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Meinung

Chat über US-Luftangriffe auf Huthi
Trumps Leute haben recht: Europa macht es sich zu bequem

Pete Hegseth schüttelt US-Vizepräsident JD Vance die Hand im Eisenhower Executive Office Building, Washington, DC, nachdem er als neuer Verteidigungsminister vereidigt wurde, 25. Januar 2025.
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Gäbe es noch die früher in Amerika so beliebte Strafe des Teerens und Federns, dann müssten in Washington jetzt der Teer erwärmt und die Federn bereitgelegt werden. Und beides bitte nicht zu knapp.

Denn die Zahl der ranghohen Regierungsangehörigen, die dabei erwischt wurden, wie sie beim privaten Messengerdienst Signal über US-Luftangriffe auf die jemenitischen Huthi quasselten, als seien sie Siebtklässler in einer Chatgruppe, ist beeindruckend. Und zutiefst erschreckend – vom Vizepräsidenten an abwärts war das gesamte Sicherheitskabinett dabei, einschliesslich des Chefredaktors eines linksliberalen Magazins, der versehentlich eingeladen worden war.

Nun muss man einschränkend sagen: Das operative Verb im vorangegangenen Absatz lautet «erwischt». Dass die Kommunikation zwischen wichtigen Staatsvertretern gelegentlich auf erstaunlich banalen Wegen funktioniert, selbst wenn es um streng geheime Dinge geht, ist keine Überraschung. Fehler passieren, da liest oder hört dann halt mal ein Journalist mit oder der russische Geheimdienst.

J. D. Vance beschimpft Europäer

Trotzdem kann einem natürlich der kalte Angstschweiss ausbrechen, wenn man sich vorstellt, über welche anderen Themen Amerikas wichtigste Aussen- und Sicherheitspolitiker noch so bei Signal chatten, während Unbefugte lauschen. Oder zu welchen anderen Entscheidungen sie einander mit Faust-, Feuer- und Flaggen-Emojis gratulieren. Das Spitzenpersonal der angeblichen Führungsmacht der freien Welt bewegt sich auf dem Niveau von Teenagern.

Nach aller Empörung und allem (vielleicht ein bisschen selbstgerechten) Spott sollte man sich dann jedoch auch kurz dem Inhalt des Chatverlaufs zuwenden. Denn die Europäer kommen darin überhaupt nicht gut weg. Sie werden von Vizepräsident J. D. Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth als «lächerliche» Schmarotzer beschimpft, deren Probleme wieder einmal von den Amerikanern gelöst werden müssten.

Europa macht es sich bequem

Das mag im Ton beleidigend sein und neue Einblicke in die fast obsessive Europa-Verachtung von Vance geben. Aber es ist in der Sache nicht falsch. Seit eineinhalb Jahren greifen die Huthi-Milizen aus dem Jemen Frachtschiffe und Tanker im Roten Meer mit Raketen und Drohnen an und blockieren so in Teilen den Transit durch den Suezkanal. Vance hat völlig recht, wenn er feststellt, dass das den europäischen Handel weitaus härter trifft als den amerikanischen. Warum also sollen amerikanische Steuerzahler einen teuren Militäreinsatz gegen die Huthi finanzieren?

Die EU ist zwar seit gut einem Jahr mit einer Marinemission im Roten Meer unterwegs, die zivile Schiffe schützen soll. Doch es ist eben, und das ist kein Kompliment, ein typisch europäischer Einsatz: ein Zerstörer, drei Fregatten, zusammen haben sie vier Raketen, 18 Drohnen und zwei Boote abgefangen.

Solange die Europäer es aus Mangel an Geld, militärischer Kraft oder Interesse – die Amis machen das ja für uns – nicht schaffen, vor der eigenen Tür die eigenen Handelsinteressen gegen eine militärisch nicht besonders beeindruckende Truppe wie die Huthi zu verteidigen, müssen sie damit leben, im Klassenchat des Weissen Hauses verunglimpft zu werden. Höhnisches Kopfschütteln ist darauf die falsche Reaktion.