Flut an VolksbegehrenSP-Präsidium plant Initiative zu Mieten oder Renten
Die SP setzt im Wahljahr auf das Thema «Kaufkraft». Drei Initiativen hat sie bereits lanciert. Nun soll eine weitere dazukommen.
Die Krankenkassenprämien steigen, die Mieten steigen, alles wird teurer. Am Ende des Monats bleibt vielen Menschen nur wenig Geld übrig – und immer weniger. So lautet die Diagnose der SP. Die Partei will sich dafür einsetzen, dass die Kaufkraft steigt.
Unter diesem Label hat sie bereits drei Volksinitiativen lanciert: die Prämienentlastungsinitiative, die Initiative für eine 13. AHV-Rente und die Kita-Initiative. Hinzu kommt die Klimafonds-Initiative, für die SP und Grüne derzeit Unterschriften sammeln. Ausserdem stehen Referenden an.
Geht es nach der Parteileitung, soll nun eine weitere Initiative folgen. Kann die SP das stemmen? Co-Präsidentin Mattea Meyer sagt, es gehe um ein längerfristiges Projekt, über die Wahlen hinaus. Die SP-Spitze stellt zwei Varianten zur Diskussion: Mieten und Pensionskassen-Renten. «Beides wirkt sich stark auf die Kaufkraft der Menschen aus», sagt Meyer. «Es braucht dringend Massnahmen gegen explodierende Mietpreise und zu tiefe Renten.»
Delegierte haben die Wahl
Zu welchem Thema eine Initiative geprüft werden soll, entscheiden die Delegierten am 25. Februar. Die Stossrichtung skizziert die Parteileitung in einem Papier, das sie am Freitag dem Parteirat vorlegt.
Bei den Pensionskassen steht zur Diskussion, die Kosten für die Vermögensverwaltung und die Gewinnbeteiligung zu beschränken.
Bei den Mieten will die SP die Immobilienfirmen ins Visier nehmen. Eine mögliche Forderung ist eine Revisionspflicht bei den Mietrenditen. Das soll gewährleisten, dass die gesetzlich gedeckelte Rendite eingehalten wird. Die Einführung einer Revisionspflicht hatte die SP schon im Parlament vorgeschlagen. Doch der Nationalrat lehnte den Vorstoss ab. Die Gegnerinnen und Gegner warnten vor administrativem Aufwand. Auch würde dadurch die Stellung der Vermieter verschlechtert, argumentierten sie.
Die Vorschläge der Parteileitung basieren auf einem Analysepapier zur Kaufkraft, das SP-Nationalrätin und Ökonomin Samira Marti erstellt hat. Sie zeigt darin anhand von Studien auf, wie sich die Ausgaben entwickelt haben. Die Mieten sind in den vergangenen Jahren stetig angestiegen, gemäss Studie eines Immobilienberatungsunternehmens allein im Jahr 2022 um durchschnittlich 4,3 Prozent. In den vergangenen 16 Jahren stiegen die durchschnittlichen Mietpreise um über 22 Prozent – und damit viel stärker als die tiefen und mittleren Löhne.
Dabei hätten die Mietpreise gemäss den relevanten Faktoren wie der Hypothekarzinsentwicklung um etwa 11 Prozent sinken müssen, schreibt Marti. Allein im Jahr 2021 hätten Haushalte mehr als 10 Milliarden Franken zu viel Miete bezahlt – pro Haushalt durchschnittlich 370 Franken im Monat.
Deal mit der Mitte gescheitert
Marti argumentiert im Analysepapier auch mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Kaufkraft. 63 Prozent des Bruttoinlandprodukts stammten aus dem Konsum der privaten Haushalte, hält sie fest. Die Sicherung der Kaufkraft sei die wirksamste Massnahme zum Schutz der Schweizer Wirtschaft. Sinke das frei verfügbare Einkommen, wirke sich das vor allem bei tiefen und mittleren Einkommen direkt auf das Konsumverhalten aus.
Die SP ist nicht die einzige Partei, die das Thema bearbeitet: Auch die Mitte-Partei schreibt sich die Kaufkraft auf die Fahne. Im vergangenen Sommer schloss Mitte-Präsident Gerhard Pfister mit der SP einen «Kaufkraft-Deal». Im Nationalrat brachten die beiden Parteien daraufhin gemeinsam Vorstösse zur Stärkung der Kaufkraft durch.
Beschlossen hat das Parlament am Ende den vollen Teuerungsausgleich für AHV-Rentnerinnen und -Rentner. Eine Erhöhung des Bundesbeitrags an die Prämienverbilligungen scheiterte dagegen im Ständerat – auch mangels Unterstützung von Mitte-Mitgliedern.
FDP und SVP bekämpften die Vorstösse. Sie argumentieren unter anderem, die Inflation in der Schweiz sei verkraftbar. Auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist der Ansicht, von einer breitflächigen Verminderung der Kaufkraft könne in der Schweiz nicht gesprochen werden.
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