Ski-Weltcup am LauberhornAthleten beklagen sich – warum zahlt Wengen so wenig Preisgeld?
Im Abfahrtsklassiker gibt es nicht allzu viel zu verdienen. Die Fahrer äussern Kritik, OK-Chef Urs Näpflin hat Verständnis dafür, wehrt sich aber vehement.
Wenn sich am Samstag die Abfahrer das Lauberhorn runterstürzen, geht es um 144’000 Franken. Nicht für den Sieger, sondern für alle Athleten zusammen.
Wer den Klassiker gewinnt, kriegt 47’000 Franken, der Zweite erhält nicht mal mehr die Hälfte (22’000), der Dritte 12’000. Abzüglich Steuern, versteht sich. Und ja, wer die längste Abfahrt der Welt auf Platz 10 beendet, bekommt noch 3000 Franken. «Damit lassen sich die Spesen decken», sagt Justin Murisier leicht sarkastisch.
Die Preisgelder sind überschaubar im Ski-Weltcup, wenngleich sie in den letzten Wintern zumindest leicht gestiegen sind. 2016 wurde der Mindestbetrag pro Rennen auf 120’000 Franken festgelegt, mittlerweile sind es deren 144’000 – für 80 Prozent kommen die Organisatoren auf, den Rest übernimmt der Weltskiverband (FIS).
Die meisten Veranstalter zahlen nicht mehr als das Vorgeschriebene, an einigen Destinationen wie etwa in Beaver Creek, Bormio, Aspen oder Killington wurde das Preisgeld aber leicht angehoben. In Flachau erhält die Slalom-Siegerin gar 60’000 Franken. Und dann gibt es noch Kitzbühel, das den Rahmen sprengt: 333’200 Euro pro Rennen gibt es zu verdienen, jeder Gewinner erhält 100’000.
«Wir haben keine Reserven»
Von solchen Beträgen können die Fahrer im Berner Oberland nur träumen. Ob in Adelboden oder in Wengen, gezahlt wird der Minimalbetrag. Etwas gar knausrig und unverständlich sei das, sagen einige Athleten hinter vorgehaltener Hand. Gino Caviezel hält fest, ihm sei bewusst, dass die Veranstalter grosse Investitionen tätigen müssten. «Offenbar sind sie finanziell knapp unterwegs, ob das tatsächlich so ist, weiss ich nicht. Aber es sind Klassiker, alle reden davon, man könnte sie sicher etwas höher dotieren.»
Marco Odermatt, der als erster Skifahrer in einer Saison die Preisgeld-Millionengrenze überschreiten könnte, sagt derweil: «Die Klassiker könnten aufgewertet werden. Zermatt ist neu in den Weltcup gekommen und hätte gleich mehr bezahlt – das war ein gutes Zeichen.» 200’000 Franken pro Rennen wären im Wallis ausgeschüttet worden.
Doch zurück nach Wengen: OK-Chef Urs Näpflin zeigt ein gewisses Verständnis für die Kritik der Fahrer, er sagt aber auch, dass eine Erhöhung des Preisgeldes kein Thema sei. «Wir haben schlicht nicht die Reserven dafür.» Gleich tönt es aus Adelboden, was viele nicht verstehen, weil ganze Völkerwanderungen an den Berg strömen.
Näpflin sagt: «Bei uns braucht es viele kostspielige Temporärbauten, zudem ist der Transport kompliziert.» Kitzbühel habe einen infrastrukturellen Vorteil, «und es ist der einzige Weltcup-Ort, der die Medienrechte selbst vermarkten kann. Sie bewegen sich in einer eigenen Liga.»
«Es müsste doch mehr möglich sein»
Bei den Schweizer Rennen kümmert sich Swiss-Ski um die Vermarktung, die Veranstalter kriegen einen Fixbetrag. In Wengen beträgt das Budget rund zehn Millionen Franken. «Die Fahrer denken, wir verdienen uns dumm und dämlich», sagt Näpflin, «aber das stimmt nicht. Wir tragen zudem das Risiko einer Absage. Die Prämien steigen, zumal sich kaum noch ein Unternehmen finden lässt, das Skirennen versichern will.» Fahrer, die sich beklagen, sollten das Gespräch mit dem Landesverband suchen, hält Näpflin fest. «Swiss-Ski braucht das Geld aus der Rennvermarktung vor allem für die Mannschaften und den Nachwuchsbereich.»
Nur elf Männer ergatterten sich vergangene Saison ein sechsstelliges Preisgeld, Thomas Tumler gehörte nicht dazu. Gerade noch so qualifizierte er sich für den Weltcupfinal, ansonsten hätte er seine Karriere beendet. Zwei Jahre lang ging die finanzielle Rechnung nicht auf, und die Nummer 19 der Riesenslalom-Weltrangliste sagt: «Ich bin Mitte 30 und hätte überlebt. Aber ich hätte zu wenig verdient, um mit Freude dabei zu bleiben.» Die landläufige Meinung, dass die Athleten vom Verband einen Lohn erhalten, ist falsch.
Tumler sagt, in Wengen und Adelboden seien die Zuschauermassen gewaltig, vor Ort und am TV. «Da ist viel Geld im Spiel. Es erstaunt mich schon, erhalten wir nicht mehr davon.»
In Wengen könnte es anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums 2030 eine Preisgelderhöhung geben. Es dürfte eine einmalige Sache bleiben.
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