Zweiter Zürcher Ständeratssitz Moser gegen Rutz – wer hat nun die besseren Chancen?
Die Grünliberalen wollen mithilfe der Linken ins Stöckli, die Bürgerlichen einigen sich auf eine SVP-Kandidatur. Das bedeutet die neue Ausgangslage.
Regine Sauter (FDP): weg. Daniel Leupi (Grüne): weg. Philipp Kutter (Die Mitte): weg. Und auch Nik Gugger (EVP): weg. Am Dienstag nach den Wahlen hat sich einer nach dem anderen aus dem Rennen genommen. Im zweiten Wahlgang der Zürcher Ständeratswahlen kommt es nun also zum Duell zwischen Gregor Rutz (SVP) und Tiana Moser (GLP). Bereits im ersten Wahlgang gewählt wurde Daniel Jositsch von der SP.
Es war klar gewesen, dass sich die Bürgerlichen auf eine Kandidatur einigen müssen, wenn sie am 19. November eine Chance haben wollen. FDP, SVP und Mitte waren am Montag deshalb mit den Wirtschaftsverbänden zusammengekommen, um einen gemeinsamen Nenner zu finden.
Es müssen zähe Verhandlungen gewesen sein, denn erst am Dienstagmittag verkündeten die Freisinnigen den Rückzug. Die Verteidigung des FDP-Sitzes sei «nur gemeinsam und mit der vollen Unterstützung aller bürgerlichen Kräfte möglich», heisst es in der Medienmitteilung. Diese Voraussetzung sei aber nicht gegeben, wie vertiefte Gespräche mit den Parteien und Verbänden gezeigt hätten.
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Das könnte man auch so lesen: Die SVP beharrte kompromisslos auf ihrem Kandidaten und die FDP lenkte ein, um eine Chance auf einen bürgerlichen Ständeratssitz zu wahren.
«Die Argumente lagen nach dem ersten Wahlgang auf dem Tisch», sagt SVP-Präsident Domenik Ledergerber. «Gregor Rutz hat mit fast 35’000 Stimmen mehr das klar bessere Wahlergebnis als Regine Sauter erzielt.»
Rutz war mit 155’000 Stimmen auch deutlich erfolgreicher als die SVP-Ständeratskandidaten der vergangenen Jahre. Besser war zuletzt nur Hans Hofmann: Er ist der bislang letzte SVP-Ständerat und wurde 2003 mit 158’000 Stimmen wiedergewählt.
Nun also gibt die FDP ihren Sitz des abtretenden Ruedi Noser auf, um Gregor Rutz von der SVP zu unterstützen. Damit endet eine Ära des einst stolzen Zürcher Freisinns in der kleinen Kammer. Vier Jahrzehnte lang stellte er ununterbrochen einen Ständerat oder eine Ständerätin.
Wie zu erwarten war, hat die bürgerliche Allianz bei den Linken einen Anti-SVP-Reflex ausgelöst. Sie wollen Gregor Rutz unbedingt verhindern – auch zu dem Preis, dass der Grünen-Kandidat Daniel Leupi seine Ständeratsambitionen aufgeben muss.
Der Zürcher Stadtrat Leupi hatte die schlechteren Karten als seine grünliberale Konkurrentin Tiana Moser, nachdem er am Sonntag 8000 Stimmen weniger gemacht hatte als sie. Seine Wahlchancen sind zudem gesunken, weil mit Jositsch bereits ein Vertreter einer linken Partei gewählt worden ist.
Wie am Dienstagnachmittag bekannt wurde, wollen die SP-Führung und die Grünen nun Tiana Moser statt Daniel Leupi unterstützen. Leupi hat seine Kandidatur folglich zurückgezogen.
«Unsere Seite hat nur mit vereinter Kraft eine Chance gegen die bürgerliche Kandidatur», sagte Grünen-Co-Präsidentin Selma L’Orange Seigo im Interview mit dieser Redaktion.
Chancenlos wären im zweiten Wahlgang Philipp Kutter (Die Mitte) und Nik Gugger (EVP) gewesen, beide haben ihren Rückzug am Dienstag bekannt gegeben. Die EVP dürfte diese Woche ihre Unterstützung für Moser aussprechen. Weniger klar positioniert ist die Mitte-Partei. Die Delegiertenversammlung entscheidet am Mittwochabend.
«Alle Wirtschaftsverbände wollen Rutz»
Wenn sich alle Parteien links der FDP gegen Gregor Rutz verbünden, hat dieser überhaupt eine Chance? Ja, glaubt SVP-Präsident Domenik Ledergerber: «Alle bürgerlichen Kräfte stehen hinter ihm. Neben der SVP und der FDP unterstützen ihn alle Wirtschaftsverbände und die Landwirtschaft. Mit solch einem Rückhalt hat jede bürgerliche Kandidatur eine Chance gegen Links-Grün.»
Nimmt man die Wähleranteile vom vergangenen Sonntag, liegen die Vorteile allerdings bei Moser. Die Allianz aus GLP, SP, Grüne und EVP kam zusammen auf 46,3 Prozent der abgegebenen Stimmen im Kanton Zürich. Im bürgerlichen Lager waren es bei SVP, FDP und EDU 41,3 Prozent. Es dürfte also mitentscheidend werden, wohin die Stimmen der Mitte-Wählerinnen und -Wähler – 8,2 Prozent – im zweiten Wahlgang wandern.
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Die Ausgangslage erinnert an 2007, als der spätere SVP-Bundesrat Ueli Maurer im zweiten Wahlgang für den Zürcher Ständerat antrat. Um ihn zu verhindern, zog sich Chantal Galladé (damals SP, heute GLP) zurück und überliess der Grünliberalen Verena Diener das Feld, die im ersten Wahlgang das schlechtere Ergebnis erzielt hatte. Die Rechnung der Linken ging auf, gewählt wurde Diener statt Maurer.
Die Vorzeichen waren damals aber andere gewesen. Mit Felix Gutzwiller war im ersten Wahlgang nämlich ein FDP-Ständerat gewählt worden. Aus Sicht der Linken drohte eine bürgerliche Ständeratsvertretung aus FDP und SVP. Gelingt es den Linken, erneut so stark zu mobilisieren, schickt der Kanton Zürich neu ein rot-grünes Duo aus SP und GLP ins Stöckli.
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