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Meinung

Gastbeitrag zu Solarparks
Wollen wir Alpen ohne Landschaft?

Des armaillis marchent avec un troupeau de vaches lors de la 41eme edition de la desalpe de Charmey lors de la pandemie de Coronavirus (Covid-19) ce samedi 26 septembre 2020 a Charmey dans le canton de Fribourg. La Desalpe de Charmey a connu une 41e édition inedite, crise du coronavirus oblige. La manifestation s'est tenue presque sans public, alors qu'elle attire habituellement jusqu'a 15'000 spectateurs, mais sous l'oeil des cameras de la Radio Television Suisse (RTS). (KEYSTONE/Laurent Gillieron)
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Die Alpen erfahren derzeit eine völlig veränderte Deutung. Es sind nicht mehr die Ideale eines Johann Jakob Scheuchzer, Albrecht von Haller, Ferdinand Hodler oder eines William Turner, die unsere Sehnsuchtsvorstellungen prägten und uns immer wieder in die Berge ziehen lassen. Das arkadisch-romantische Bild ist einem kalten Utilitarismus gewichen. Dank Solar- und Windexpress, der Vorrangfunktion der Wasserkraft, neuer Gesetzesvorlagen, die selbst das Verbandsbeschwerderecht massiv beschneiden wollen, geraten die alpinen Landschaften in den Fokus von Investoren, die sich von jeglicher Scham befreit haben.

Die mit dem sogenannten Solarexpress bis 2025 verlangten Freiflächenanlagen für Fotovoltaik (PV) bedingen eine Fläche von mindestens 25 Quadratkilometern oder 3500 Fussballplätzen. Dazu kommen Dutzende Wasserkraft- und viele Windparkprojekte, die in die Alpen drängen. Fliessgewässer, Passlagen, Alpwiesen und Weiden an Sonnenhängen lösen eine Goldgräberstimmung aus.

Der Landschaftsschutz wird derzeit politisch aus der Zeit gedrückt. Wenn es eben eile, so der Tenor, könne man nicht auf alles Rücksicht nehmen. Man müsse Kompromisse machen. Das Bergwandern, immerhin die beliebteste Sportart der Schweiz, könne auch anderswo stattfinden. Und nach 60 Jahren lasse sich alles abmontieren, und die Alpenwelt sei dann wieder intakt.

Solche Dilemmas führen aber selten zu guten Lösungen. Wenn dies dann noch mit dem Argument der Verfahrensbeschleunigung gewürzt wird, ist eine sorgfältige Interessenabwägung unmöglich. Ein Alpenschutz wie in Neuseeland, wo dem Whanganui River mitsamt den umliegenden Wäldern und Bergen ein Personenrechtsstatus zuerkannt wurde, würde bei uns mit einem mitleidsvollen Kopfschütteln quittiert. Was ist da bloss passiert?

Es geht um viel Geld

Bei den geplanten Solarparks geht es um viel Geld für Gemeinden und Grundeigentümer. Damit wird aber nicht etwa der alpinen Landschaft etwas zurückgegeben. Vielmehr sollen wie zum Beispiel in Klosters GR Förderbeiträge für weitere Energievorhaben oder auch Bauprojekte für Einheimische finanziert werden. Das ist löblich. Dennoch zeigt es, wie wenig uns die Landschaft wert ist. Sollte nicht diese Gewinnverteilung wenigstens an Natur und Landschaft zurückfliessen?

Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz lancierte den Vorschlag, als Kompensation für die massive Verbauung der Alpen das Nationalparkprogramm wiederzubeleben. Seit 2018 der letzte Kandidat, der Parco Nazionale Locarnese, mit nur 100 Stimmen Differenz in den Dorfabstimmungen scheiterte, ist das Thema für tot erklärt worden. Der Ständerat will von Biodiversitätsförderung nichts wissen, geschweige denn von Nationalparks. Der energiewirtschaftlichen Anbauschlacht soll nichts in den Weg gestellt werden. Gerhard Meiers Zitat «Das Land hat seine Eigentümer vergessen und hat es satt, nur Umgebung zu sein» bekommt hier eine aktuelle Note.

Soeben hat die Unesco die Alpsaison als immaterielles Kulturerbe der Menschheit gewürdigt. Damit meinte sie aber sicher nicht die Alpbeweidung inmitten eines Stangenwalds von PV-Modultischen. Der Solarexpress soll urban auf Dächern und Fassaden, über Carports und Autobahnen stattfinden, nicht aber auf abgelegenen Alpwiesen.

Raimund Rodewald ist Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz.