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Meinung

Analyse zu den US-Republikanern
Sie wollen die Gelegenheit nutzen, um Trump loszuwerden

Einer der verlogensten TV-Kommentatoren der Nation: Tucker Carlson von Fox News verbreitet Märchen über den Sturm auf das US-Capitol am 6. Januar 2021.

Sogar Lindsey Graham steht diesmal auf der richtigen Seite. Mit einem Bein zumindest. Der wohl wendigste unter den vielen sehr wendigen Republikanern im US-Kongress sagte am Dienstag, er wolle den 6. Januar 2021 nicht verharmlosen. Die Erinnerung an den Tag, an dem ein Mob das Capitol in der Hauptstadt Washington gestürmt hatte, kristallisiert sich wieder als Trennlinie heraus zwischen den zwei Grundströmungen in der Partei: den Anhängern und den Gegnern Trumps.

Die meisten Republikaner im Machtapparat versuchen gerade die Gelegenheit zu nutzen, den ungeliebten Ex-Präsidenten loszuwerden. Der zieht zwar als erster Kandidat in die Vorwahl für die Nomination seiner Partei, und in den meisten Umfragen liegt er an erster Stelle. Doch seine Kampagne ist schwach gestartet. Und in seinen wenigen Auftritten seither hat er nicht den Eindruck erweckt, als hätte er aus seinen Fehlern bei der verlorenen Wahl 2020 die richtigen Lehren gezogen.

Statt sich für eine Mehrheitswahl präsentabel zu machen, steigert sich Trump in düstere Racheschwüre und irre Visionen über die Gründung neuer Städte, in denen fliegende Autos verkehren sollen. Und er kann es nicht lassen, über seine angeblich gestohlene Präsidentschaftswahl zu lamentieren. So ist seine Kampagne bisher vor allem ein verzweifelter Versuch, sich als Mann der Hoffnung und der Zukunft zu präsentieren. Dabei lebt er in einer längst verlorenen Vergangenheit, die er um jeden Preis wieder aufleben lassen will.

Trumps Gegner sehen ihre Chance gekommen

Trumps Gegner sehen darum ihre Chance gekommen, zumal sich das Kandidatenfeld schon weit geöffnet hat. Es stehen altgediente Gouverneurinnen wie Nikki Haley oder Trumps Aussenminister Mike Pompeo zur Auswahl, die klassische republikanische Politik versprechen: weniger Staat, tiefere Steuern. Und mit Ron DeSantis baut sich ein Gegenspieler zu Trump auf, dem nicht der Nimbus eines Wahlverlierers anhaftet. Als Gouverneur in Florida zeigt er zwar autoritäre Züge und ein Staatsverständnis, das libertär gesinnten Republikanern das Blut in den Adern gefrieren lassen müsste. Dafür punktet DeSantis mit einer stramm konservativen Sozialpolitik, er zeigt viel ideologische Geschmeidigkeit, und er versteht es eben, Mehrheiten zu beschaffen.

Weder Haley noch Pompeo oder DeSantis reden je über den 6. Januar. Der Tag ist vorbei, ein Fall für die Gerichte, vor denen sich rund 1000 Capitolstürmer verantworten müssen. Die, die schon vor den Richtern waren, wurden fast alle verurteilt. Ein klarer Fall, sollte man meinen.

Fox schaut nur auf die Quote

Nicht so bei Fox News, dem Fernsehsender mit den verlogensten Aushängeschildern der Nation. Eben erst hat Fox-Eigner Rubert Murdoch in einer Eingabe an ein Gericht erklärt, die Stars auf seinen Sendern hätten Trumps Wahllügen wider besseres Wissen verbreitet. Dafür hatten sie keinerlei journalistische, sondern lediglich kommerzielle Gründe: Panisch versuchten sie zu verhindern, dass ihnen enttäuschte Trump-Fans den Rücken kehrten.

Nun macht sich Fox-Aushängeschild Tucker Carlson einen Spass daraus, die Demonstranten vom 6. Januar als friedfertige Demonstrationstouristen darzustellen. Als er diese Woche zuvor unveröffentlichtes Videomaterial aus dem Inneren des Capitol zeigte, waren das die sorgsam zusammengeschnittenen harmlosesten Sequenzen. Carlson zog daraus jene Schlüsse, die den Trump-Anhängern am besten gefallen, weil er sich davon die beste Quote verspricht. Dabei hatte er selbst zwei Tage vor dem Sturm auf das Capitol in einem SMS geschrieben, er könne es nicht erwarten, Trump endlich loszuwerden: «Ich hasse ihn abgrundtief.»

«Ich hasse ihn abgrundtief.»

Tucker Carlson über Donald Trump

Nun fällt es keinem vernünftigen Menschen ein, Carlsons Märchenstunden als Darstellung von Tatsachen misszuverstehen. So argumentierten jedenfalls die Anwälte von Fox: «Angesichts von Herrn Carlsons Ruf» sei davon auszugehen, dass das Publikum seinen Aussagen «eine angemessene Portion Skepsis» entgegenbringe. Davon kann jedoch nicht die Rede sein beim harten Kern der Trump-Gefolgschaft, die sich von Carlson bauchpinseln und mit billigen Witzen unterhalten lässt.

Carlsons Verlogenheit ist für die Republikaner gefährlich, weil er die Partei weiter spaltet. Einflussreiche Parteivertreter distanzierten sich darum von seiner Darstellung des 6. Januar, von Mitch McConnell über Mitt Romney bis zu Lindsey Graham. Sie wissen: Will die Partei die Präsidentschaftswahl gewinnen, muss sie nicht den harten Kern der Trump-Anhänger befriedigen. Sondern die Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner überzeugen.