Slalom in AdelbodenManuel Feller: Erst der Sieg, dann das Ständchen
Der Österreicher singt nach dem Slalom das «Vogellisi-Lied». Die Schweizer müssen weiter auf einen Podestplatz warten, auch wenn sie als Team überzeugen.
![Künstler auf den Ski, Partylöwe auf dem Podest: Manuel Feller.](https://cdn.unitycms.io/images/CFGjCIChq3c9wNm9c2SCjX.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=gHeXdcX45WI)
Soll er, oder soll er nicht? Manuel Feller hat es versprochen, am Freitagabend bei der Startnummernauslosung zum Riesenslalom. Sollte er es auf das Podest schaffen, dann würde er das «Vogellisi-Lied» singen. Was ihm respektive dem Publikum am Samstag verwehrt blieb, holt der Österreicher im Slalom nach. Mit dem Hauch von zwei Hundertsteln Vorsprung triumphiert er vor dem Norweger Atle Lie McGrath, sein Landsmann Dominik Raschner wird völlig überraschend Dritter.
Feller hält Wort. Im dichten Schneetreiben stellt er sich nach der Siegerehrung zuoberst aufs Podest und beginnt zu singen. «Wenni nume wüsst …». Tausende Zuschauerinnen und Zuschauer stimmen mit ein – es ist ein schöner Abschluss des Weltcup-Wochenendes am Chuenisbärgli. Und welch Stellenwert dieses Rennen hat, zeigt Fellers Reaktion. Der Tiroler hat Olympia- und WM-Medaillen gewonnen, doch die grosse Kuhglocke für den Sieger erhält bei ihm zu Hause einen Ehrenplatz. «Das ist ein unglaublicher Tag für mich, ein Traum, der in Erfüllung geht», sagt er.
McGrath und der Star-DJ
Nach dem ersten Lauf liegt Feller noch an fünfter Stelle, Alexander Steen Olsen – er scheidet im zweiten Lauf aus – führt vor McGrath. «Diese beiden jungen Norweger haben richtig Gas gegeben. Ich wusste, dass ich mehr ans Limit gehen muss, wenn ich um den Sieg mitreden will», sagt Feller. Anders als am Vortag, als ihm die Fahrt auf tutti im Zielhang zum Verhängnis wurde, geht sein Plan auf.
Adelboden ist auch für McGrath ein spezieller Ort. Hier bestritt er sein erstes Weltcup-Rennen, hier erlitt er eine schwere Knieverletzung, und hier stand er im Vorjahr erstmals auf dem Podest – hinter Copain Lucas Braathen. Dieser hat seine Karriere bekanntlich überraschend beendet. Aber die beiden sind nach wie vor verbunden, vor dem Rennen haben sie sich geschrieben. Und in Kitzbühel wird Braathen vor Ort sein, als DJ in einer Disco. «Natürlich werde ich vorbeischauen», sagt McGrath schmunzelnd.
Rochat und die Gefühle
Nach dem 9. Platz im Vorjahr weinte Marc Rochat. Nun strahlt er einfach über beide Ohren. Als Fünfter führt er die Schweizer Delegation an; Luca Aerni (8.), Daniel Yule (10.), Loïc Meillard (12.) und Ramon Zenhäusern (14.) runden das gute Teamergebnis ab. Rochat, der lange unten durch musste, unterstreicht mit dem zweitbesten Resultat der Karriere seine Aufwärtstendenz. «Zum ersten Mal bin ich in einem Rennen der beste Schweizer, das ist fantastisch», sagt er. Und es ist für ihn auch eine Genugtuung, an sich geglaubt und trotz Widerständen nicht aufgegeben zu haben. Er sagt: «Es ist schwierig, bessere Gefühle zu haben, als ich sie heute habe.»
Doch so gut das Ergebnis der Equipe auch ist, nach dem dritten Slalom der Saison gibt es Luft nach oben. Im letzten Jahr holten die Schweizer Stangenkünstler acht Podestplätze, diesen Winter hat es noch keiner in die Top 3 geschafft. «Der Slalom ist eine verflixte Sache, so viele können es auf das Podest schaffen», sagt Zenhäusern. «Irgendwann sind wir wieder dran. Und es würde allen guttun, wäre das bald der Fall.»
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Der Liveticker zum Nachlesen:
Startnummer 27 – Erik Read
Sein Vater Ken, der die Lauberhorn-Abfahrt 1980 gewann, gehörte zu den Crazy Canucks. Bei Sohn Erik ist so gar nichts verrückt, vielmehr fährt er sehr kontrolliert. Zu kontrolliert – er büsst zwei Sekunden ein und belegt Platz 21.
Startnummer 26 – Stefano Gross
Er weiss, wie sich siegen in Adelboden anfühlt. 2015 siegte der Italiener in Adelboden vor Fritz Dopfer und Marcel Hirscher. Doch die goldenen Tage scheinen hinter dem 37-Jährigen zu liegen. In Madonna di Campiglio schied er im zweiten Lauf aus, in Gurgl wurde er disqualifiziert.
Startnummer 25 – Samuel Kolega
Welch toller Auftritt des Kroaten! Er attackiert, leistet sich dabei aber kaum Fehler. Mit nur einer halben Sekunde Rückstand liegt er auf Platz 6, gleichzeitig mit Henrik Kristoffersen, der allerdings deutlich bessere Pistenverhältnisse hatte.
Startnummer 24 – Luca Aerni
Der Lokalmatador ist unterwegs. Er fühle sich so gut wie lange nicht mehr, sagte Luca Aerni am Freitag. Der Rücken schmerzt nicht, das Material passt. Das zeigt sich auch in den Resultaten: Jüngst wurde er mit Laufbestzeit im zweiten Durchgang von Madonna di Campiglio 13.
In Adelboden gelingt ihm mit einer Differenz von 1,17 Sekunden ein solider erster Lauf.
Startnummer 23 – Sebastian Holzmann
Der deutsche Routinier, der noch nie in den Top 10 war, verliert knapp weniger als eine Sekunde und wird 11.
Startnummer 22 – Sebastian Foss-Solevaag
Was ist bloss mit dem Weltmeister von 2021 los? Letztmals auf dem Podest stand der Norweger Ende 2021, in der Startliste büsst er immer mehr an Terrain ein. Aufsehen sorgte er zuletzt primär mit seiner Aktion letzten November in Gurgl, als er einen Klimaaktivisten aus dem Zielraum zerrte. In Adelboden reicht es dem 32-Jährigen nur zu Zwischenrang 16.
Die Bedingungen
Der Nebel war das ganze Wochenende ein Thema in Adelboden. Und nun ist die Decke gerade im oberen Streckenteil noch dicker geworden. Die gute Nachricht ist: Die Slalomfahrer kommen damit zurecht, an ein Speedrennen wäre bei derlei Bedingungen aber nicht zu denken.
Startnummer 21 – Michael Matt
Der Bruder des legendären Mario Matt wurde als Bub von einer Lawine geschüttet, er lag 15 Minuten bewusstlos in den Schneemassen, konnte aber gerettet werden. Zum Saisonauftakt in Gurgl glänzte der Österreicher mit Rang 3, und er schlägt sich auch am Chuenisbärgli mehr als ordentlich. Matt verliert nur 80 Hundertstel und wird Neunter.
Startnummer 20 – Adrian Pertl
Österreich kassierte gestern im Riesenslalom eine richtige Schlappe. Und ohne Aushängeschild Schwarz muss Ski-Austria heute auf Feller hoffen. Denn Adrian Pertl wird mit 1,85 Sekunden Rückstand kaum um einen Podestplatz fahren können.
Startnummer 19 – Kristoffer Jakobsen
Vorhang auf für «Mister ungestüm»: Und der Schwede, welcher schon zweimal auf dem Slalom-Podest gestanden ist, scheidet ebenfalls aus. Ohnehin gehört er zur Gattung jener Fahrer, die mit enorm hoher Ausfallquote von sich reden machen.
Startnummer 18 – Marc Rochat
Der vierte Schweizer ist unterwegs. Und Rochat, der vor Jahresfrist nach seinem 9. Platz in Adelboden weinte, gelingt eine wirklich gute Fahrt. Sieben Zehntel verliert er auf Leader Steen Olsen – Zwischenrang 8.
Startnummer 17 – AJ Ginnis
Er ist die Sport-Sensation Griechenlands: Alexandros Joannis Ginnis, oder eben AJ Ginnis holte 2023 sensationell WM-Silber. Viele halten ihn für einen aus den USA ausgewanderten Griechen, dabei ist er tatsächlich in einem Athener Vorort aufgewachsen. Der Verband ist knapp bei Kasse und kann ihn kaum unterstützen, mit seinen famosen Leistungen aber hat der 29-Jährige längst genug Sponsoren. Sie werden heute keine Freude haben, Ginnis scheidet früh aus.
Startnummer 16 – Filip Zubcic
Am Samstag stand der Kroate im Riesenslalom noch auf dem Podest, heute verabschiedet er sich vorzeitig. Zubcic fällt als dritter Fahrer aus.
Ramon Zenhäusern im Interview
Nach seinem ersten Lauf und Platz 7 sagt der Walliser: «Oben bin ich ganz gut gefahren. Im Steilhang hat es dann ein paar Spuren drin vom gestrigen Riesenslalom. Es war ein wilder Ritt, da liegt sicher noch mehr drin. Aber ich bin in einer guten Ausgangslage. Und es war ein sicherer, stabiler Lauf.»
Das Zwischenfazit
Die Norweger waren gestern schnell – und sie sind es auch heute. Nach den Top 15 führt Steen Olsen vor McGrath, und Kristoffersen lauert mit einer halben Sekunde Rückstand auf Rang 6.
Es zeigt sich also, dass auf dieser Piste sehr viel möglich ist. Aber gerade die Gastgeber mochten daraus nicht nur Kapital zu schlagen: Zwar haben Ramon Zenhäusern und Daniel Yule als 7. und 8. mit 65 respektive 95 Hundertsteln noch gewisse Chancen auf einen Podestplatz. Loïc Meillard muss die Hoffnungen mit einer Differenz von über 1,7 Sekunden schon begraben.
Startnummer 15 – Alexander Steen Olsen
Dem Norweger trauen diverse Experten eine grossartige Karriere zu. 2022 war er Junioren-Weltmeister im Slalom und Riesenslalom, im Februar gewann er gar den Slalom in Palisades Tahoe. Und ja, Steen Olsen ist erst 22. In Adelboden greift er an – und wie! Er fährt je länger, je entfesselter. Und übernimmt dank einem magistralen Schlussteil die Spitze, 5 Hundertstel vor McGrath. Norwegische Doppelführung also.
Startnummer 14 – Dave Ryding
37 ist er schon, aber Alter schützt vor Schnelligkeit nicht. Das bewies Dave Ryding jüngst als Dritter beim Slalom von Madonna di Campiglio. Als Engländer ist Ryding im Weltcup ein Exote – und ebenso exotisch ist auch die Geschichte, wie er zum Skifahren kam. Auf Matten erlernte er zuhause das Skifahren, mit acht stand er dann in Frankreich erstmals im Schnee auf den Latten. Und Ryding hat sich seinen Bubentraum erfüllt: Im Januar wurde er in Kitzbühel zum ersten britischen Weltcupsieger.
Heute wird es wohl nichts mit einem Podestplatz: Ryding verliert 1,4 Sekunden auf die schnellste Zeit.
Startnummer 13 – Albert Popov
Er ist der kleinste Läufer im Feld, mit seinen 164 Zentimetern und dem tiefen Körperschwerpunkt wedelt der 26-Jährige besonders geschmeidig um die Stangen. Im Februar wurde er in Palisades Tahoe Dritter, er holte den ersten Podestplatz für Bulgarien seit 1984. Popov hatte einst haufenweise Schutzengel, als er als Beifahrer einen schlimmen Autounfall überlebte. Der Lenker, sein damaliger Trainer und ex-Profi Drago Grubelnik, verstarb. Popov fährt solide, es reicht für Rang 8.
Startnummer 12 – Atle Lie McGrath
Es war ein prächtiger Tag gestern für die Athleten aus dem hohen Norden. Im Riesenslalom klassierten sich fünf Norweger unter den besten 9. Und wie sich ein Podestplatz im Slalom am Chuenisbärgli anfühlt, weiss Atle Lie McGrath nur zu gut. Vor Jahresfrist wurde er hinter seinem Copain Lucas Braathen Zweiter. Die beiden zelebrierten anschliessend ihre enge Bindung als “best buddies” an der Pressekonferenz. Doch seit dem überraschenden Rücktritt von Braathen vor dem Saisonstart ist McGrath nun alleine im Weltcup-Zirkus unterwegs.
Es scheint ihn nicht zu bremsen. Zwar verliert McGrath im Zielhang noch etwas Zeit, doch er setzt sich mit 18 Hundertsteln Vorsprung an die Spitze.
Startnummer 11 – Alex Vinatzer
Er galt als kommender Slalom-Star, doch langsam aber sicher stellt sich die Frage, ob die Lobhudelei ihm schlecht bekommen ist. Der Italiener hat in Courchevel zwar WM-Bronze geholt, auf den ersten Sieg im Weltcup wartet er aber noch immer. 2021 war er in Madonna di Campiglio nahe dran, fädelte mit bester Zwischenzeit im zweiten Lauf aber beim letzten Tor ein. Dabei jubelt Vinatzer in der Regel ausgelassen, immer mal wieder auch in Cristiano-Ronaldo-Pose. Heute hat er keinen Grund dazu: Vinatzer scheidet aus.
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