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Wahl der Woche (60)
Signifikat oder Signifikant?

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Liebe Leserinnen und Leser, in der Kolumne «Wahl der Woche» streiten sich unsere Redaktorin Simona Pfister und unser Redaktor Sven Behrisch jede Woche über die kleinen und grossen Dinge des Alltags. Letztes Mal um die Einstellung zum Berg, heute um Bezeichnendes und Bezeichnetes.

Sven Behrisch: Das Signifikat gibt es wirklich

Der Signifikant bezeichnet etwas, und zwar das Bezeichnete, das Signifikat. Weil aber das Gemeinte, also das Signifikat, immer ausgedrückt werden muss, um verstanden zu werden, ist es zwangsläufig abhängig vom Gesagten, hängt der Eindruck am Ausdruck wie der Hund an der Leine. Ich verstehe diesen Gedanken, bin allerdings nicht bereit, ihn zu akzeptieren. Denn was ihm fehlt, ist die Substanz, die Realität, das Ding als solches, von dem man spricht, wenn man es benennt.

Nun kenne ich zwar Menschen, die sehr viel, aber trotzdem nichts sagen. Ich selbst aber möchte, dass die Dinge, die ich meine, auch dann ihren Platz in der Welt haben, wenn sie nicht gesagt oder geschrieben werden. Deshalb stelle ich mir das Signifikat als etwas vor, das es wirklich gibt, ein Signifikat mit Zertifikat sozusagen, und ohne den Signifikanten, der das Signifikat kolonialisiert und knechtet. Wehe den Signifikanten! Wenn das Signifikat erst von ihm befreit ist, müssen die Bezeichner schweigen. Und das ist doch bezeichnend.

Simona Pfister: Konzentration auf die Signifikanten

Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie etwas sagen wollten, aber das Gegenüber hat etwas ganz anderes aus Ihren Worten gehört, zum Beispiel bei einem Streit? Dann haben Sie die Macht der Signifikanten erfahren. Signifikanten, das sind die, die etwas signifizieren, also bezeichnen, kurz: die Zeichen. «A» ist ein solches Zeichen, ebenso «August», aber auch ein Kopfnicken. Und wie gerade letzteres Beispiel zeigt, erhalten die Zeichen ihre Bedeutung nur durch ihren Kontext. Denn man versteht das Kopfnicken ja nur als Zustimmung, wenn man auch das Kopfschütteln kennt und das Kopfneigen und so weiter.

Die Zeichen verweisen also stets aufeinander, und genau dadurch entsteht ihre Bedeutung, das Signifikat. Das macht Bedeutung aber zu etwas Beweglichem, etwas Kontextabhängigem, und darin liegt die Ursache aller Missverständnisse: Das Gegenüber hört in den ausgesprochenen Worten etwas anderes, weil es gerade einen anderen Referenzrahmen hat, zum Beispiel: «Du bist unsensibel.» Darum ist es sinnlos, sich an die vermeintlich wahren Signifikate zu klammern. Vielmehr gilt es, sich auf die Signifikanten zu konzentrieren, denn dort liegt der wirkliche Sinn. Und schon ist der Streit beendet.