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Sogar Linke liebäugeln mit einem Burkaverbot

Nora Illi vom Islamischen Zentralrat der Schweiz foutiert sich in Locarno um das neu erlassene Verhüllungsverbot im Tessin (1. Juli 2016). Foto: Pablo Gianinazzi (Keystone)
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Sie wollte in ihrer letzten Session noch einmal ein starkes Zeichen setzen: Die linke Ständerätin Géraldine Savary plädierte für ein Begehren aus der rechten Ecke. Obwohl die SP-Politikerin der Initiative für ein Burkaverbot «Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie» attestiert, unterstützt sie diese. Die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts könne sie nicht tolerieren, das Tragen einer Burka oder eines Nikabs könne doch nicht als individuelle Freiheit angesehen werden.

Doch der Ständerat empfiehlt wie erwartet mit 34 gegen 9 Stimmen die Ablehnung des Volksbegehrens. Dieses fordert ein generelles Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum mit ganz wenigen Ausnahmen, etwa für Polizisten oder wenn es sich um einen einheimischen Brauch handelt. Der Gegenvorschlag des Bundesrates wurde hingegen deutlich angenommen. Dieser will lediglich eine gesetzliche Pflicht einführen, das Gesicht zu zeigen, wenn eine Person identifiziert werden muss. Dies betrifft etwa die Bereiche Migration, Zoll oder Billettkontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Namhafte Befürworter

Savary ist zwar die einzige Linke im Ständerat, die für die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» stimmte. Aber innerhalb der SP gibt es etliche Leute, die sich mit dem Volksbegehren anfreunden können. «Wir wissen natürlich, dass es auch bei der SP Frauen und Männer gibt, die mit dieser Initiative sympathisieren», sagt Nationalrätin Min Li Marti. Aus feministischer Sicht sei das Unbehagen durchaus nachvollziehbar. Mit einer Ganzkörperverhüllung werde den Betroffenen die Identität genommen. Marti lehnt das Verbot indes klar ab.

«Schliesslich unterstützen auch viele Musliminnen ein Verbot.»

Chantal Galladé, ehemalige SP-Nationalrätin

Bereits früher schon bekannten sich etwa der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr oder der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, Pierre-Yves Maillard, zu einem Verbot. Für Aufsehen sorgte auch Chantal Galladé , als sie als SP-Nationalrätin (inzwischen politisiert sie für die GLP) offen das Ansinnen der Initiative unterstützte. Nebst Anfeindungen bekam sie aber auch grossen Zuspruch aus ihrem Umfeld: «Schliesslich unterstützen auch viele Musliminnen ein Verbot.»

Die meisten SP-Politiker, die SP-Frauen und auch die Juso sind jedoch nach wie vor dezidiert gegen die Initiative des Egerkinger Komitees, das mit der Minarettinitiative vor zehn Jahren einen überraschenden Erfolg erzielt hat. «Die SP ist gegen dieses Volksbegehren. Und der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates ist richtig, aber zu wenig umfassend, da er die Gleichstellung der Frauen ausklammert», sagt Nadine Masshardt, Vizepräsidentin der SP-Bundeshausfraktion.

Ein neuer Gegenvorschlag

Deshalb wird sie in der vorberatenden Kommission des Nationalrates einen neuen Gegenvorschlag einbringen. Die grosse Kammer wird sich voraussichtlich in der nächsten Session damit befassen. Ihr Gegenvorschlag soll dazu führen, dass der Bund künftig etwa auch Finanzhilfen für Gleichstellungsprojekte gewähren kann, etwa um Migrantinnen bei Deutschkursen besser einzubeziehen. Ob damit die linken Sympathisanten für ein Burkaverbot besänftigt werden können, ist offen. Min Li Marti befürchtet nicht, dass die Fronten innerhalb der SP jetzt aufbrechen. Es gebe bei einzelnen Linken aus der Romandie Sympathien, was wohl mit der Nähe zu Frankreich erklärbar sei, das eine laizistische Tradition und ein Verbot der Ganzkörperverschleierung kenne.

Der Initiative werden gute Chancen eingeräumt. Der parteilose Ständerat Thomas Minder prophezeit dem Burkaverbot sogar einen markant grösseren Ja-Stimmen-Anteil als der Minarettinitiative (57,5 Prozent). Darauf deuten auch erste Umfragen hin: Im Januar 2018 sagten in einer repräsentativen Umfrage 76 Prozent der Befragten, dass sie die Initiative «sicher» oder «eher» annehmen würden.