Corona-Medienkonferenz in BernHauri: «Es wird Herbst, bis wirklich alle geimpft sind» – Masserey: «Nein, Sommer ist realistisch»
Die Corona-Zahlen steigen, die Impfprogramme stocken. Wie weiter? Fachleute von Bund und Kantonen haben Fragen beantwortet – und waren sich dabei nicht immer einig.
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Das Wichtigste in Kürze
Die Corona-Neuinfektionen steigen seit Wochen wieder an, die kantonalen Impfprogramme kommen nicht so schnell voran, wie gedacht.
Am Mittwoch entscheidet der Bundesrat über Lockerungen oder Lockdown, die Ausgangslage ist völlig offen.
Das BAG, der oberste Kantonsarzt und Umfrage-Experte Michael Hermann haben zur aktuellen Lage Auskunft gegeben.
Insbesondere beim Impf-Tempo und wann alle Impfwilligen immunisiert sind, waren sich die Fachleute nicht einig.
Hier gelangen Sie zu unserem Corona-Dashboard mit allen Zahlen.
Hier finden Sie die Übersicht der Impfquoten: So weit ist die Schweiz mit dem Impfen.
Zusammenfassung
Vor dem Bundesratsentscheid über mögliche Lockerungen am Mittwoch haben Expertinnen und Experten von Bund und Kantonen über die aktuelle Corona-Lage informiert. In der Schweiz gewinnt das Impfprogramm gegen das Coronavirus langsam an Fahrt, erklärte BAG-Leiterin Virginie Masserey. Insgesamt wurden bis Sonntag 1'815'117 Impfungen durchgeführt. Bisher sind laut dem BAG 689'178 Personen vollständig geimpft, das heisst 8 Prozent der Bevölkerung haben bereits zwei Coronavirus-Impfdosen erhalten. Bei 436'761 Personen wurden bisher die Erstimpfung durchgeführt.
Bis im Spätherbst sollen alle Impfwilligen vollständig geimpft sein, sagte Rudolf Hauri, Präsident der Kantonsärzte-Vereinigung, vor den Medien in Bern. Das BAG widersprach später und blieb beim bisher kommunizierten Zeitplan: Bis Ende Juli sollen alle Willigen geimpft sein, sagte Masserey (mehr Details zu dieser Uneinigkeit im übernächsten Eintrag unten).
Die Impfbereitschaft in der Schweiz nahm zudem seit Oktober markant zu, während sie im ersten Halbjahr der Corona-Pandemie noch leicht rückgängig war.
Mit all dem Impfen und der hohen Impfbereitschaft ist die Schweiz allerdings noch nicht über dem Berg. Die aktuellen Coronavirus-Fallzahlen bewegen sich nämlich auf zu hohem Niveau, führte Hauri weiter aus. Das Gute sei aber, dass sich die dritte Welle bisher noch nicht steil aufgebaut habe.
Trotz der überhandnehmenden Mutationen des Coronavirus zeige sich eine Bremswirkung, sagte Hauri zudem am Point de Presse zum Coronavirus in Bern. Die Gefahr einer Zunahme der Coronavirus-Aktivität sei aber noch nicht gebannt, hiess es weiter.
Point de Presse ist fertig
Die Medienkonferenz ist zu Ende. Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Impfungen bis im Sommer oder doch Herbst?
Kantonsarzt Hauri sagte zuvor, dass es seiner Meinung nach schon Herbst werde, bis wirklich alle Impfwilligen zweimal geimpft sind. Einmal sprach er sogar von Spätherbst, das wäre dann November/Dezember. Die grosse Mehrheit sei schon früher durch, aber bis wirklich alle drankommen, werde es Herbst, macht Hauri klar. Das ist deutlich später als das derzeitige BAG-Ziel von Ende Juli. Wir erinnern uns, im Februar sprachen Bundesrat und BAG noch von Ende Juni, bevor das Ziel angepasst wurde.
Hauri gibt zu Bedenken, dass der Rückstand durch jetzt fehlende Impfstoffe nicht beliebig aufgeholt werden kann, es gebe eine Grenze von 100'000 bis 150'000 Impfungen pro Tag, mehr sei aufgrund der Kapazitäten nicht möglich. Dann könne man selber ausrechnen, dass es Herbst werde, sagt er.
Weil die Rechnung ziemlich kompliziert und abhängig von Impfwilligen, Liefermengen und Kapazitäten ist, verweisen wir hier auf unser grosses Impf-Special, wo dies ausführlich vorgerechnet wird (Zum Artikel: Wie lange dauert es noch, bis alle geschützt sind?) Drohen also nochmals Verschiebungen, fällt unsere Sommerferienplanung ins Wasser?
Masserey widerspricht den vorherigen Ausführungen von Kantonsarzt Hauri aber deutlich und sagt, sie sei weiterhin optimistisch, dass es mit Ende Juli klappe. «Es wird in den nächsten Wochen grosse Mengen an Impfstoff geliefert werden, es bleibt wirklich realistisch, dass im Sommer alle geimpft sind.»
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Wann kommt der Impfnachweis?
Masserey: «Die Arbeiten laufen». Man werde zu gegebener Zeit informieren.
USA stoppen Vakzin von Johnson & Johnson. Was sagen Sie dazu?
Masserey: «Wir haben ja keinen Vertrag mit dieser Firma abgeschlossen. Aber das hat nichts mit dem Risiko zu tun. Wir werden aber die Entwicklung weiterverfolgen. Wir müssen natürlich den Impfstoff auch überprüfen, auch was die Nebenwirkungen betrifft.»
Existieren Impf-Empfehlungen für Schwangere?
In der Schweiz gebe es keine offizielle Empfehlungen für Schwangere punkto Impfen, sagt Masserey. Man bitte die Schwangeren, das Ganze mit dem Hausarzt zu besprechen.
Wo klemmt es bei den Kantonen beim Impfen?
Hauri antwortet: Es sei sehr komplex, es erfordere ausreichend Personal. Pro Tag können etwa 150'000 Dosen verimpft werden. Bis im Herbst sollen auch alle, die es wollen, zwei Mal geimpft sein. «Es braucht Zeit, da muss man realistisch sein. Jeder Kanton ist anders, auch was die Bevölkerungszahl betrifft.»
Was flüstern Sie dem Bundesrat ins Ohr?
Masserey: «Gar nichts. Sollte es morgen zu Öffnungen kommen, so muss man sich bewusst sein, dass es unter all diesen Risiken geschieht.»
Artikel zum Thema: Schweizer Weg oder Zero Covid - Was Wirtschaft und Bevölkerung mehr nützt
Was ist mit den Richtwerten für Öffnungen?
Masserey anwortet: «Es handelt sich bei diesen Werten nur um Richtwerte, es gibt keinen Automatismus. Es existieren auch noch andere Faktoren, welche die Politik bei den Öffnungsentscheiden berücksichtigen muss.» Masserey sagt am Ende noch: «Vier der fünf Richtwerte sind momentan nicht erfüllt.»
Wie viele Menschen wollen sich überhaupt impfen lassen?
Masserey sagt, dass die Kantone ihre Bevölkerung informieren muss, wenn Impfstoffe verfügbar sind und wo sich die Menschen anmelden können, das sei in der Verantwortung der Kantone. Man könne später auch weitere Gruppen zulassen, wenn genügend Impfstoffe vorhanden ist, auch Junge.
Hauri ergänzt, es werde ja nicht gewartet bis eine Gruppe vollständig durchgeimpft sei, wenn sich diese nicht anmelden, sondern der Übergang zwischen den Gruppen sei fliessend, so dass möglichst viele Personen möglichst schnell geimpft werden könnten.
Sind die Selbsttests überhaupt wirksam?
Masserey: Diese können das Risiko senken, andere anzustecken und gehören zu den Präventionsmassnahmen. Ein negativer Selbsttests schliesse die Einhaltung der Hygienemassnahmen ja nicht aus, erklärt die BAG-Leiterin. Generell seien die Selbsttests als Ergänzung gedacht.
Hauri fügt bei: Diese Selbsttests seien wirklich als Ergänzung gedacht. Sie haben den Vorteil, dass sie eben doch positive Fälle finden, die sonst unentdeckt geblieben wären und, dass sich dann diese positiven Fälle dementsprechend verhalten können.
Frage: Welche Kantone hinken hinterher beim Impfen?
Die Fragerunde beginnt. Masserey antwortet bei der ersten Frage: Man habe regelmässig Gespräche mit den Kantonen, um eine schnelle Verteilung zu gewährleisten.
Gut informierte Bevölkerung
Pikant auch folgende Aussage von Herrmann: Laut Umfrage seien die Nicht-Impfwilligen meist weniger vorsichtig, wenn es um die Einhaltung der Corona-Massnahmen gehe. Zudem seien Schweizer gut über die verschiedenen vorhandenen Impfstoffe informiert. Die eher vorsichtige Zulassung der Impfstoffe würde auch dazu beitragen, dass die Impfbereitschaft in der Schweiz eher hoch sei, sagt Hermann.
Artikel zum Thema: Die Kritik an der Impfstoffstrategie von Bundesrat und BAG ist billig, schreibt Michael Hermann in seiner Kolumne.
Impfbereitschaft bei den Männern grösser
Nun kommt Michael Herrmann zu Wort. Er nennt Zahlen zur Impfbereitschaft des Volkes. Eine Auswertung hat gezeigt, dass die Impfbereitschaft (Stand Mitte März) gross sei. 72 Prozent wollen sich impfen lassen, 23 Prozent nicht.«2020 gab es eine leichte Erosion der Impfbereitschaft. Nun, mit dem Beginn der Impfkampagne, hat sich das Bild geändert.» Die Anzahl der Nicht-Impfwilligen sei über das vergangene Jahr hinweg aber stabil gewesen.
Die Impfbereitschaft der Männer sei grösser als die der Frauen. Die ältere Bevölkerung habe eine höhere Impfbereitschaft als die Jüngeren. Die Jüngeren würden vor allem auf das Argument ansprechen, das alte Leben zurück zu erlangen, beispielsweise wieder Reisen zu können.
Lage ist noch nicht stabil
Hauri bemängelt auch, dass nach wie vor noch nicht genügend Impfstoffe vorhanden seien. Trotz durchaus positiven Zeichen in den Kantonen sei nach wie vor Vorsicht geboten. Hauri sagt klipp und klar: «Wir sind noch nicht in einer stabilen Lage.»
Fallzahlen sind noch zu hoch
Rudolf Hauri spricht nun. Die Fallzahlen seien aktuell zu hoch, erklärt der Zuger Kantonsarzt. Die breite Testung der Bevölkerung erlaube es, einschränkende Quarantänemassnahmen zu verhindern. Die Maskenpflicht dürfe nur schrittweise gelockert werden.
Schnelltests seien nur begrenzt wirksam, da sie viele positive Fälle nicht erkennen würden. Die Positivitätsrate gehöre deshalb nicht mehr zu den Richtwerten, die für Öffnungsschritte massgebend seien.
Artikel zum Thema: Wirtschaft fordert radikale Öffnung: Das wären die Folgen von 30'000 Fällen pro Tag
Zufrieden mit der Impfkampagne
Die Variante B.1.1.7 habe sich in der Schweiz fest verankert. Die brasilianische und südafrikanische Variante dagegen seien in der Schweiz kaum vorhanden.
Masserey nennt Zahlen zur Impfkampagne. Von 2,3 Millionen Dosen sind 1,814 Millionen verabreicht worden. Auf 100 Einwohner macht das 21 Dosen, das sei europäischer Durchschnitt, sagt die BAG-Leiterin. 13 Prozent der Schweizer Bevölkerung habe mindestens eine Dosis erhalten.
R-Wert bei 1,14
Die Hospitalisierungen steigen langsam nach oben, sagt Masserey weiter. 211 Personen befinden sich derzeit auf Intensivstationen. Der R-Wert sei bei 1,14, etwa gleich wie zuletzt. Die Anzahl der Tests sei bis vor Ostern recht hoch gewesen, anschliessend sei die Zahl etwas zurückgegangen.
Artikel zum Thema: Testkits aus der Apotheke: Schaden die Corona-Selbsttests mehr, als sie nützen?
Die Medienkonferenz beginnt
Virginie Masserey vom BAG ergreift das Wort. «Die Zahlen der Fälle gehen weiter nach oben, wenn auch langsam. Heute sind es 2241 neue Fälle, die gemeldet wurden.»
Wer nimmt teil?
An der heutigen Medienkonferenz sind folgende Personen zugegen:
- Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG
- Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
- Michael Hermann, Geschäftsführer, Sotomo
SDA/fal
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