Spieler von Roter Stern feiern auf Armee-Fahrzeug
Nach dem knappen Out sind die Young Boys niedergeschlagen – und müssen über eine Stunde im Teamcar warten. Vor dem Stadion spielen sich groteske Szenen ab.
Böller, Pyro, Schmäh- und Jubelgesänge: Es war das erwartbare Chaos, das nach dem Schlusspfiff aus dieser warmen Belgrader Nacht herausbrach. Zwischen Roter Stern und YB blieb es beim 1:1, wenig hätte gefehlt, und der serbische Emotionsausbruch wäre deutlich negativer ausgefallen. Die YB-Schlussoffensive um die Champions League aber blieb unbelohnt, und so konnte die rot-weisse Feierkarawane losziehen.
Es waren Szenen, in denen die grenzwertig hohe Bedeutung des Fussballs in diesem Land zum Vorschein kam und sich zeigte, warum Sport auf dem Balkan immer auch unter Ersatzverdacht für die kriegerische Vergangenheit steht. Lange sangen die Spieler noch im Stadion, auf einem Armeefahrzeug bahnten sie sich mit einzelnen Fans schliesslich ihren Weg durch Tausende Anhänger auf der Strasse vor dem «Marakana».
Bereits am Spieltag hatte ein alter Panzer für Aufsehen gesorgt, der kurzerhand vor dem Stadion geparkt wurde – der offizielle Instagram-Account von Roter Stern schrieb dazu «Unsere neueste Attraktion», die Uefa kommunizierte lapidar: «Solange damit nicht geschossen wird, stellt er kein Problem dar.»
«Ich kann nicht alles gutheissen, was nach dem Spiel passiert ist. Das werden wir entsprechend melden.»
Gesänge von Fans und Spielern blieben im Trubel der Freude politisch nicht immer ganz korrekt – Pazifisten hatten am Dienstag einen schwierigen Abend. Die komplizierte Geschichte ist in Belgrad an jeder Ecke präsent, die fussballerische Zukunft hält für Roter Stern dafür jetzt die zweite Champions-League-Gruppenphase in Serie bereit, während es für YB in der Europa League weitergeht.
Auch Unmut bei Spycher
«Mit etwas Distanz werden wir vielleicht auch dem etwas abgewinnen können, die Europa League ist nicht gar nichts wert», sagte ein geknickter David von Ballmoos. Noch im Spiel hatte der Goalie in der Schlussoffensive den eingewechselten Freistossschützen Miralem Sulejmani höchstpersönlich motiviert. «Es war sehr emotional, auch nach dem Schlusspfiff noch.»
Die eindrückliche Stimmung im Marakana-Stadion vor dem Spiel Roter Stern Belgrad gegen YB. (Video: Moritz Marthaler)
Hinter von Ballmoos tobte die wilde Feiernacht, vor ihm lag eine lange Wartezeit, weil der YB-Car noch fast eine Stunde lang blockiert war. «Ich kann nicht alles gutheissen, was nach dem Spiel passiert ist», sagte Sportchef Christoph Spycher tags darauf am Flughafen gegenüber YB-TV, «das werden wir entsprechend bei der Uefa melden.» Und während der Partie liessen sich diverse Belgrader Akteure aufreizend viel Zeit bei Pflege oder Einwürfen. «Das kam jetzt nicht ganz unerwartet, aber es ist trotzdem sehr ärgerlich», sagte Spycher.
Direkt nach dem Spiel nahm der Sportchef vor allem seine Mannschaft in Schutz. «Wir sind enttäuscht, klar, spüren eine gewisse Ungerechtigkeit», sagte er. «Aber leistungsmässig mache ich diesem Team keinen Vorwurf.» Zweimal sei YB dem Gegner «mindestens ebenbürtig» gewesen, zweimal aber reichte halt eine gute Halbzeit auch nicht zu einem Sieg.
Vincent Sierro erlebte im zentralen Mittelfeld einen schwierigen Abend. Neben dem erneut etwas aktiveren Michel Aebischer blieb er zaghaft, leistete sich im zweiten Durchgang einmal einen Fehlpass aus heikler Position. Der 23-Jährige trauerte der verpassten Chance nach, die so schnell nicht mehr kommen dürfte. «Wir waren sehr nahe dran», sagte der Sittener.
Nach wackligem Beginn fangen konnte sich Frederik Sörensen. Vor wenigen Tagen erst bestritt er das erste Training mit YB, am Dienstagabend stand er nach dem Spiel am Wochenende gegen Zürich (4:0) schon zum zweiten Mal in der Startformation von Trainer Gerardo Seoane. «Es ärgert mich», sagte der Däne Sörensen, «Roter Stern war auch diesmal nicht richtig gefährlich – und wir haben das nicht ausgenutzt.»
Blaskapelle in der Kabine
Und Roter Stern? Die serbischen Journalisten warteten in der Interviewzone noch lange vergeblich auf die Spieler, die ja schon längst im Feierpulk auf dem Armeetruck sassen. Die Pressekonferenz mit Trainer Vladan Milojevic begann weit nach Mitternacht – unter tosendem Applaus der Journalisten. Nach dem Spiel fand offenbar auch eine Blaskapelle den Weg in die Kabine. Es war die Feier von einem anderen, dem Roten Stern.
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