Vergleich heute und damalsClinton-Mails vs. Hegseth-Chat: Skandal und harmlose Schlamperei?
Hillary Clinton wurde wegen ihrer E-Mail-Nutzung Fahrlässigkeit und Inkompetenz vorgeworfen. Bei ihrer eigenen Sicherheitspanne wollen Republikaner nicht so streng sein.

Der Aufruhr war gross im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016: Die demokratische Kandidatin Hillary Clinton hatte während ihrer Zeit als Aussenministerin einen privaten E-Mail-Server genutzt. Sie habe fahrlässig gehandelt, gegen Bundesgesetze verstossen und die Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährdet, wurde ihr damals aus den Reihen der Republikaner vorgeworfen. Jetzt sind US-Präsident Donald Trump und führende Vertreter seiner Regierung wieder erzürnt – nicht, weil in einem Gruppenchat Angriffspläne des US-Militär enthüllt wurden, sondern weil ein Journalist darüber berichtete.
Was ist heute anders?
Die beteiligten Regierungsmitglieder, unter anderen Verteidigungsminister Pete Hegseth und der nationale Sicherheitsberater Mike Waltz, spielen die Sicherheitspanne herunter. Trump beharrte am Dienstag darauf, dass in dem Gruppenchat keine geheimen Informationen weitergegeben wurden. Der Journalist Jeffrey Goldberg vom Magazin «The Atlantic», der irrtümlich zu dem Chat in der App Signal hinzugefügt wurde, schrieb allerdings, dass «präzise Informationen über Waffen, Ziele und den Zeitpunkt» der Angriffe im Jemen enthüllt worden seien. Der Nationale Sicherheitsrat des Weissen Hauses kündigte an, er prüfe die Angelegenheit.
Hillary Clinton reagierte mit Erstaunen auf Goldbergs Bericht: «Sie wollen mich wohl veräppeln», schrieb die ehmalige Präsidentschaftskandidatin auf der Plattform X, und verwies auf den «Atlantic»-Artikel.
Was sagt Donald Trump?
Heute: «Die Hauptsache ist, dass nichts passiert ist. Der Angriff war absolut erfolgreich», sagte Trump am Dienstag bei einem Botschafter-Treffen im Weissen Haus. Er bezeichnete seinen Sicherheitsberater Waltz als «einen sehr guten Mann» und betonte, dass er auch weiterhin sehr gute Arbeit leisten werde. «Ich finde es sehr unfair, wie sie Michael angegriffen haben», erklärte Trump. Goldberg sei dagegen ein Widerling. Später, in einem Interview mit Newsmax, sagte Trump, ein Berater von Waltz habe Goldbergs Nummer gehabt und so sei «dieser Typ» im Gruppenchat gelandet.
Damals: «Hillary ist diejenige, die geheime Informationen auf einem unsicheren Server verschickt und empfangen hat und damit die Sicherheit des amerikanischen Volkes gefährdet hat», sagte Trump im Oktober 2016 in einer Rede in Warren im US-Staat Michigan. «Das manipulierte System weigerte sich, sie für ein Verhalten zu belangen, das uns alle, jeden in diesem Raum, jeden in diesem Land in Gefahr brachte», erklärte er im November 2016 in Virginia Beach.
Während einer Kundgebung in Florida im Juli 2016 forderte Trump sogar russische Hacker auf, bei der Suche nach einer Reihe von E-Mails zu helfen, die von Clintons privatem Server verschwunden sein sollen. «Russland, wenn du zuhörst, hoffe ich, dass du in der Lage bist, die 30’000 E-Mails zu finden, die fehlen», sagte er.
Was sagt Sicherheitsberater Mike Waltz?
Heute: «Ich denke, dass viele Journalisten in dieser Stadt, die sich mit Lügen über den Präsidenten einen grossen Namen gemacht haben, eine Menge daraus lernen können», sagte Waltz während des Treffens mit Trump und den Botschaftern im Weissen Haus. Über Goldberg sagte er: «Dieser Journalist, Mr. President, will, dass die Welt über weitere Falschmeldungen spricht.» In einem anschliessenden Interview sagte Waltz dem Sender Fox News, er übernehme die volle Verantwortung, er habe die Gruppe eingerichtet. Im Gegensatz zu Trump erklärte er, dass kein Mitarbeiter verantwortlich sei. Das Geschehen sei peinlich und ein Fehler, aber nun sehe man nach vorn.
Damals: «Wie kommt es, dass Hillary Clinton 33’000 Regierungs-E-Mails auf einem privaten Server löschen kann, während Präsident Trump angeklagt wird, weil er Dokumente hat, deren Geheimhaltungsstatus er aufheben könnte?», schrieb Waltz im Juni 2023 und bezog sich dabei auf die Anklage gegen Trump wegen seines Umgangs mit geheimen Dokumenten. Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem Trump eine zweite Amtszeit gewonnen hatte.
Was sagt Pete Hegseth?
Heute: «Niemand hat Kriegspläne getextet», sagte Hegseth am Montag zu Journalisten. Über Goldberg sagte der Verteidigungsminister: «Sie sprechen über einen betrügerischen und höchst diskreditierten sogenannten Journalisten, der es sich zum Beruf gemacht hat, mit Falschmeldungen hausieren zu gehen.»
Damals: «Jeder Sicherheitsexperte, ob beim Militär, in der Regierung oder anderweitig, würde für diese Art von Verhalten auf der Stelle gefeuert und strafrechtlich verfolgt werden, weil er so leichtsinnig mit dieser Art von Informationen umgeht», sagte Hegseth, damals Mitarbeiter des Sender Fox News, 2016 über Clintons E-Mails. Im selben Jahr fragte Hegseth auf Fox News: «Wie schädlich ist es für Ihre Fähigkeit, Verbündete zu rekrutieren oder aufzubauen, wenn sie befürchten, dass unsere Politiker sie aufgrund ihrer groben Fahrlässigkeit oder ihres Leichtsinns im Umgang mit Informationen blossstellen könnten?»
In einem anderen Fox-News-Beitrag aus dem Jahr 2016 sagte Hegseth: «Wenn es jemand anderes als Hillary Clinton gewesen wäre, sässen sie jetzt im Gefängnis für das, was sie getan haben.»
Wie reagiert Marco Rubio?
Heute: Aussenminister Marco Rubio äusserte sich nicht öffentlich zum Gruppenchat bei Signal.
Damals: «Niemand steht über dem Gesetz, nicht einmal Hillary Clinton – auch wenn sie das glaubt», sagte Rubio im Januar 2016 Fox News. Im Jahr zuvor bezog sich Rubio in einem Interview mit dem Sender auf dieselben E-Mails, als er über das Clinton-Team sagte: «Was sie getan haben, ist rücksichtslos – es ist völlige Rücksichtslosigkeit und Inkompetenz.»
Was schreibt Stephen Miller?
Heute: Der stellvertretende Stabschef gab bisher keinen Kommentar ab.
Damals: Miller schrieb 2022 in den sozialen Medien: «Ein Punkt, der nicht oft genug angesprochen wird, ist Hillarys ungesicherter Server, der illegal zur Abwicklung von Staatsgeschäften genutzt wurde (offensichtlich, um das korrupte Spiel der Clintons zu verbergen): Ausländische Gegner könnten leicht geheime Operationen und Informationen in Echtzeit von der anderen Seite des Globus hacken.»
Was sagt John Ratcliffe?
Heute: «Um es klar zu sagen, meine Kommunikation in einer Signal Message Group war völlig zulässig und rechtmässig und beinhaltete keine geheimen Informationen», sagte CIA-Direktor John Ratcliffe am Dienstag während einer Anhörung im Kongress.
Damals: 2018 äusserte sich Ratcliffe auf Fox News zu Funktionären, die mit sensiblen Informationen falsch umgehen: «Es ist immer gut, wenn wir sehen, dass es Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgung von Leuten gibt, die nicht angemessen mit diesen Informationen umgehen.»
Was sagt Tulsi Gabbard?
Heute: «Es gibt einen Unterschied zwischen einer versehentlichen Veröffentlichung und einer unvorsichtigen, schlampigen und böswilligen Weitergabe von Verschlusssachen», sagte Geheimdienstkoordinatorin Gabbard in der gleichen Anhörung im Kongress.
Damals: Gabbard schrieb vor einigen Wochen auf der Plattform X: «Jede unbefugte Freigabe von Verschlusssachen ist ein Verstoss gegen das Gesetz und wird als solcher behandelt.»
DPA/oli
Fehler gefunden?Jetzt melden.