Schärfere Finanzaufsicht gefordertPfister nimmt es mit der SRG auf – zieht seine Partei mit?
Die Mitte gilt traditionell als SRG-nah. Nun will ihr Präsident das Medienhaus durch die Eidgenössische Finanzkontrolle beaufsichtigen lassen. In der eigenen Fraktion dürften sich einige querstellen.
Saftladen! Gerhard Pfister reichte es. Vor ziemlich genau drei Jahren pfefferte er einen Satz ins Internet, an den er seither immer mal wieder erinnert wird. Es sei an der Zeit, dass der «Saftladen SRF» von der Eidgenössischen Finanzkontrolle überprüft werden könne, schrieb der Präsident der Mitte-Partei (die damals noch CVP hiess) auf dem Kurznachrichtendienst X (der damals noch Twitter hiess). Grund für seinen Ärger waren Berichte über ein neues TV-Studio, das wegen diverser Pannen nicht funktionsfähig war, aber viel Geld verschlang.
Seither benutzen Medienschaffende das «Saftladen»-Zitat gern, wenn sie über die politische Auseinandersetzung mit der SRG im Allgemeinen und die Beziehung der Mitte-Partei zur SRG im Speziellen schreiben. Den Teil mit der Eidgenössischen Finanzkontrolle, kurz EFK, lassen sie dabei meist weg. Zu technisch.
Genau mit diesem Aspekt befasst sich nun aber der Nationalrat in der Frühjahrssession. Eine parlamentarische Initiative verlangt, dass die EFK die SRG beaufsichtigen soll. Der Vorschlag stammt ursprünglich vom Tessiner Mitte-Politiker Marco Romano. Da dieser inzwischen aus dem Nationalrat ausgeschieden ist, setzt sich nun ein anderer für den Vorstoss ein. Es übernimmt Gerhard Pfister persönlich – die Angelegenheit wird zur Chefsache.
Die Mitte und ihr SRG-Dilemma
Das ist nicht ohne Brisanz. Denn die Mitte ist traditionell eng mit der SRG verbunden – auch personell. Bis heute ist mit Jean-Michel Cina ein Mitte-Politiker Präsident der SRG. Seit einigen Jahren jedoch ist man sich in der Partei uneinig, was die Zukunft des öffentlichen Medienhauses angeht.
So ist auch der Vorstoss zur EFK umstritten innerhalb der Fraktion. Von den vier Mitte-Mitgliedern, die in der vorberatenden Kommission sitzen, stimmte nur eines dem Vorschlag zu.
Zu den Gegnern gehört der Bündner Martin Candinas. Er befürchtet, dass die Unabhängigkeit der SRG gefährdet ist, wenn die EFK über den Mitteleinsatz im Medienhaus wacht. «Auf der einen Seite sprechen die SRG-Kritiker von einem Staatsfernsehen – und nun wollen sie plötzlich mehr staatliche Kontrolle?», fragt er rhetorisch. Für Candinas ist klar: Es handelt sich nicht um eine verwaltungstechnische Massnahme, «sondern um ein Signal, dass man eine härtere Gangart gegenüber der SRG anschlagen will».
Der Zürcher Philipp Kutter, der die zuständige Fernmeldekommission präsidiert, befürwortet den Vorschlag hingegen. Er sagt: «Bei der SRG geht es um sehr grosse Beträge, wovon der grösste Teil aus Gebühreneinnahmen stammt. Da ist es nur richtig, wenn eine wirksame Aufsichtsinstanz installiert wird.» Eine saubere Prüfung stärke die Glaubwürdigkeit der SRG, ist Kutter überzeugt. Es sei richtig, dass die Mitte-Partei nicht mehr alles durchwinke, was mit der SRG zu tun habe. «Ich selbst begleite die SRG kritisch – es ist aber klar, dass ihr Service public weiterhin wichtig ist für die Schweiz.»
Kritik am Bakom
Heute wacht das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) über die Finanzen der SRG. Allerdings gibt es Zweifel daran, ob das Bakom dies genug gründlich macht. Fragt man die Eidgenössische Finanzkontrolle, lautet die Antwort: Nein. In einem Bericht schrieb die EFK im Juli 2022, das Bakom beschränke sich darauf, ein Gesamtbild über die Finanzlage der SRG zu haben. Ob die Mittel jedoch «bestimmungsgemäss und wirtschaftlich» eingesetzt würden, wie es das Gesetz vorschreibe, werde kaum überprüft.
Die EFK ist das oberste Finanzaufsichtsorgan des Bundes. Sie überwacht die finanzielle Führung der Bundesverwaltung, der Bundesgerichte, der Finanzmarktaufsicht Finma und zahlreicher Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes. Für EFK-Kommunikationschef Thomas Brückner ist denn auch klar, dass die Unabhängigkeit der SRG bei einer Kontrolle durch die EFK nicht gefährdet wäre. Schliesslich greife man durch die Prüfung der Gerichte auch nicht in die Rechtssprechung ein.
In der Vergangenheit scheiterten im Parlament mehrere Anläufe, die SRG der EFK zu unterstellen. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass es dieses Mal für ein Ja reicht – auch aufgrund des Absenders aus der politischen Mitte. Unklar ist, wie viele in der Mitte-Fraktion den Vorschlag von Gerhard Pfister unterstützen – und wie viele ihm die Gefolgschaft verweigern.
Klar ist für viele Beobachter: Für den weiteren Verlauf der SRG-Debatte wird es entscheidend sein, wie sich die Mitte mittelfristig positioniert. Darum ärgert es manche SRG-Fans, wenn die kritische Haltung von Gerhard Pfister in der medialen Berichterstattung zu viel Raum einnimmt. Als der «Saftladen»-Tweet vergangenes Jahr in einem Artikel dieser Redaktion auftauchte, warnte ein SRG-Befürworter in einer Mail scherzhaft: Bei der 30. Wiederholung des Tweets zerfalle das Redaktionsgebäude «geräuschlos in Staub».
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