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Skandal um US-Jungpolitikerin
Bedeuten Sexvideos das Aus für ihren Kampf für Frauenrechte?

In this image taken from a video, Virginia legislative candidate Susanna Gibson addresses the Women's Summit in Virginia Beach, Va., in September of 2022. Gibson has denounced the disclosure of live videos on a pornographic website in which she and her husband engaged in sex acts. (Neil Smith via AP)

Susanna Gibson will einen Unterschied machen. Auf ihrer Website wirbt die Vierzigjährige als «Mom, Pflegefachkraft, Gesundheitspolitik-Expertin» um die Wählerstimmen. Es gibt Fotos von der Masterabsolventin im Pflegerinnen-Outfit, neben ihr der Familienhund, natürlich ein Golden Retriever. Man sieht die Bilderbuchfamilie – der Mann ist Anwalt – mit Sohn und Tochter beim Essen und beim Brettspiel.

Direkt neben den Bildern werden Gibsons Prioritäten aufgelistet: An erster Stelle stehen die «reproductive rights», das Recht der Frau, über ihren eigenen Körper zu bestimmen – ihr Anstoss, in die Politik einzusteigen, war die Entscheidung des Obersten Gerichts, das allgemeine Recht auf Abtreibung zu kippen. An zweiter Stelle nennt die leidenschaftliche Mutter «Bildung und Familien». Und es sah ganz so aus, als könnte die Politik-Debütantin das Rennen um den heiss umkämpften Sitz im Abgeordnetenhaus von Virginia gewinnen.

So präsentiert sich Susanna Gibson auf ihrer Wahlkampf-Website.

Doch jetzt hat jemand pornografische Videos von Susanna Gibson aufgetrieben und der Presse zugespielt: Auf der einschlägigen Website «Chaturbate» hatte Gibson mit ihrem Mann John im Livestream Sexakte vollzogen – auf Bestellung, gegen Geld. Man hört dort beispielsweise, so die Berichterstattung, wie sie sagt: «Ihr könnt mich alle pinkeln sehen, wenn ihr mir ein Trinkgeld und einige Tokens gebt. Wie gesagt, ich sammle Geld für einen guten Zweck.» Sie bietet auch an, mit ihrem Mann «doggystyle» zur Sache zu gehen für «mehr Tokens» (1 «Chaturbate»-Token sind 5 cents).

Das Paar hatte über 5700 Follower, und die Site war nicht passwortgeschützt. Dass diese Streams zudem öfter auf anderen öffentlich zugänglichen Plattformen archiviert werden, wollen die Gibsons aber nicht gewusst haben. Offenbar wurden über ein Dutzend ihrer Livestreams – deren Entstehungsdaten unbekannt sind – archiviert und jetzt im Wahlkampf geleakt.

Der Abgeordnetensitz im 57. Distrikt könnte matchentscheidend sein.

In Virginia geht es um viel: Im Abgeordnetenhaus haben zurzeit die Republikaner mit vier Sitzen eine knappe Mehrheit, im Senat wiederum wird die ebenfalls viersitzige Mehrheit von den Demokraten gehalten. Der Abgeordnetensitz im 57. Distrikt könnte matchentscheidend sein. Jene, die in mehr Frauenrechten und Abtreibung grundsätzlich ein Ding des Teufels sehen, werden sich durch das geleakte Material ohnehin bestätigt fühlen. Aber auch Wechselwählern und Unentschiedenen könnten solche Videos eventuell sauer aufstossen.

Doch Gibson gibt sich kämpferisch. Sie will ihre Kandidatur nicht zurückziehen, sondern hat sich einen Anwalt genommen. Die Leaks seien eine illegale Invasion in ihre Privatsphäre und zielten darauf ab, sie und ihre Familie zu demütigen. Ihr Anwalt betrachtet die Verbreitung der Videos als Bruch des Racheporno-Verbots in Virginia. Nach diesem dürfen Nackt- oder Sexbilder nicht verbreitet oder verkauft werden mit dem «böswilligen» Ziel, jemanden unter Druck zu setzen, zu belästigen oder einzuschüchtern.

«Es wird mich nicht einschüchtern und nicht zum Schweigen bringen», unterstreicht Susanna Gibson couragiert. Ihre politischen Gegner hätten nun bewiesen, dass sie bereit seien, Verbrechen zu begehen, um sie zu attackieren. Sie würden keine roten Linien kennen, wenn es darum gehe, Frauen, die sich für ihre Rechte einsetzten, niederzumachen. «Sie versuchen mich zum Schweigen zu bringen, weil sie euch zum Schweigen bringen wollen», formuliert Gibson denn auch als neuen Slogan.

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Aus solchen prinzipiellen Gründen, aber wohl auch angesichts der knappen Zeit bis zu den Wahlen, haben sich demokratische Kader sofort hinter die angeschlagene Kandidatin gestellt, nach der Devise «Jetzt erst recht». Louise Lucas, die derzeit als (demokratische) stellvertretende Präsidentin des Senats von Virginia amtet, pointierte, die Partei werde aus dieser Geschichte die grösste Geldsammelaktion der Kampagne machen. Gibson habe kein Gesetz gebrochen, ihre Freiheit gelebt, betont ein Anwalt aus der Pornoindustrie in der «Washington Post» und lobt: «Ich finde es fantastisch, dass jemand mit einem offenen Sexleben kandidiert, das ist sehr erfrischend.»

Erfrischend ist es. Aber vielleicht wäre es strategisch dennoch geschickter gewesen, wenn Susanna Gibson diesen eher ungewöhnlichen Aspekt ihres Lebens – den sie auf einem leicht zugänglichen Kanal auslebte – bereits früher von sich aus thematisiert hätte.