Slalom in Kranjska GoraHoldener nach ihrem Wunderlauf aufs Podest: «Mir geht es nicht so gut»
Die Schwyzerin glänzt in Slowenien, hat aber zu kämpfen. Eine 20-Jährige düpiert derweil alle.

Wendy Holdener zieht mit ihren Ski noch einen ganzen Kreis in den Schnee von Kranjska Gora, einmal an allen Banden vorbei und zurück zum Ausgangspunkt. So energiegeladen und euphorisiert ist die Schwyzerin, als sie im Ziel dieses Slaloms ankommt.
Was war das aber auch für ein Wunderlauf, der der 31-Jährigen gelungen ist auf diesem schwierigen Hang im Nordwesten Sloweniens? Die Schnellste ist sie in diesem 2. Lauf, obwohl sie als Vorletzte gestartet ist. Am Morgen noch hat sie zusammen mit der Kroatin Zrinka Ljutic die Bestzeit aufgestellt. Nun führt sie mit 1,03 Sekunden Vorsprung auf die Schwedin Anna Swenn Larsson. Es ist zu diesem Zeitpunkt kaum vorstellbar, dass das nicht reicht zum grossen Triumph.
Holdener reisst die Arme in die Höhe, schreit mehrmals in den slowenischen Himmel und die Kamera, die Stimme des Speakers überschlägt sich, einmal hallt der Name Vreni Schneider durch die kleine Arena. Die Elmerin hat hier vor 34 Jahren einen Riesenslalom gewonnen, als letzte Schweizerin in Kranjska Gora, Holdener war noch nicht einmal geboren.
Nun also steht sie selbst im Ziel, es ist alles angerichtet für ihren dritten Weltcupsieg in einem Slalom. Bis der Tag so endet, wie schon so viele Slalomtage geendet haben für sie. Einmal mehr ist eine Athletin schneller als sie, obwohl mit Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova die Königinnen des Slaloms verletzt fehlen, die ihr schon so viele Siege weggeschnappt haben.
Ljutic gelingt es tatsächlich, zur Bewältigung dieser Piste noch einmal 16 Hundertstel weniger zu benötigen als die routinierte Frau aus Unteriberg, deren Slalombilanz nun so ausschaut: 37 Podestplätze, 2 Siege. Es sind verrückte Zahlen.
Zweiter Sieg überhaupt für Ljutic – und das in einer Woche
Während Holdener im Ziel kurz zusammenzuckt, als ihrer 20-jährigen Konkurrentin das Kunststück gelingt, sie zu schlagen, zünden die kroatischen Fans Fackeln und schwenken frenetisch ihre Fahnen. Ljutic, dieses Riesentalent aus Zagreb, gewinnt zum zweiten Mal im Weltcup überhaupt, zum zweiten Mal innert einer Woche, den zweiten Slalom in Serie nach demjenigen von Semmering. Ljutic löst gerade das Versprechen ein, das sie schon früher abgegeben hat, in noch jüngeren Jahren, als sie immer wieder andeutete, zu was sie fähig sein könnte.
Im letzten Winter hat sie es viermal aufs Podest geschafft, nun ist sie ganz oben angekommen. Ljutic, die von ihrem Vater Amir trainiert wird, führt nun gar im Gesamtweltcup vor Sara Hector, die am Samstag mit ihrem Triumph im Riesenslalom die Leaderposition von Camille Rast übernommen hatte. Und in der Disziplinenwertung verdrängt Ljutic die Walliserin auf Rang 2. Rast wird in Slowenien direkt vor Mélanie Meillard Vierte. Es ist einmal mehr ein vorzügliches Teamresultat für die Schweizerinnen, die gleich zu siebt in den Punkten landen.
Und so enttäuschend dieser 2. Rang für Holdener erst wirken mag: Er muss sich mit etwas Abstand wie ein kleiner Sieg anfühlen für sie, so viel ist über Holdener hereingebrochen in den letzten Tagen, Wochen und Monaten.
Verletzt, den Bruder verloren, jetzt auch noch geschwächt
Den letzten Winter verpasst sie wegen einer Fraktur des linken Sprunggelenks fast ganz. Und während sie an ihrer Rückkehr arbeitet, verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand ihres Bruders Kevin, der sie so lange begleitet hat im Skizirkus. Ende Februar verliert er seinen Kampf gegen den Krebs und hinterlässt bei Holdener eine Lücke, die niemand füllen kann.
Holdener entschliesst sich, weiterzumachen, ihr Bruder hätte das so gewollt, sagt sie. Der Start in die Saison glückt dann mässig, sie steigert sich bis zu Rang 2 in Killington, doch zuletzt ist sie grippegeschwächt und angeschlagen, in Semmering kämpft sie mit ihrer Gesundheit.
In Kranjska Gora nun, nach diesem 2. Rang, sagt sie gegenüber SRF: «Mir geht es nicht so gut, der Körper ist gestresst, die Rennwochenenden nagen an meiner Energie. Ich kann mich nicht so gut erholen, nicht gut schlafen. Wenn man das alles weiss, auch, wie schwierig die letzten Tage für mich waren, dann muss ich sagen: Es ist ganz okay, wie es ist, ich habe gekämpft und riskiert. Es tut gut, dieses Resultat mitnehmen zu können.»
Das Wissen, es auch unter diesen Umständen aufs Podest geschafft zu haben, kann ihr für den weiteren Verlauf der Saison nur helfen.
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Der Ticker zum Nachlesen – 1 Zrinka Ljutic
Die junge Kroatin ist die einzige Athletin, die Holdener den Sieg noch streitig machen kann. Die 20-Jährige rutscht oben schon weg, weil sie dermassen aggressiv fährt. Sie ist gleich schnell wie Holdener. Das wird ganz eng, Ljutic gewinnt mit 16 Hundertsteln Vorsprung.
2 Wendy Holdener
Gelingt der Schwyzerin der dritte Slalomsieg im Weltcup? Im ersten Lauf war Holdener gleich schnell wie Zrinka Ljutic, die als letzte Fahrerin folgt. Auf Swenn Larsson hat sie 34 Hundertstel Vorsprung. Und sie legt brutal schnell los, oben sind es bald 78 Hundertstel, dann 1,03 Sekunden! Im Ziel sind es ebenso 1,03 Sekunden – mit Laufbestzeit. Das muss doch zum Sieg reichen.
3 Camille Rast
Jetzt ist die junge Frau mit der roten Startnummer unterwegs: Camille Rast, die Führende des Slalomweltcups. Die 25-jährige Walliserin war am Morgen nur 2 Hundertstel schneller als Swenn Larsson – und rutscht hier beinahe weg. Aber Rast fängt sich, attackiert in der Folge, zeigt schnelle Schwünge. Es wird Rang 2 mit 17 Hundertsteln Rückstand. Wieder ein ganz starker Auftritt von ihr.
4 Anna Swenn Larsson
Die nächste Schwedin ist gestartet. 44 Hundertstel Vorsprung auf Meillard bringt Swenn Larsson mit – und es reicht. 25 Hundertstel sind es noch im Ziel, Führung für die routinierte Nordländerin.
5 Emma Aicher
Die junge Deutsche fädelt ein. Damit steht sicher eine Schweizerin auf dem Podest.
6 Mélanie Meillard
Die drittletzte Schweizerin in diesem 2. Lauf war am Morgen genau gleich schnell wie Hector. Oben ist sie gar schneller als die Schwedin, liegt eine Zehntel voraus, bei der zweiten Zwischenzeit sogar zwei Zehntel. Was für ein Lauf: zweitbeste Laufzeit, Rang 1 mit 52 Hundertsteln Vorsprung.
7 Sara Hector
Die Schwedin war am Samstag die überlegene Siegerin des Riesenslaloms. Mit dem Triumph setzte sie sich im Gesamtweltcup vor Camille Rast an die Spitze. Und auch in diesem Slalom attackiert Hector, und wie! Rang 1 mit 39 Hundertsteln Vorsprung.
8 Katharina Truppe
Jetzt wird Slokars Zeit von der nächsten Österreicherin attackiert. Truppe war im ersten Lauf 12 Hundertstel schneller als Slokar. Sie ist ähnlich schnell unterwegs wie die Slowenin vor ihr, doch es reicht knapp nicht. 5 Hundertstel fehlen Truppe zur Führung.
9 Andreja Slokar
76 Hundertstel sind es bei der Slowenin an Vorsprung auf Liensberger. Ob das reicht? Auch sie ist oben schneller als die Österreicherin – und verliert im Steilhang wie alle viel Zeit. Doch es reicht für die Lokalmatadorin. Slokar ist 15 Hundertstel schneller als Liensberger und lässt die slowenischen Fans jubeln.
10 Marie Lamure
Die Französin bringt 74 Hundertstel Vorsprung mit auf Liensberger, die noch immer führt und schon 9 Plätze gutgemacht hat. Und die Weltmeisterin von 2021 bleibt an der Spitze. Lamure hat im Ziel 18 Hundertstel Rückstand und ist Zweite.
11 AJ Hurt
Mit der Amerikanerin nähern wir uns allmählich den Top 10. Hurt hat schon 64 Hundertstel Vorsprung am Start. Bei der zweiten Zwischenzeit sind es 1,12 Sekunden – doch dann rutscht Hurt weg und fällt aus. Das ist bitter nach diesem Raketenstart.
12 Lara Colturi
Die für Albanien startende Italienerin ist am Vortag im Riesenslalom auf Rang 2 gefahren. Die erst 18-Jährige war im ersten Lauf sechs Zehntel schneller als Liensberger – und fährt auch im zweiten ganz stark. Doch es reicht knapp nicht, Rang 4 mit 38 Hundertsteln Rückstand.
13 Martina Peterlini
Auch Peterlini ist die erste und einzige Fahrerin in diesem 2. Lauf aus ihrem Land. Die Italienerin hat aus dem 1. Lauf vier Zehntel Vorsprung auf Liensberger. Doch auch sie ist chancenlos gegen die Österreicherin. Peterlini liegt auf Zwischenrang 14, mit 1,18 Sekunden Rückstand.
14 Mina Holtmann
Die erste und einzige Norwegerin ist gestartet. Sie bringt 38 Hundertstel Vorsprung auf Liensberger mit. Doch Holtmann verliert kontinuierlich Zeit. Es reicht nur zu Rang 4.
15 Paula Moltzan
Die Amerikanerin, die immer wieder mit ihrer draufgängerischen Fahrweise begeistert, attackiert auch auf diesem schwierigen Hang von Kranjska Gora. Aus 23 macht sie 57 Hundertstel Vorsprung auf Liensberger. Doch dann verliert auch Moltzan viel Zeit. Sie liegt auf Zwischenrang 9 mit 1,05 Sekunden Rückstand.
16 Michelle Gisin
Nachdem sie auf die Technikrennen in Semmering verzichtet hat, ist die Engelbergerin nun wieder dabei. Ihr läuft es derzeit in den Speed-Disziplinen deutlich besser. Auch heute enttäuscht sie zwischen den Slalomstangen. Gisin verliert 1,83 Sekunden und ist nur 15.
17 Katharina Huber
Sie fährt jetzt gegen ihre Landsfrau Liensberger. 17 Hundertstel ist auch ihr Vorsprung nur gross. Huber startet schneller als ihre Teamkollegin, hat bald 44 Hundertstel Vorsprung. Doch selbst das reicht nicht, weil Liensberger dermassen gut gefahren ist im Steilhang. Huber ist Zweite mit 23 Hundertsteln Rückstand.
18 Janine Mächler
Die nächste Schweizerin, die im ersten Lauf überzeugte: Janine Mächler hat es mit der Nummer 40 auf den 18. Platz geschafft. Die Zürcherin war 12 Hundertstel schneller als Liensberger. Die erst 20-Jährige kommt auf Zwischenrang 8 ins Ziel. Immerhin gibt es erneut Punkte für sie.
19 Cornelia Oehlund
Die erst 19-jährige Schwedin hat nur 5 Hundertstel Vorsprung auf Liensberger. Und sie fährt – trotz Daumenbruchs – enorm angriffig. Oehlund schafft es auf Rang 4 – und liegt damit direkt hinter Eliane Christen.
20 Chiara Pogneaux
Die 22-jährige Französin ist hier vor einem Jahr Achte geworden und war so gut wie nie. Auf Liensberger verliert sie brutal viel Zeit, 1,66 Sekunden, gibt Rang 9.
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