Auf der IntensivstationSorge um Berlusconi wächst nach Leukämie-Diagnose
Italiens Ex-Regierungschef befindet sich derzeit in einem Mailänder Spital. Die Erkrankung des 86-Jährigen befinde sich in einer «anhaltenden chronischen Phase», erklären die Mediziner.

In Italien wächst die Sorge um den langjährigen Regierungschef Silvio Berlusconi. Wie die ihn behandelnden Ärzte am Donnerstag erklärten, wird der 86-Jährige wegen einer «Lungeninfektion» behandelt und leidet an «chronischer myelomonozytärer Leukämie», einer Form von Blutkrebs. Die Erkrankung befinde sich in einer «anhaltenden chronischen Phase» und habe sich noch nicht in eine «akute Leukämie» verwandelt, erklärten die Mediziner am Spital San Raffaele in Mailand.
Der seit Jahren mit gesundheitlichen Problemen kämpfende Berlusconi war am Mittwoch in die Intensivstation der renommierten Klinik eingeliefert worden, nachdem er über Atemprobleme geklagt hatte.
Chronische myelomonozytäre Leukämie, an der vor allem ältere Erwachsene erkranken, beginnt in den blutbildenden Zellen des Knochenmarks und greift dann auf das Blut über. Berlusconi habe am Mittwoch mit einer Chemotherapie begonnen, meldete die Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf Berlusconis Mitarbeiterkreise. Vor der Bestätigung durch die Ärzte hatten bereits mehrere italienische Medien über Berlusconis Leukämie-Erkrankung berichtet, darunter der «Corriere della Sera», die grösste Zeitung des Landes.
«Hoffentlich kehr der Löwe bald zurück»
Italiens Aussenminister Antonio Tajani, ein politischer Mitstreiter Berlusconis seit der Gründung von dessen rechtskonservativer Partei Forza Italia vor knapp drei Jahrzehnten, sagte über Berlusconi: «Hoffentlich kehrt der Löwe bald zurück, um die Partei zu führen, er gibt nie auf. Er ist der Anführer unserer Partei.»
Zuvor hatte Tajani im Radiosender Rai Radio Uno gesagt, der Zustand des früheren Regierungschefs sei «stabil», Berlusconi habe eine «ruhige Nacht» gehabt und bereits mit führenden Vertretern seiner Partei telefoniert.
Vittorio Sgarbi, stellvertretender italienischer Kulturminister und ebenfalls langjähriger Weggefährte Berlusconis, erklärte, er hoffe, dass «er die Kraft hat, gegen diesen jüngsten Rückschlag mit dem düsteren Namen Leukämie zu bestehen». Am Donnerstagmorgen besuchten Berlusconi mehrere Familienmitglieder im San-Raffaele-Krankenhaus, darunter sein Bruder Paolo, seine älteste Tochter Marina und sein jüngster Sohn Luigi.
In jüngerer Vergangenheit hatte Berlusconi, eine der wichtigsten Figuren der europäischen Politik der vergangenen Jahrzehnte, mehrfach mit schweren Gesundheitsproblemen zu kämpfen. 2016 war der Multimilliardär am offenen Herzen operiert worden, 2019 wegen eines Darmverschlusses, 2021 verbrachte er mehr als drei Wochen wegen der Folgen einer früheren Corona-Infektion im Spital.
In verschiedenen Rollen
Berlusconi hat das öffentliche Leben in Italien über Jahrzehnte in verschiedenen Rollen dominiert – nicht nur als Politiker, sondern auch als Medienmogul und langjähriger Eigentümer des Fussballvereins AC Mailand. Er war zwischen 1994 und 2011 dreimal Ministerpräsident.
Die von Berlusconi gegründete und geleitete rechtskonservative Partei Forza Italia ist seit Oktober Teil der von der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angeführten Regierungskoalition, hat jedoch in den vergangen Jahren an Bedeutung verloren. Berlusconi selbst war bei den Parlamentswahlen im September in den Senat gewählt worden.
Berlusconi spaltet Italien seit Jahrzehnten in Befürworter und Gegner. Für Millionen Italiener ist er seit seinem Aufstieg als Bauunternehmer in den 1970er Jahren eine Symbolfigur für die bisher letzte echte Hochphase der italienischen Wirtschaft: Berlusconi gilt als Gründer des landesweiten Privatfernsehens in Italien, die bis heute im Familieneigentum befindliche Holding Fininvest kontrolliert neben den Sendern der Mediaset-Gruppe mehrere Zeitungen sowie das bedeutende Verlagshaus Mondadori.
Weg von Skandalen gepflastert
Andererseits war Berlusconis politische Karriere seit seinem akribisch vorbereiteten und inszenierten Einstieg im Jahr 1994 regelrecht von Skandalen gepflastert: Er musste sich wegen mehrerer mutmasslicher Wirtschafts- und Korruptionsdelikte und seiner Rolle bei den berüchtigten Bunga-Bunga-Sexpartys vor Gericht verantworten.
Zuletzt erregte der seit Jahren mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundete Berlusconi mehrfach mit pro-russischen Aussagen zum Ukraine-Krieg internationale Aufmerksamkeit – und brachte damit die als entschlossene Unterstützerin Kiews auftretende Meloni in Verlegenheit.
Im August 2013 wurde Berlusconi zum ersten Mal rechtskräftig verurteilt: Damals bestätigte das Kassationsgericht eine vierjährige Haftstrafe wegen Steuerbetrugs, drei Jahre wurden allerdings durch eine Amnestie aufgehoben. Seine verbliebene Strafe leistete Berlusconi nicht im Gefängnis ab – sondern zwischen 2014 und 2015 mit gemeinnütziger Arbeit in einem Seniorenheim.
Berlusconi hat fünf Kinder aus zwei Ehen und ist mehrfacher Grossvater. Seit 2020 ist er mit der 53 Jahre jüngeren Marta Fascina liiert, die früher Model und Abgeordnete der Forza Italia war.
AFP/aru/fal
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