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Riesenslalom in Sölden
Odermatt stürzt, ein Brasilianer küsst und tanzt – so verrückt war der Ski-Auftakt­

Wenn ein Brasilianer im Ziel tanzt und die Mädchen an der Bande kreischen, ist Auftakt zur Ski-Saison. Zumindest ist das 2024 in Sölden so. 

Da kommt Lucas Pinheiro Braathen an am Fusse des Rettenbachgletschers – und steht die Skiwelt Kopf. Linker Arm hoch, linkes Bein nach vorne und das Gleiche mit rechts. So präsentiert sich der Mann, der hier vor einem Jahr seinen Rücktritt gab nach Querelen mit dem norwegischen Verband, welcher nicht zulassen wollte, dass er einen eigenen Kopfsponsor mitbringt. 

Nun ist er zurück, unter den Fittichen von Red Bull, mit neunköpfigem Privatteam, darunter drei Skitrainer. Und wie dieser Pinheiro Braathen zurück ist. 19. nach dem ersten Lauf mit Startnummer 41, am Ende Vierter hinter drei (ehemaligen) Landsmännern, hinter Alexander Steen Olsen, Henrik Kristoffersen und Atle Lie McGrath. Letzterer war einst sein Ski-Zwilling, alles machten die beiden zusammen. Die Zusammenkunft im Ziel von Sölden ist entsprechend emotional. 

McGrath löst Pinheiro Braathen an der Spitze ab, die beiden stürmen aufeinander zu, der Brasilianer drückt seinem Kompagnon von einst einen dicken Kuss auf die Wange. «Das war Magie, diesen Moment werde ich nie vergessen», sagt Pinheiro Braathen, der eine der grossen Geschichten schreibt an diesem Tag. Tänzchen inklusive. 

epa11686881 Atle Lie McGrath of Norway (L) and Henrik Lucas Pinheiro Braathen of Brazil (R) react during the second run of the Men Giant Slalom race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Soelden, Austria, 27 October 2024.  EPA/ANNA SZILAGYI

Am Donnerstag redete er über sein Comeback. Das Motto des Anlasses: «Lucas Pinheiro is back on the dancefloor.» Das ist er definitiv. «Ich bin hier als ein neuer Mensch», sagt er, «mit einer neuen Bestimmung. Ich kann vor 17’000 Menschen tanzen, das ist mein Traum.»

Es geht bei ihm nicht nur darum, schnell Ski zu fahren, der 24-Jährige ist auf einer Mission. Er stach schon immer heraus, ging seine eigenen Wege mit lackierten Fingernägeln, extravaganter Kleiderlinie und Auftritten als Model. «Ich hoffe, dass ich Inspiration sein kann für andere», sagt er. Mit seinem ersten Auftritt und der gewaltigen Aufholjagd hat er jedenfalls für viel Aufmerksamkeit gesorgt.

So erging es den Schweizern

Die erste schlechte Nachricht ereilt das Schweizer Team vor dem Start. Die zweite kurz danach. 

Erst gibt Loïc Meillard Forfait, der zweitbeste Riesenslalomfahrer des vergangenen Winters. Beim Einfahren hat er einen Schlag in den Rücken erwischt, die Schmerzen sind zu gross für einen Start. 

Dann ist dieser Riesenslalom in Sölden wenige Sekunden alt, und liegt er im harten Schnee: Marco Odermatt, die Überfigur der Skiszene, der Dauergewinner, der im letzten Jahr eine Serie von neun Triumphen im Riesenslalom aneinanderreihte, ehe diese mit dem Ausfall beim Finale in Saalbach endete. Nun geht es nicht mehr um eine Serie, auch noch nicht um die Kugeln. «Ich konnte frisch von der Leber weg fahren», so sagt es Odermatt. «Darum habe ich Vollgas gegeben.»

Und wie er das tut. Seine erste Zwischenzeit unterbietet keiner, die zweite auch nicht, am nächsten kommt ihm Stefan Brennsteiner, sein Rückstand: vier Zehntel. Dann wird dem Österreicher das gleiche Tor zum Verhängnis, stürzt auch er. Sieger Alexander Steen Olsen verliert bis zur zweiten Zwischenzeit 71 Hundertstel.

So steht ein Odermatt im Ziel, der nicht so aussieht, als hätte er gerade einen Ausfall hinter sich. Er sagt: «Es ist schade, aber ich bin überhaupt nicht traurig. Es war richtig geil, wie ich oben gefahren bin. Das Gefühl war noch besser als im letzten Jahr. Aber es war unnötig, habe ich so viel riskiert. Ich dachte, das geht auf, aber es war zu viel.» Dennoch nehme er das gute Gefühl mit in die knapp sechswöchige Pause bis zum Speed-Auftakt in Beaver Creek. 

Ohne die beiden Teamleader hatten andere Schweizer die Chance, zu glänzen. Thomas Tumler, im letzten Winter so richtig angekommen in der Riesenslalomspitze, verschaffte sich mit Platz 4 im ersten Lauf eine gute Ausgangslage. Er kann sie nicht nutzen und wird 14. Bester Schweizer ist Gino Caviezel auf Rang 9. 

Das zweite verrückte Comeback

Hirscher hier, Hirscher da, Hirscher überall: Das Comeback des Altmeisters ist eines der grossen Ereignisse in Sölden. Und es verläuft durchaus bemerkenswert. 

Der Ausnahmeathlet, der neu für die Niederlande fährt, das Heimatland seiner Mutter, schafft es mit der Startnummer 34 in den zweiten Lauf. Hirscher verliert 2,29 Sekunden, wird 28. und hat eine hervorragende Startnummer für Lauf 2. Einzig im Steilhang sind die Defizite des Mannes erkennbar, der zwischen 2011 und 2019 immer der beste Skifahrer war und sich nach seinem Rücktritt fit gehalten hat mit intensiven Tests für seine Skimarke Van Deer. Am Ende wird es Platz 23. Und, ziemlich verrückt: die drittschnellste Zeit im zweiten Lauf. 

Sehr emotional sei der Tag gewesen, sagt Hirscher. «Dass es so aufging, ist schön. Ich hätte auch sechs Sekunden verlieren können, dann hätten alle gesagt: Der ist echt alt geworden. Das bin ich auch, aber ich bin sehr glücklich», so der 35-Jährige. Ob diese Fahrten vergleichbar seien mit einem seiner 67 Weltcupsiege, wird er beim ORF gefragt. Hirschers Antwort: «Es ist fast noch mehr wert.»

Nun plant er auch mit der Rückkehr im Slalom. In drei Wochen starten die Spezialisten für die kleinen Torabstände in Levi in ihre Saison. Hirscher sagt: «Wenn ich mich fit fühle: Das gleiche Spiel wie in Sölden.»

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Der Ticker zum Nachlesen – Das Fazit

Die Schweizer kassieren zum Saisonauftakt eine empfindliche Niederlage, als Neunter ist Gino Caviezel noch der Beste. Es hätte anders kommen können, aber Marco Odermatt schied im ersten Lauf mit klar bester Zwischenzeit aus. Und so dominierten in Sölden die Norweger – und wie! Alexander Steen Olsen triumphierte erstmals in einem Riesenslalom, er setzte sich vor seinen Landsmännern Henrik Kristoffersen und Atle Lie McGrath durch.

Steen Olsen trauen diverse Experten eine ganz grosse Karriere zu – auch im Slalom ist er längst absolute Weltklasse. Die Geschichte des Tages aber schrieb Lucas Pinheiro Braathen. Nach einem Jahr Absenz vom Weltcup glänzte er beim Comeback mit Rang 4. Weil er mit Nummer 41 starten musste, ist seine Leistung noch beachtlicher. Er bringt damit Brasilien auf die Ski-Landkarte.

Auch das Comeback von Marcel Hirscher ist halbwegs geglückt. Er qualifizierte sich für die Entscheidung und wurde 23. Er sei glücklich, resümierte der gebürtige Österreicher, der nun für die Niederlande startet. «Ich hätte nicht gedacht, dass ich es in die Top 30 schaffe.»

Die Schweizer

Erstmals seit März 2021 steht kein Schweizer auf dem Riesenslalom-Podest. Odermatt schied im ersten Lauf aus, Meillard konnte wegen Rückenbeschwerden nicht antreten. Bester Swiss-Ski-Vertreter ist Gino Caviezel auf Rang 9, Thomas Tumler wird 14. Justin Murisier verbessert sich im zweiten Lauf auf Platz 17, Livio Simonet holt als 27. immerhin noch vier Punkte.

Der Sieger

Steen Olsen galt bisher als etwas nervenschwach, weil er eine gute Ausgangslage nach Lauf 1 schon ein paarmal verspielte. Heute bewies er, dass er reifer geworden ist. Der 23-Jährige gilt als grosses Versprechen, nun gewinnt er erstmals in einem Riesenslalom. Ach ja: Es ist übrigens der erste norwegische Dreifachsieg in der Basisdisziplin überhaupt.

Alexander Steen Olsen

Der totale norwegische Triumph: Steen Olsen gewinnt überlegen, er nimmt Kristoffersen 65 Hundertstel ab. Dritter wird McGrath. Und ja: Mit Lucas Pinheiro Braathen wird zumindest ein halber Norweger Vierter.

Filip Zubcic

Das schmerzt: Der Kroate liegt gut im Rennen, scheidet im Mittelteil aber aus. Ein Nuller statt einem Podestplatz zum Saisonaufakt. Bleibt zu hoffen, dass sich Zubcic beim heftigen Aufprall nicht eine Verletzung zugezogen hat. Er kann zumindest selbstständig ins Ziel fahren.

Henrik Kristoffersen

Die Norweger zeigen den Schweizern, wie es geht: Henrik Kristoffersen übernimmt die Führung und sichert sich schon mal fix den Podestplatz. Er verdrängt seinen Landsmann McGrath um eine winzige Hundertstelsekunde. Braathen liegt nun auf Rang 3.

Thomas Tumler

Noch im Frühling 2022 dachte der Bündner ans Aufhören. In der letzten Saison aber ist er durchgestartet und gehört nun zu den Top 7 der Riesenslalom-Weltrangliste. Der zweite Lauf aber gelingt ihm nicht wunschgemäss. Er fällt auf Platz 12 zurück. Sicher ist: Das gibt wie gestern bei den Frauen eine Niederlage für das Schweizer Team.

Atle Lie McGrath

Sein Vorsprung am Start: 1,18 Sekunden. Im Ziel sind es noch deren 24. McGrath übernimmt die Führung. Es ist eine schöne Geschichte, sind McGrath und Braathen doch Jugendfreunde, die sich noch immer bestens verstehen. Im Zielraum umarmen sich die beiden denn sogleich auch.

Zan Kranjec

Zwei Riesenslaloms hat er der Slowene schon gewonnen, 2022 in Peking wurde er hinter Marco Odermatt Olympia-Zweiter. Nun aber steht er viel zu hart auf dem Ski, krallt sich zu stark an der Linie fest. Platz 3 für Kranjec. Braathen wird mindestens Sechster!

Raphael Haaser

2023 holte er völlig überraschend WM-Bronze in der Kombination. Und nun glänzt er auch im Riesenslalom: Platz 3 für den Österreicher, unmittelbar vor Landsmann Patrick Feuerstein. Braathen führt weiterhin vor Vinatzer.

Luca de Aliprandini

Bis zur letzten Zwischenzeit ist der Verlobte von Michelle Gisin nahe an Braathen dran. Doch gegen Schluss fehlt ihm der Speed – Platz 5 für den Italiener.

Lucas Pinheiro Braathen im Interview

Der führende Brasilianer sagt gegenüber SRF: «Ich weiss gar nicht, was ich sagen soll. Es ist ein unglaublich spezieller Tag für mich. Durch meinen komplizierten Weg in den letzten Jahren habe ich vieles gelernt. Ich bin ein neuer Mensch, mit einem neuen Team an meiner Seite. Ich bin jetzt einfach glücklich.»

River Radamus

Von der ersten zur zweiten Zwischenzeit verlieren nun alle Athleten enorm viel Zeit. Auch Radamus vergibt in jenem Teil fast alles. Platz 5 für den Amerikaner. Und Braathen wird mindestens Neunter. Nach einer kurzen Pause folgen noch die Schnellsten 8 des ersten Laufs.

Thibaut Favrot

Und Braathen schnappt sich auch den Franzosen. Favrot kann nichts ausrichten, es reicht ihm nur für Platz 7.

Gino Caviezel

Der Materialwechsel von Dynastar zu Atomic soll sich in den nächsten Wochen auszahlen. Im Steilhang leistet er sich einige Unsauberkeiten, mit Platz 4 aber hält er den Schaden in Grenzen. Ein solider Auftakt für den Bündner, aber gewiss nicht mehr.

Sam Maes

23 Nationen waren heute im ersten Lauf am Start. Sam Maes vertritt den belgischen Skiverband. Wobei der Riesenslalom-Spezialist in Österreich aufgewachsen ist. Mit Zwischenrang 4 kann er gut leben, das wird eines der besten Ergebnisse in seiner Karriere. Zumal nur noch elf Athleten oben stehen.

Alex Vinatzer

2023 holte Vinatzer WM-Bronze im Slalom, mittlerweile aber gehört er auch im Riesenslalom zu den Top 15. Das beweist er im Auftaktrennen: Nur zwei Zehntel Rückstand, Platz 2 für den Italiener. Noch vor einem Jahr war in dieser Disziplin die Nummer 54 der Welt.

Patrick Feuerstein

Der erste Österreicher in der Entscheidung weiss zu überzeugen. Gegen Braathen ist er zwar chancenlos, mit 55 Hundertsteln Rückstand aber fährt er auf Zwischenrang 2.

Wie weit nach vorne reicht es Braathen?

Zuletzt kam keiner auch nur ansatzweise an die Zeit von Lucas Pinheiro Braathen heran. Wie weit nach vorne reicht es dem Brasilianer? Gar Richtung Podest?

Alexander Schmid

Der Deutsche fährt auf Rang 3, verliert eine knappe Sekunde auf den entfesselten Braathen.