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Panne in der Stadtkanzlei
Stadt Zürich patzt bei Rekurs – Basishilfe für Arme definitiv gestoppt

Armut kam während der Pandemie auch im reichen Zürich zum Vorschein: Essensabgabe an der Langstrasse am
27. Juni 2020.
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Das lernt jede Jus-Studentin und jeder Jus-Student im 1. Semester: Fristen einzuhalten, ist im Rechtswesen sehr wichtig. Wird die Frist verpasst, kann man noch so recht haben. Es nützt nichts.

Ob der Zürcher Stadtrat recht hat oder nicht, wird nun unklar bleiben. Respektive: Es ist juristisch klar, dass der Stadtrat unrecht hat. Denn jetzt gilt der Entscheid des Bezirksrats.

Inhaltlich: Die Basishilfe für Bedürftige, eine Art alternative Sozialhilfe für Sans-Papiers, ist definitiv gestoppt. Der Stadtrat hatte auf Initiative von Sozialminister Raphael Golta (SP) 2 Millionen Franken gesprochen und wollte das Geld via karitative Organisationen verteilen lassen.

Das geschah auch im vergangenen Sommer und Herbst. Knapp 90’000 Franken wurden ausbezahlt, etwa zur Hälfte an Papierlose und an andere ausländische Personen mit Aufenthaltsbewilligung. Letztere hätten Anspruch auf Sozialhilfe, wenn die üblichen Bedingungen erfüllt werden. Doch viele trauen sich nicht aufs Amt, weil sie eine Ausweisung befürchten. 

Reformierte Kirche sprang ein

Dann regte sich aber politischer Widerstand, der aufs juristische Parkett getragen wurde. Die FDP rekurrierte gegen das Vorgehen beim Bezirksrat, dessen Aufgabe es ist, die Stadt zu beaufsichtigen. Dieser gab den Freisinnigen prompt recht. Es fehle eine gesetzliche Grundlage für diese wirtschaftliche Hilfe. Dazu kamen noch weitere rechtliche Mängel.

Die Stadt kündigte sofort an, den Entscheid an die nächste Instanz, den Regierungsrat, weiterzuziehen. Für die Übergangszeit sprang die reformierte Kirche ein und spendete 100’000 Franken für die Bedürftigen.

Rekurs wurde rechtzeitig abgesegnet

Am Freitag beichtete der Stadtrat in einer Mitteilung, dass er gepatzt habe. Der Bezirksratsentscheid datierte vom 9. Dezember, die Rekursfrist betrug 30 Tage. «Die entsprechende Rekursschrift wurde für die fristgerechte Einreichung vom Stadtrat in seiner Sitzung vom 5. Januar 2022 verabschiedet», schreibt die Stadtregierung. Doch: Bei der Weiterverarbeitung des Beschlusses kam es in der Stadtkanzlei zu einem Fehler: «Die Rekursschrift wurde nicht fristgerecht der Post übergeben.»

Daher blieb dem Stadtrat nichts anderes übrig, als den Rekurs zurückzuziehen. Gemäss Mitteilung bedauert Stadtschreiberin Claudia Cuche-Curti die Panne «ausserordentlich» und übernimmt die volle Verantwortung. Sie hat eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben. 

Stadtrat will trotzdem weiterkämpfen

Die beteiligten Hilfswerke wie Caritas und das Rote Kreuz sowie die reformierte Kirche seien informiert, das weitere Vorgehen werde nächste Woche kommuniziert.

Inhaltlich gibt der Stadtrat nicht klein bei: Er werde sich «weiterhin und mit Überzeugung im Rahmen seiner Möglichkeiten für eine bessere soziale Absicherung von bedürftigen Personen ohne Schweizer Pass einsetzen», schreibt er. 

SP und Grüne wollen helfen

Hilfe erhält der Stadtrat von der SP. Sie will schon am nächsten Mittwoch einen Vorstoss im Gemeinderat einreichen, um die wirtschaftliche Basishilfe «schnell wieder auf stabile Beine» zu bringen, wie die Partei in einer Mitteilung schreibt.

Auch die Grünen beteuern per Communiqué, sich dafür einzusetzen, «dass eine Basishilfe künftig in Zürich möglich wird». Für die Stadtregierung setzt es von den Grünen eine Schelte ab: «So ein Lapsus darf einer professionellen Verwaltung nicht passieren.»