6 GrafikenSo stark dominieren Männer weiterhin die Schweizer Politik
In allen politischen Institutionen sind Frauen immer noch unterrepräsentiert – in den meisten deutlich. Auch darum sorgt die Bundesratskandidatur von Daniel Jositsch für Kritik.
SP-Ständerat Daniel Jositsch kündigte am Dienstag seine Kandidatur für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga an – obwohl seine Partei auf ein reines Frauenticket setzen will. Das sei «diskriminierend», sagte Jositsch im Tamedia-Interview. Er akzeptiere, dass Frauen für die SP Priorität hätten, aber der Ausschluss jeglicher Männerkandidaturen habe mit Gleichstellung nichts zu tun.
Diese Aussagen sorgten für Diskussionen. Denn Frauen waren in der Geschichte des Bundesrats stark untervertreten. Bis 1984 und der Wahl von Elisabeth Kopp gab es 136 Jahre lang gar keine Bundesrätin. Und erst ein einziges Mal war der Bundesrat ganz kurz weiblich dominiert: Von 2010 bis 2011 (1 Jahr und 3 Monate) mit Micheline Calmy-Rey, Doris Leuthard, Eveline Widmer-Schlumpf und Simonetta Sommaruga.
Als Calmy-Rey zurücktrat, war es um die Mehrheit schon wieder geschehen. Und nach dem Abgang von Widmer-Schlumpf 2015 gab es nur noch zwei Bundesrätinnen. Mittlerweile sind es wieder drei.
Erst seit 2006 halten die Frauen durchgehend 2 oder mehr Sitze in der Regierung. Zuvor gab es immer wieder Rückschläge. Etwa 1989, als die erste Bundesrätin Elisabeth Kopp abtrat und das Kollegium zwischenzeitlich wieder zur reinen Männerrunde wurde. Oder 2003, als Ruth Metzler durch einen SVP-Coup nicht wiedergewählt und von Christoph Blocher abgelöst wurde.
Würde Simonetta Sommaruga jetzt durch einen Mann ersetzt, sässen wiederum nur zwei Frauen im siebenköpfigen Bundesrat. Oder: 53 Prozent der Wahlbevölkerung wären mit nur rund 29 Prozent in der Regierung vertreten. Berechnet man den Frauenanteil seit der Bundesstaatsgründung 1848, sieht die Bilanz noch schlechter aus: Nur 7,6 Prozent aller 119 Regierungsmitglieder waren weiblich, nämlich 9.
Im Parlament sieht es auch nicht viel besser aus. Der Ständerat besteht zurzeit nur aus 26,1 Prozent Frauen. Lange Zeit waren es noch deutlich weniger. Die letzten nationalen Wahlen im Jahr 2019 haben diesbezüglich eine Verbesserung gebracht. Im Nationalrat ist der Anteil immerhin auf 42 Prozent gestiegen. Aber auch hier sind die Frauen weiterhin in der Minderheit.
Dasselbe gilt auf kantonaler Ebene. In den Kantonsparlamenten halten die Frauen genau ein Drittel aller Sitze, in den Kantonsregierungen ist es weniger als ein Drittel. Bis 1983 blieben die Kantonsregierungen fest in Männerhand, obwohl zwölf Jahre vorher das allgemeine Stimm- und Wahlrecht für Frauen eingeführt worden war.
Frauenanteil in der Schweizer Politik seit 1971
Die Daten zeigen, dass sich der Frauenanteil in den politischen Institutionen seit 1971 zwar positiv entwickelt hat und kontinuierlich gestiegen ist. Noch immer liegt er aber deutlich unter den 50 Prozent, die den Frauen angesichts ihrer Mehrheit in der Schweizer Bevölkerung – mindestens – zustehen würde.
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