen sie eingeleitet.
Die Berichte schrecken auch die griechische Justiz auf. Das führt aber nicht dazu, dass sie sich der Fragen annimmt, welche diese aufwerfen, sondern sie ermittelt stattdessen gegen kritische Reporter.
Der Vorwurf lautet: Fake News
Denn mit Papadakou wird auch gegen Kostas Vaxevanis, ebenfalls ein bekannter Rechercheur und Herausgeber der Athener Zeitung «Documento», ermittelt.
Unter anderem wirft die Justiz Papadakou vor, Fake News zu verbreiten. Das entsprechende Gesetz wurde erst kürzlich eingeführt. Es ist hoch umstritten, denn der Begriff Fake News ist äusserst schwammig formuliert. Journalistenorganisationen kritisieren den neuen Paragrafen daher als eigentlichen Zensurartikel der konservativen Regierung Kyriakos Mitsotakis.
Vaxevanis wird hingegen der Verschwörung zum Machtmissbrauch und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Bande beschuldigt. Dafür drohen bis zu zwanzig Jahre Haft.
Die griechische Journalistengewerkschaft verurteilt die Vorladung von Papadakou scharf. Investigativer Journalismus sei ein Bestandteil der von der Verfassung geschützten Pressefreiheit und dürfe nicht strafrechtlich verfolgt werden.
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Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen kritisiert die Anklagen gegen Papadakou und Vaxevanis ebenfalls. «Die Strafverfolgung, die politisch motiviert zu sein scheint und versucht, den Journalismus im öffentlichen Interesse mundtot zu machen, muss aufhören», schreibt die Organisation in einem Tweet.
In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist Griechenland weiter zurückgefallen und liegt gerade noch auf Rang 70 von 180. Zum Vergleich: Die Schweiz liegt auf Rang 10.
Die Unterstützung für die beiden Journalisten ist in Griechenland gross. Als Vaxevanis am Mittwoch für seine Aussage vor dem obersten Gerichtshof in Athen erschien, wurde er von Dutzenden Unterstützern empfangen und bejubelt. Nach seinem Gerichtstermin sagte er: «Es geht bei dieser Sache nicht um mich, es geht um die Demokratie.»
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