Superstar auf Rang 2Silber statt Gold – Simone Biles im Bodenfinal abgestraft
Nach dreimal Gold bleibt für die Überturnerin am Balken und Boden nur eine weitere Medaille. Die strahlenden Siegerinnen kommen überraschend aus Italien und Brasilien.
Sie lächelte, aber zum Strahlen wars ihr nicht. Sie nahm zwar artig die Glückwünsche entgegen für eine starke Übung – aber sie wusste wohl: Ein weiteres Meisterwerk in Gold war das nicht, ihr Auftritt am Montagnachmittag in der Bercy-Arena von Paris. Es wurde Silber für die siegverwöhnte Texanerin, aber die elfte Olympia-Medaille ihrer Karriere war es trotzdem. Sie klettert damit auf Rang 2 der ewigen Bestenliste der Kunstturnerinnen.
Weil Biles bei ihrer hervorragenden, aber am Ende nicht restlos präzisen Bodenübung gleich zweimal die Bodenfläche übertrat, zog ihr das Kampfgericht 0,6 Strafpunkte ab. Eine harte, aber korrekte Bestrafung. Damit fiel sie hinter die Brasilianerin Rebeca Andrade zurück, die an Biles’ Stelle die Goldmedaille gewann. Dritte wird die Amerikanerin Jordan Chiles.
Auch für Andrade, 25, ist es bereits das sechste olympische Edelmetall. In Paris gewann sie Silber im Mehrkampf und am Sprung sowie Bronze mit dem Team. Nun also Gold. Die zahlreichen brasilianischen Fans im Stadion jubelten: Zwischen Andrade und Biles (oder vielmehr den Anhängern der beiden Turnerinnen) hatte sich in den letzten Jahren eine gewisse Rivalität entwickelt. Sie wird in den sozialen Medien teilweise hitzig ausgetragen.
Ein seltenes Missgeschick war Biles schon am ersten Gerätefinal des Tages unterlaufen – mit einem Sturz vom Balken. Weil sie sich zudem schon an diesem Zittergerät Strafpunkte hatte abziehen lassen müssen, wurde sie am Ende nur Fünfte. Vor drei Jahren in Tokio war sie nach ihrer Blockade ausschliesslich im Balkenfinal angetreten und hatte noch Bronze gewonnen. Diesmal blieb sie nun erstmals in einem Final, an dem sie teilnahm, ohne Medaille.
Der Olympiasieg am Balken ging deshalb völlig überraschend an die Italienierin Alice D’Amato. Sie kam auf 14,366 Punkte und ist die erste italienische Kunstturn-Olympiasiegerin der Geschichte. Silber holte die Chinesin Zhou Yaqin, Bronze D’Amatos Landsfrau Manila Esposito.
Mit Sunisa Lee stürzte auch die zweite als Mitfavoritin gestartete US-Amerikanerin im Teilnehmerfeld und sorgte für zusätzliches Entsetzen beim grossmehrheitlich US-amerikanischen Publikum.
Auch bei den Männern standen am dritten Tag der Spezialisten die letzten Gerätefinals an. Am Barren wurde Zou Jingyuan seiner Favoritenrolle gerecht, er ist seit einigen Jahren der beste Turner an diesem Gerät und wurde schon 2021 Olympiasieger.
Der Chinese bestach einmal mehr durch eine herausragende Ausführung seiner schwierigen Übung und gewann Gold mit 16,200 Punkten – die höchste Note an diesem Gerät seit zwölf Jahren. Silber ging an den Ukrainer Illja Kowtun, Bronze an den Japaner Shinnosuke Oka.
Zu einem Sturzfestival kam es am Königsgerät Reck. Die vier Besten der Qualifikation mussten im Final allesamt vom Gerät. Der Sieg ging deshalb auch am Reck an Shinnosuke Oka, der 14,533 Punkte erzielte und mit insgesamt vier Medaillen zur grossen Figur dieser Kunstturnwettbewerbe der Männer wurde: Der 20-jährige Oka hatte schon mit dem Team und im Mehrkampf Gold gewonnen.
Silber am Reck sicherte sich überraschend der nicht gestürzte Kolumbianer Ángel Barajas. Immerhin Bronze blieb dem chinesischen Qualifikationssieger Zhang Boheng. Er teilte sich den dritten Rang mit dem Taiwaner Chia-Hung Tang.
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