AboReaktionen zum Parteiaustritt von Mario FehrWas SP, Juso, Chantal Galladé, Bürgerliche und Jacqueline Fehr sagen
Die SP ist düpiert, die Jungsozialisten jubeln, die GLP bringt sich in Position und Bürgerliche heissen Mario Fehr willkommen.

Das kantonale SP-Präsidium hatte sich alles etwas anders vorgestellt. Vor einigen Wochen hat die Geschäftsleitung entschieden, Regierungsrat Mario Fehr den Parteidelegierten nicht mehr für eine weitere Amtsperiode zu empfehlen. «Wir hatten den Entscheid mit Mario Fehr in einem anständigen Rahmen diskutiert», sagt Co-Präsidentin Priska Seiler Graf.
Und eigentlich habe man bis nach dem Sommer warten wollen mit der Kommunikation. Co-Präsident Andreas Daurù ergänzt: «Das hat auch Mario Fehr so gewünscht.»
Es kam anders. Mario Fehr preschte vor, ohne das Präsidium zu informieren.
Das SP-Präsidium bedankt sich trotz abruptem Bruch in einer Mitteilung bei Mario Fehr für «sein langjähriges Engagement». Auch wenn es in der Vergangenheit oft inhaltliche Differenzen gegeben habe, würden solche Austritte immer wehtun. Selbst wenn sie «eine Folge unüberbrückbarer Differenzen» seien.
«Ich glaube, es ist ein guter Tag für die Partei.»
Das Co-Präsidium weist aber Fehrs Vorwurf, die SP sei nach links abgedriftet, zurück. «Dieser Vorwurf verfängt nicht», sagt Priska Seiler Graf. Und Daurù ergänzt: «Wir sind eine Partei, die Platz für viele Menschen und Meinungen hat.» Was aber zutreffe: «Wir sind eine linke Partei. Das waren wir aber schon immer.»
Juso: Fehr «nach rechts abdriftend»
Daniel Jositsch stimmt zu. Der Zürcher SP-Ständerat zählt selbst zum moderaten Flügel innerhalb der SP. Er sagt: «Herr Fehr ist nach rechts gedriftet.» Man könne in der SP abweichende Meinungen haben, aber dann müsse man bereit sein, die entsprechenden Diskussionen zu führen. Mario Fehr war nicht bereit, diese Diskussionen zu führen. Jositsch schaltet sodann in den Wahlkampfmodus: «Für mich ist klar: Unsere Partei hat heute seit 10.30 Uhr einen vakanten Sitz, den es bei der nächstmöglichen Gelegenheit neu zu besetzen gilt.» Das Co-Präsidium pflichtet ihm bei.
Derweil jubeln die Juso und Tamara Funiciello, SP-Nationalrätin und Ex-Juso-Chefin.
In einem Tweet schreiben die städtischen Jungsozialisten, Fehr sei «zunehmend menschenverachtend und nach rechts abdriftend». Und: «Es wurde Zeit.» Und die Berner SP-Nationalrätin Tamara Funiciello sagt zu «20 Minuten»: «Ich glaube, es ist ein guter Tag für die Partei.»
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Mario Fehr selbst will diese Aussagen nicht kommentieren, hält aber fest, er habe breite Zustimmung erhalten für seinen Schritt – «auch bei SP-Mitgliedern». In den sozialen Medien haben einige geschrieben, sie seien ebenfalls aus der Partei ausgetreten.
Galladé hat Verständnis
Fehr ist nicht der erste prominente Politiker, den die SP jüngst verloren hat. Daniel Frei, ehemaliger Präsident der kantonalen Partei, Kantonsrätin Claudia Wyssen und die frühere Nationalrätin Chantal Galladé sind ebenfalls – und mit ganz ähnlichen Argumenten – aus der SP ausgetreten. Sie haben aber, anders als Fehr, unmittelbar eine neue politische Heimat gefunden. Und zwar bei der GLP.
Die Auftritte Mario Fehrs mit giftgrüner Krawatte befeuerten auch immer wieder Gerüchte, auch er könnte zu den Grünliberalen wechseln. «Wir arbeiten gut mit Mario Fehr zusammen», sagt Co-Präsident Nicola Forster. Aber: «Es gab keine Verhandlungen über einen Parteieintritt, er hat uns nie deswegen kontaktiert.» Die GLP werde vielmehr mit einer eigenen Kandidatur zu den Regierungsratswahlen 2023 antreten.
Auf Anfrage zeigt Chantal Galladé Ambitionen: «Ich könnte mir eine Kandidatur vorstellen, wenn mich die Partei unterstützt.» Sie kennt Fehr gut, war mit ihm im Kantonsrat und im Nationalrat und sogar zweimal in derselben Kommission. «Wir haben immer gut zusammengearbeitet», sagt Galladé, die Fehrs Parteiaustritt «gut nachvollziehen kann». «Folgerichtig» findet den Schritt auch Daniel Frei, der bei der SP ein Vertrauter Fehrs war. Die SP werde immer dogmatischer, sagt Frei. «Faktisch haben die Juso die Partei übernommen.»
«Willkommen bei der Mitte»
Fehrs Schritt hat auch in anderen Parteien für Aufsehen gesorgt – und für Fantasie: «Willkommen bei der Mitte», twitterte die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür hoffnungsfroh.
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«Wir werden ihn nicht aktiv anwerben», sagt wiederum Markus Schaaf, Fraktionspräsident der EVP im Kantonsrat. Er betont aber, dass Fehr, der sich verschiedentlich zum christlichen Glauben bekannte, «von der Haltung und den Werten in vielem der EVP näher ist als der SP». Schaaf sagt, er werde Fehr bei einer Wiederkandidatur persönlich unterstützen und seiner Partei dasselbe empfehlen.
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Auch FDP-Ständerat Ruedi Noser wird gesetztenfalls in Fehrs Unterstützungskomitee sitzen. «Meine Freundschaft mit Mario Fehr ist nicht abhängig von einer Parteizugehörigkeit», sagt Noser auf Anfrage. Fehr und er haben sich stets gegenseitig unterstützt – zum Verdruss der SP.
Fehr-Unterstützer gibt es auch in der SVP. Kantonsrat und Strategiechef Claudio Schmid sagt, er sei der Erste in Fehrs Komitee.
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Jacqueline Fehr, welche nun einziges SP-Regierungsratsmitglied ist und das Heu bekanntlich nicht immer auf derselben Bühne hat wie ihr Namensvetter, bleibt in ihrer Stellungnahme ganz Staatsfrau: Die Zusammenarbeit mit Mario Fehr sei «konstruktiv und unterstützend». Alle Regierungsmitglieder hätten «unabhängig unserer Parteizugehörigkeit» stets das Wohl der Bevölkerung im Auge. «Daran wird sich mit dem heutigen Entscheid nichts ändern.»
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